Herzlich Willkommen bei kath 2:30, dem Blog der Katholischen Citykirche Wuppertal.
Hier geht es zum Videopodcast von kath 2:30.
Besuchen Sie auch die Mystagogische Kirchenführung.
Oder die Seite des Heiligen Laurentius, unter Stadtpatron Wuppertal.

kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Erster Fastensonntag, Lesejahr A

Auch nach der Aufklärung scheint der moderne Mensch nicht frei von magischem Bewusstsein. Gerade angesichts des terroristischen Angriffs auf die Ukraine wird diese Anfälligkeit vieler modernen Zeitgenossen deutlich. Die scheinbare Stärke Russlands und die bloße Drohung Putins, er könne, wenn er wollte, Atomwaffen einsetzen, löst tiefsitzende Ängste aus, ein Gefühl der Ohnmacht, das nur schwer zu ertragen zu sein scheint. Die Frage, warum die Russen in bisherigen Konflikten – in Syrien, Mali, Afghanistan, Tschetschenien und Georgien – nie die Atomwaffe eingesetzt haben, sondern mit blinder und unmenschlicher Zerstörungswut Städte und Landschaften niedergebombt haben, wird gar nicht näher gestellt. Diese Konflikte waren offenkundig zu weit weg – und hatten offenkundig auch den europäischen Beistand nicht so nötig, dass man einfach wegschauen konnte. Das ist nun anders. Die Ukraine ist nah – und damit juckt plötzlich der eigenen Pelz. Der ehemalige KGB-Offizier und Tschekist Putin weiß, wie man die Unsicherheit schürt. Die Tscheka – die russische Geheimpolizei – war ein guter Lehrmeister: Mit Geld oder mit Angst und Einschüchterung wurden die Gegner gefügig gemacht. Dieses Spiel spielt jetzt auch Putin. Wer sich auf seine Spieregeln einlässt, hat schon verloren und verdammt sich selbst zur Unterwerfung. Oder er duckt sich weg, um gar nicht erst auf das Spielfeld zu geraten. Oder er schreibt öffentliche Briefe und beschwört wortreich das Ende eines Krieges, auf den er nicht einmal den Hauch von Einfluss hat, weil er gar nicht auf dem Spielfeld steht oder stehen will. Die Angst als Lehrmeisterin treibt halt absurde Blüten …

Die Versuchung ist groß, aus Eigenschutz den Beistand zu verweigern. Das ist durchaus legitim. Jede Polizistin und jeder Sanitäter lernt, dass Eigenschutz Vorrang hat. Moralisch verwerflich ist das Streben nach Eigenschutz also keineswegs. Aber es hat einen Preis. Die Verletzten und Leidenden bleiben auf der Strecke. Es wäre gut, wen die, die in subtil-magischem Bewusstsein Worte machen, mit denen man den Terror zu beenden sucht, sich wenigstens des inhärenten Dilemmas bewusst würden, in dem wir alle stehen – und wir stehen in diesem Dilemma nur dabei, denn das Leid, die Vergewaltigungen, das Sterben findet in der Ukraine statt, nicht bei uns. Wer hier nur zusieht, sich aus Angst wegduckt und danebensteht, schützt sich möglicherweise selbst, ist aber auch für unterlassene Hilfeleistung verantwortlich; wer hingegen nicht zuschauen kann, sondern helfend eingreift, muss sich bewusst sein, dass er – etwa durch Waffenlieferungen – eben auch Verantwortung auf sich lädt, denn Waffen töten. Es gibt kein Entkommen aus diesem Dilemma, gerade weil in dieser Krieg auf einem terroristischen Angriff beruht, dem keine Fehde- oder Kriegserklärung vorausging und keine Verhandlungsbereitschaft seitens des Angreifers. Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist keine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Sie ist und bleibt ein unmenschlicher Terrorakt, mit dem Putin – und das sagte er selbst bereits 2007 auf der Münchener Sicherheitskonferenz – wieder als Großmacht erscheinen möchte. Der erstrebten Einverleibung der Ukraine ging die teilweise Annexion Georgiens, der Krim und des Donbass voraus. Man muss kein Prophet sein, dass weitere Schritte geplant sind, um Putins Großmachtphantasien wiederherzustellen. Ob die mit gutgemeinten Friedensapellen und öffentlichen Aufrufen, an den Verhandlungstisch zu gehen, zu vermeiden sind?


0 Kommentare

kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Vierter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Es dämmert – aber vielen, allzu vielen dämmert es noch nicht in der Kirche. Die Austrittszahlen steigen von Jahr zu Jahr auf neue Rekordwerte, aber es ändert sich nichts. Valide Angaben für die Austrittsgründe gibt es nicht. Gleichwohl sind die Interpreten schnell zur Hand. Meist ist es der unglücklich agierende Erzbischof von Köln, der für die hohen Zahlen verantwortlich gemacht wird. Tatsächlich gibt es zeitliche Koinzidenz zwischen den kirchlichen Ereignissen der rheinischen Metropole und dem Ansteigen der Austrittszahlen; ob die aber korrelieren, geschweige denn kausal für die Progression der Austrittserklärungen sind, müsste denn doch einmal näher hinterfragt werden – auch, weil das für die Ursachenforschung und damit für die Veränderung pastoralen Verhaltens wichtig wären. Kaum vorstellbar, dass in Flensburg oder Bad Reichenhall Menschen wegen einer Kölner Erzbischofs, dessen Namen vielen auf den Straßen Wuppertals, das doch immerhin zum Erzbistum Köln gehört, nichts sagt, Menschen in Scharen der Kirche den Rücken kehren. Für die Stadt Köln mag das noch gelten. Andernorts – in Wuppertal, Kempten im Allgäu oder Kiel, Berlin oder Saarbrücken – kommen wohl noch andere Gründe in Frage: Haben die kirchlichen Akteure vor Ort wirklich noch Kontakt zu den Menschen? Sind sie in den Zeiten der Corona-Pandemie wirklich bei ihnen gewesen – und sei es digital, telefonisch und auf physischer Distanz? Oder hat man sich vor die Kameras zurückgezogen und in leeren Kirchenräumen Eucharistie gefeiert, wie man es halt immer macht – nur eben ohne Menschen. Diese Botschaft ist letztlich fatal: Es lief alles weiter, nur halt ohne Menschen …

