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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 28. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Wenige katholische Ereignisse finden eine so starke mediale Begleitung wie die derzeit laufende Familiensynode in Rom, die sich noch weitere zwei Wochen mit den Themen rund um Ehe und Familie befassen wird. Sonderbar erscheint dem Betrachter dabei der eigenartig abweisende, manchmal gar feindselige Ton, dem sich insbesondere die deutschen Bischöfe ausgesetzt sehen, die doch hier im Allgemeinen nicht als ultragefährliche revolutionäre Kräfte angesehen werden. Ganz unzweifelhaft ist es schon ein gewaltiger Schritt nach vorn, den Papst Franziskus durch die ganz andere Atmosphäre der Offenheit und Gesprächskultur gegangen ist.

Zwar mag manch einer die starken Gesten des Papstes bekritteln, doch welche Taten haben diejenigen vor Augen, die sie vom Papst fordern, der doch vor allem durch Gesten und gute Argumente seinen Petrusdienst versehen muss, weil kaum irgendwo auf der Welt noch blinder Gehorsam befohlen werden könnte. Aber stehen sich nicht Positionen von respektvoller Toleranz gegenüber homosexuellen Partnerschaften und auch neuen Beziehungen Geschiedener diametral gegenüber mit solchen, die darin nur kulturellen Niedergang sehen können? Die einen meinen „Da aber die eheliche Gemeinschaft unmittelbar in der geschöpflichen Natur des Menschen angelegt ist, so erhebt sich die Frage, ob es nicht gleichsam einen natürlichen Anspruch auf menschliche Lebensgemeinschaft mit einem Partner und auf die Ausübung der Sexualität gibt.“ (Professor Müller), während die anderen dekretieren: Homosexuelle Akte sind „gegen das Naturgesetz, sie sind Sünde“, sagte der Kardinal wörtlich und stellt fest, die Kirche könne nicht ändern, was Christus gelehrt hat, weder vor noch nach der Synode. Bezüglich der Ehe seien das in erster Linie die Worte „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ (selber Autor als Kardinal). Bedauerlich in diesem Zusammenhang scheint eben die mangelnde Bereitschaft, die Haltung des Papstes der Werbung und der argumentativen Überzeugungsarbeit zu teilen. Weder hat Benedikt XVI. erläutert, warum des Professors Ratzinger Thesen überarbeitet werden mussten und in ihr Gegenteil verkehrt wurden, noch erklärt uns Kardinal Müller die Gründe, die zu der Meinungsänderung des vormaligen Professors Müller geführt haben. Rätselhaft. Aber wie sollen derartige Unterschiede in einer Kirche überbrückt werden, wenn sich schon unter Bischöfen die Positionen derart unvereinbar gegenüber stehen.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 27. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Idiotie wird zum prägenden Merkmal der Gegenwart. Dabei weist das Wort „Idiot“ eine bemerkenswerte Doppeldeutigkeit auf. Der griechischen Herkunft gemäß bezeichnet der ἰδιώτης (gesprochen: idiótes) nichts anderes als die Privatperson. Das Wort leitet sich von ἴδιος (gesprochen: ídios/eigen) ab. Der Idiotes kümmert sich halt um das ihm eigene, das Private. Der Idiotes lehnte es in der antiken Gesellschaft ab, öffentliche Ämter und so auch soziale Verantwortung wahrzunehmen. Er zog sich ins Private zurück. Vielleicht leitet sich gerade von hierher aber auch die andere, in der Alltagssprache vertraute Bedeutung ab: Der Idiot ist der dumm-tumbe Mensch, der nicht in der Lage ist, komplexe Zusammenhänge zu durchschauen und deshalb an der Wirklichkeit scheitert.

Der Idiot ist also im Innersten ein Soziopath. Er kreist in seiner Eitelkeit um sich selbst. Er ist der Mittelpunkt seiner Welt; einer Welt, die es nur für ihn gibt. In einer gewissen Weise verklärt er die ihm eigene Autonomie. Er ist sich selbst Gesetz. Die Welt kümmert ihn nur dann, wenn er sie für seine Zwecke gebrauchen kann. Wenn es brenzlig wird, zieht er sich ins Private zurück. Und ihm Privaten gilt Meinungsfreiheit, vor allem die Freiheit seiner eigenen Meinung. Ob und wie diese Meinung geäußert wird, ist allein seine Sache. Er ist ja die Sonne in seinem kleine System. Im Spiegelsaal seiner überschaubaren Wirklichkeit ist er allein König, ein absoluter Herrscher, den die Welt nicht wirklich interessiert.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 25. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Die Sehnsucht nach Harmonie kann nie ohne den Klang der Dissonanz sein. Erst wenn sich die Spannung der Dissonanz in die Harmonie hinein auflöst, wird der Moment des Glücks erfahrbar. Die Harmonie darf nur einen Moment dauern. Sonst verbreitet sie ihr klebriges Gift. Ein Leben in einem reinen C-Dur-Klang ist nicht nur langweilig. Es ist die Hölle. Die Dissonanz erst bringt Spannung und Würze. Wer auch immer die reine Harmonie sucht, wird sie nicht finden, wenn er des Lebens Dissonanz verleugnet. Harmonie und Dissonanz stehen in einer wechselseitigen Beziehung.

Es besteht kein Zweifel, dass dem Menschen in der Regel die Harmonie besser gefällt als die Dissonanz. Gerade weil die Bilder, die tagtäglich die heimelige Atmosphäre die Schutzzone des heimischen Wohnzimmers erreichen, eine mitunter verstörende Lebenswirklichkeit zeigen, wird das Bedürfnis nach Harmonie noch gesteigert. Die Dissonanz der Realität muss doch aufgelöst werden. Und die Strategien sind vielfältig. Nicht wenige dürften eine innere Distanz zu den verstörenden Bildern aufbauen und sich auf das Glück des eigenen Lebens in Frieden und Harmonie zuprosten. Man schüttelt sich dann wohlig grausend ob so viel Elendes in der Welt. Aber was kann man als Einzelner da schon ausrichten.

Andere empfinden die dargestellte Dissonanz als massive Bedrohung der eigenen Harmonie. Sie werden von Angst und Panik erfasst, die sich in einem hysterischen Schrei manifestieren, der sich der furchtsam engen Kehle entringt. Wo die Hysterie regiert, hat der Verstand schon lange verloren. Die Harmonie, die sich diese Menschen ersehen, ist – wie wir in unserem Land von 1933-1945 erfahren mussten – tatsächlich die Hölle.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 23. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Unberührt vom Schicksal der Menschen kultiviert manch ein besorgter Bürger seinen eigenen Ängste und Vorurteile. Lärm und Schmutz, eingeschleppte Krankheiten und vor allem die irrige Ansicht, dass diejenigen, die da tausende von Kilometern vor Tod und Verfolgung geflohen sind, hätten nichts anderes im Sinn als sich das Hab und Gut ehrbarer Bürgerinnen und Bürger anzueignen. Man sieht das Bild förmlich vor sich, wie die Heimatvertriebenen der Gegenwart über die frisch gestrichenen Jägerzäune steigen und die ordentlich gemähten Vorgärten bevölkern. „Bin ich fern von Gott“? – fragt eine Kommentatorin des Beitrages „Du sollst den Flüchtling lieben“, den Till Magnus Steiner in Weblog „Dei Verbum“ veröffentlicht hat und listet eine ganze Reihe von Befürchtungen auf, die man so oder ähnlich immer wieder hört, auch wenn sie jeder Grundlage entbehren. Wer die Fragen liest, spürt die irrationale Angst, die aus der Unwissenheit erwächst. Kaum jemand, der solche Befürchtungen äußert, hat je einen Flüchtling gesehen oder ist ihm überhaupt nur nahe gekommen. Man jammert und lamentiert, man fürchtet sich um seinen Besitz und Lebensstandard, der doch eigentlich gar nicht in Gefahr ist. Bisher jedenfalls musst niemand in unserer Gesellschaft Hunger leiden, weil Vertriebene hier eine Aussicht auf Leben suchen. Niemand musste hier wirklich verzichten. Die einzigen, die bisher lärmen und grölen und ihren geistigen Schmutz verbreiten, sind die sogenannten „besorgten Bürger“, deren kleinkariertem Denken man mit dem Psalmisten entgegen halten muss:

Werdet nicht wie Roß und Maultier, die ohne Verstand sind. (Psalm 32,9)

Tatsächlich lässt die Begegnung mit den Fremden wohl niemanden ungerührt. Die einen werden von merkwürdigen Ängsten überrollt, andere hingegen treibt das im besten Sinn verstandene Mitleid zu großem Engagement. Was vielen wohl kaum gegenwärtig ist, ist die Tatsache, dass die Fremden bleiben werden. Aus Flüchtlingen werden Nachbarn werden, aus Heimatvertriebenen Mitbürger, aus Asylbewerbern Steuerzahler, die das Wenige, was sie jetzt vom Staat bekommen, um ein Vielfaches in die Staats- und Sozialkassen zurückzahlen werden.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Der moderne Mensch schätzt Regeln. Zumindest solang sie ihm und seinen persönlichen Befindlichkeiten entgegen kommen. Dann pocht er auf seine Rechte und fordert deren Erfüllung ein. Steht aber das Recht und die Regel gegen seine persönlichen Vorlieben, dann erklingt schnell die Klage der Einschränkung persönlicher Freiheiten. Alles, was der Erfüllung individueller Befindlichkeiten entgegensteht, wird dann verurteilt. Das „Ja, aber …“ ist zum Fanal der Gegenwart geworden. Sich selbst auf nichts festlegend fordern die Überlebenden der Postmoderne, die in der Religion und ihren intellektuellen Folgen und Forderungen nur die Ausgeburt menschlicher Phantasien sahen, einen Sinn, den sie längst über Bord geworfen haben. In ihrer Sehnsucht nach Halt beschränkt sich ihr Horizont auf den eigenen Vorgarten, in dem sie sich eine kleine Welt basteln, die – bitte schön – nicht nur nicht angetastet werden darf, sondern auch wie von einem Weihnachtsmann ohne eigenes Mühen mit all dem bestückt werden soll, was das eigene kleine und infantile Herz begeht.

Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit, Anstand und Solidarität sind in der Gesellschaft der Gegenwart keine selbstverständlichen Werte mehr. Um in den eigenen Spiegel sehen zu können, konstruieren sich viele moderne Zeitgenossen ein Pseudo-Ich, das sie hinter dem „Ja, aber …“ verstecken können. Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali hat die Mechanismen, die sich hinter dieser Strategie verbergen, in deinem Facebook-Posting vom 29. August 2015 mit Blick auf die Reaktionen Flüchtlingen gegenüber auf den Punkt gebracht:


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 11. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Das Evangelium dieses Sonntages beinhaltet einen der zentralen Kerngedanken unserer citypastoralen Arbeit, und eigentlich jeder seelsorglichen Arbeit, insbesondere der Sakramentenvorbereitung, ja eigentlich kirchlicher Arbeit überhaupt.

Unsere Textstelle lautet:

„Der Same sprosst und wächst, ohne, dass er es weiter wahrnimmt“ (Mk 4, 27)

Oft werden wir angesprochen, wer unsere Zielgruppe ist, für wen wir unsere Angebote machen, ob es Erfolgszahlen gibt und ob die Menge an „Werbematerialien“ wie Veranstaltungsflyer o.ä. verhältnismäßig ist. Die Antworten lauten immer gleich: für alle, es gibt nichts messbares und: Ja!

Ja, wir müssen viel aussäen und es wachsen lassen. Auch wenn einiges, so berichtet die Bibel an anderer Stelle, auch auf unfruchtbaren Boden fallen wird und verdorrt. Wir wissen aber nicht welcher Boden endgültig unfruchtbar ist oder auch uns nur so erscheinen mag. Auf manchen Boden fallen unsere verschiedenartigen Angebote  vielleicht erst einmal ohne weiter aufzugehen, aber vielleicht bleibt der Kern eines Samenkornes lebendig, und erhält doch irgendwann die Möglichkeit zum Austrieb.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 10. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Vielstimmig ist das Geschwätz dieser Tage. Und diese Tage sind wie alle Tage, in denen Menschen den Planeten Erde bevölkern. Neu ist, dass die anthropogene Kakophonie, diese bisweilen hysterische Geräuschhaftigkeit aus vieler Menschen Mund und Hand, nicht mehr zu überhören ist. In Ermangelung redaktioneller Kompetenzen ist jedes Wort schnell gesagt bzw. getippt und abgeschickt. Wo man früher einen Brief verfasste, den man dann noch in einem Umschlag stecken und zum Briefkasten bringen musste, ermöglicht die Return-Taste eine scheinbare Unmittelbarkeit, die den Genuss des Nach- und Überdenkens, ja die Möglichkeit des Umdenkens nicht mehr kennt. Die vielfältigen reflektiven Möglichkeiten und die Chancen des Innehaltens der alten Zeiten scheinen verloren; dargebracht auf dem Altar der Meinungsfreiheit rauschen die Themen nur noch so durch die gläsernen Fasern – und wer nicht die eigene Meinung teilt, der wird verurteilt. Wo früher das Argument zählte, regiert heute die Lautstärke. Toleranz wird zwar in der Regel eingefordert, selten aber selbst geübt. Der Mensch von heute ist zwar des Lesens mächtig, aber will er auch verstehen? Ist er in der Lage den eigenen Standpunkt zu verlassen und die Sichtweise des Andersdenkenden einzunehmen, um sein Denken – selbst wenn er es nicht teilt – zu verstehen?

Selten wurden so viele Worte gewechselt wie heute. Im Rausch der Buchstaben aber ertrinkt die Kommunikation. Gerade die sozialen Medien offenbaren den Fortschritt der Evolution, der auch der Mensch sich nicht verschließen kann. Der homo sapiens sapiens erklimmt die nächste Stufe und wird zum homo hystericus. Diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man die Kommentarspalten studiert. Da wird verurteilt und getrollt, mit kaputter Feststelltaste geschrien und gedroht, was das Zeug hält. In der Hysterie dieser Zeiten wird offenbar, dass die Befindlichkeit über den Verstand herrscht und was das eigene Befinden stört, wird niedergemacht. Wie gesäter Wind, der zur Sturmesernte wird, ist die Frucht der Hysterie der Shitstorm, der Schneisen in die Gesellschaft schlägt, polarisiert und die Welt in gute und böse Menschen teilt. Und böse, das sind grundsätzlich die anderen.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Zweiter Fastensonntag, Lesejahr B

Ausgezogen – so fühlt sich mancher, der sich in der Hoffnung auf einen schnellen Gewinn auf einen Hütchenspieler eingelassen hat. Geködert durch zwei, drei rasche Gewinne wähnte er sich schon auf dem Gipfel des Glücks. In der suggerierten Gewissheit der eigenen schnellen Auffassungsgabe wird der Einsatz immer höher. Die Versuchung, den ganz großen Gewinn für sich alleine einzuheimsen, trübt aber schließlich die Wahrnehmung und führt zum Absturz. Die Hütchen sind leer und der Hütchenspieler hat nicht nur die Kugel verborgen in der Hand, sondern auch den Willen des so Betrogenen. Wenn die Emotion über die Information siegt, bleibt eben nicht nur der Verstand auf der Strecke; auch das wohlige Gefühl des Sieges weicht der schrecklich kalten Leere des Verlustes.

Geiz und Gier sind mächtige Triebe der menschlichen Existenz. Sie sichern auf ihre Weise das Überleben. Der Mensch neigt von Natur aus nicht zur Opferbereitschaft. Eigensicherung geht vor. Das ist nur zu verständlich. Das kollektive wie das individuelle Bewusstsein aber neigt zu nackter Existenzangst. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt. Zu haben ist besser als zu hoffen. Und die Bitte um das heutige Brot (vgl. Matthäus 6,11) wird schon in der Bibel selbst zu einer Bitte um das tägliche Brot (vgl. Lukas 11,). Und weil sicher sicher ist, lohnt es sich auf jeden Fall zu beten:

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Das Gefühl des Außergewöhnlichen stellt sich bei soviel Sicherheitsstreben üblicherweise nicht ein. Die Erkenntnis der eigenen Bedeutungslosigkeit lastet schwer auf dem Menschen, der doch die Krone der Schöpfung sein möchte. Einmal Sieger sein, einmal über den anderen stehen, einmal auserwählt sein, einmal das Gefühl des Gipfelstürmers erleben – das ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis.

Die Sucht nach dem Auserwähltsein treibt nicht nur in der Welt ihre eigenen Blüten. Castingshows leben von den Süchtigen, die sich dann meist zum Zwecke der Unterhaltung der Massen vor laufender Kamera selbst entwürdigen. Auch in der Kirche kann man das Streben nach Besonderheit entdecken. Wer einigermaßen glaubhaft machen kann, den Ruf Gottes persönlich vernommen zu haben, darf sich der Bewunderung derer sicher sein, die sich nach einer solchen Anrufung sehnen. Dass auch sie längst gerufen wurden, spielt dabei keine Rolle. Denn der Ruf Gottes gilt jedem, den er, indem er seinen Lebensatem einhaucht, ins Leben gerufen hat. Das aber ist so selbstverständlich, dass es schon das Besondere braucht, das Außergewöhnliche, eine besondere Berufung, eine besondere Christusbeziehung – wobei meist ungeklärt bleibt, welchem Christus die Beziehung gilt: dem historischen, dem verkündeten oder dem, den man gerne hätte.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Erster Fastensonntag, Lesejahr B

Der Fluch der Freiheit lastet schwer auf dem Menschen. Zur Freiheit ist er geboren. Die Aufgabe der Freiheit ist nicht nur Recht, sondern auch Pflicht. Nicht wenige schaffen sich die Illusion einer absoluten Freiheit, des Tun-und-Lassen-Könnens nach eigenem Gusto. Dabei sind der Freiheit natürliche Grenzen gesetzt. Das Phänomen der Zeit alleine begrenzt das menschliche Streben nach absoluter Freiheit. Wenn überhaupt, dann ist ein Mensch nur bei seiner ersten Entscheidung absolut frei. Mit dieser Entscheidung aber setzt er einen irreversiblen Akt, zumal dann, wenn diese freiheitliche Entscheidung auch in eine Tat umgesetzt wird. Aber sowohl der bloße Gedanke wie auch die ausgeführte Tat setzen ein Faktum in die Welt, eine Tatsache, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die fortlaufende Zeit verhindert eine Rückkehr zum Status ante quo. Man kann weder den gedachten Gedanken noch die ausgeführte Tat rückgängig machen. Sie sind geschehen. Man kann sie korrigieren, wiedergutmachen, ausnutzen, weiterverfolgen – aber ungeschehen machen kann man sie nicht. Der fortschreitende Lauf der Zeit verhindert das. Jede freiheitliche Entscheidung zeitigt so unmittelbar Konsequenzen, die den Rahmen für alle folgenden Entscheidungen bilden. Jede folgende Entscheidung ist nie mehr absolut frei, sondern beeinflusst vor den vorhergehenden Entscheidungen. Und das ist allein die Betrachtung aus der Perspektive des Individuums. Nimmt man die soziale Dimension des Menschsein hinzu, dann wird das Streben nach Freiheit noch weiter eingegrenzt. Denn jede individuelle Entscheidung hat ihre mehr oder weniger großen Auswirkungen auf die Entscheidungen anderer Individuen.

Die Freiheit ist ein wahrhaft hohes Gut. Sie ist kostbar, gerade weil sie begrenzt ist. Freiheit ist nicht unbegrenzt verfügbar. Ein Mensch, der sich absolut frei im Sinne einer „Freiheit von Zwängen“ wähnt, erliegt deshalb einer Illusion. Gerade weil die eigenen freiheitlichen Entscheidung korrelierend auf die freiheitlichen Entscheidungen anderer einwirken, kann Freiheit eigentlich nicht im Sinn einer „Freiheit von“ verstanden werden. Die Freiheit als kostbares Gut gedeiht nur auf einem Boden, der mit Verantwortung gedüngt ist. Wahre Freiheit setzt die Übernahme von Verantwortung voraus.

Eine Freiheit ohne vorausgehendes Verantwortungsbewusstsein trägt den Keim der Vernichtung in sich. Der Einzelne setzt sich selbst ohne Verantwortung den Mitmenschen gegenüber absolut. Er ist keinem Rechenschaft mehr schuldig, keinem Menschen, keinem Gegenüber, Gott schon gar nicht. Das Böse, die die Ordnung der Welt zerstörende Kraft gewinnt dann die Oberhand. In der Bibel wird diese Macht auch als שָׂטָן (hebräisch: Satan) bezeichnet. שָׂטָן/Satan bedeutet übersetzt „Gegner“. Der Begriff bezeichnet eine dem Willen Gottes gegenläufige Macht, die die Ordnung der Welt durcheinander bringt. Sie ist wahrhaft diabolisch (vom griechischen διάβολος – sprich: diábolos – wörtlich: der Durcheinanderbringer).


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 6. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Jedem Geheimnis wohnt ein Zauber inne, eine Magie, dessen Energie manchen Geheimnisträger so mitreißt, dass der Mund überfließt, wovon das Herz voll ist. Manche Nachricht verbreitet sich um so schneller, je höher man sie zum Geheimnis stilisiert. Auch Kirche und Politik sind nicht vor der Macht des Geheimnisses gefeit. Und selbst da wo ein Geheimnis tatsächlich geheim bleibt, breiten sich die Gerüchte aus. Die stets gut informierten Kreise zeigen dabei stets aufs Neue, dass Narziss stärker ist als Sokrates: Obwohl sie wissen, dass sie nichts wissen, siegt das Bedürfnis der Selbstdarstellung über das Eingeständnis, eigentlich nicht zum Kreis der auserwählten Entscheidungsträger zu gehören. Und so wähnt sich mancher berufen, bei anstehenden Personalentscheidungen, aus ausgeworfenen Brocken einen Brei angeblich hochbrisanter Interna zusammen zu brauen, der im Innersten immer noch das ist, was er war: Erbrochenes Nichtwissen.

Der geradezu mythische Prototyp dieser Spezies ist Ernie aus der Sesamstraße. Kaum vertraut man ihm ein Geheimnis an, muss er es laut hinausposaunen. Ernie ist der Schutzpatron aller Gerüchteverbreiter und Geheimnisverräter, die nur deshalb vor Verfolgung geschützt sind, weil sie das eigentliche Geheimnis gar nicht kannten. Die Erniesierung von Kirche und Politik selbst allerdings ist mächtig. Noch heute behaupten manche Journalisten standhaft, sie hätten Kenntnis über die Liste der Kandidaten, die für die letzte Wahl zum Kölner Erzbischof in Frage kamen. Man muss sich das klar machen. Die Liste ist nur den Mitgliedern des Domkapitels bekannt, die zum strengsten Schweigen verpflichtet sind. Entweder ist also Ernie Mitglied des Kölner Domkapitels oder einer der Herren ist eidbrüchig geworden, was ihn für das vertrauensvolle Amt sofort diskreditieren würde. Wie könnte man da noch zusammenarbeiten?

Die menschliche Lust am Geheimnis bleibt aber ungebrochen. Wonne- und lustvoll werden hinter vorgehaltener Hand die neuesten Nichtigkeiten ausgetauscht, denn wer eine Geheimnis hat, gehört doch dazu. Wen interessiert es da schon, ob das Geheimnis überhaupt wahr ist. Wen interessiert schon die Wahrheit, wenn man einen interessante Neuigkeit hat?


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