Ähnlich verhält sich auch bei den Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind. Die Austrittszahlen steigen auch dort mehr oder weniger parallel zu denen in der römisch-katholischen Kirche. Auch dort mutmaßt man die Wirren um den Kölner Kardinal als Grund. Freilich ist, wenn dem so wäre, das doch ein vernichtendes Urteil über die evangelische Identität: Wissen moderne Protestantinnen und Protestanten wirklich nicht mehr, dass sie ja genau deshalb evangelisch sind, weil sie unter anderem das römisch-katholische Amtsverständnis ablehnen und sie deshalb mit Erzbischöfen, Kardinälen und geweihten Priestern eigentlich nichts mehr am Hut haben? Oder verhält es sich nicht eher so, dass die dort ebenfalls hohen Austrittszahlen ebenfalls auf Kontakt- und Beziehungsabbrüche zu den eigenen Mitgliedern hindeuten …


1 Kommentar

kath 2:30 Dies DominiDies domini – 2. Adventssonntag, Lesejahr A

Wer angesichts dieser Überschrift schmunzeln muss, ist auf jeden Fall dabei gewesen, als die sogenannten Millenials das Licht der Welt erblickten. Hurz! – ein Wort, mit dem Hape Kerkeling und Achim Hagemann im Jahr 1991 getarnt als polnische Musiker bei einer fiktiven Veranstaltung in der niedersächsischen Gemeinde Stuhr einem kunstbeflissenen Publikum eine avantgardistische Oper vorgaukeln, deren unsinnige Textpassagen mehrfach durch den lauten Ausruf „Hurz!“ unterbrochen werden. Herrlich war es anzuschauen, wie die, die sich intellektuell kunstsinnig wähnen, an dem Unsinn abarbeiten und Sinn suchen, wo keiner ist. Selten wurde Pseudoexpertentum so feinsinnig brutal entlarvt, wie in diesem Sketch der damaligen Comedyserie „Total normal“, der „Hurz!“ ikonisch werden ließ. Wenn Sie damals dabei waren, haben sie es sicher im Ohr:

Der Wolf … das Lamm … auf der grünen Wiese. Das Lamm … schreit … Hurz!

Nun lebt die Komödie von der Brechung der Realität – im Fall des Stuhrenpublikums ist es eine realpräsentische Brechung. Die eigene intellektuelle Verblendung des sich selbst als kunstverständig wähnenden Expertentums, das Antworten auf nichtgestellte Fragen sucht und den schönen Blödsinn in seiner eigenen herzhaften Ästhetik nicht wahrnehmen und -haben will, sondern Deutungen einträgt, wo es nichts mehr zu deuten gibt, ist an Lachhaftigkeit nicht zu überbieten. Was damals schon Abbild einer verwöhnten Bürgerlichkeit zum Lachen reizte, wird in der Gegenwart von jenen Experten in Kirche und Gesellschaft, die sich zu allem und jedem äußern ohne auch nur den Hauch echten Wissens aus Theorie und Praxis, geschweige den Erfahrung zu haben. Ob es der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist, die Corona-Pandemie oder eine der vielen anderen Themen und Herausforderungen der Gegenwart: Im Brustton der Überzeugung präsentieren selbsternannte Philosophen und Expertinnen einfachste Lösungen, bei deren Simplizität man sich nur vor die Stirn schlagen kann … warum ist da keiner der Verantwortlichen drauf gekommen? Wer hingegen in der Lage ist, auch nur ansatzweise unter die Oberfläche, vulgo den aufgeklebten Bart des Tenors Mirosław Lem, alias Hape Kerkeling, zu schauen, wird sofort erkennen, was Henry Louis Mencken 1921 ebenso lapidar wie zutreffend feststellt:


0 Kommentare

kath 2:30 Dies DominiDies domini – 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Ein Blick in jene Bücher, die in zahlreichen Kirchen die Glaubenden einladen, ihre Bitten an Gott hineinzuschreiben, offenbart nicht nur ein kindliches Gottvertrauen; in vielen Fällen scheinen sich die Bittenden Gott offenbar auch als Erfüller dringendster Wünsche vorzustellen. Wie ein Super-Weihnachtsmann soll er die niedergeschriebenen Wunschzettel wohl abarbeiten. Die so niedergeschriebenen Gebete scheinen dann eher Bestellzettel zu sein, deren Order der göttliche Lieferant dann auch gefälligst zu erledigen haben. Sicher zeigen die niedergeschriebenen Bitten oft intimste Sorgen und lassen schwere Schicksale erahnen. Was aber, wenn die erbetene Gabe nicht zu bekommen ist, was, wenn die Gebet scheinbar unerfüllt bleiben. Straft das nicht Jesus selbst Lügen, der doch verheißen hat:

Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet! (Mt 7,7)

Tatsächlich beinhaltet ein solch naives Gebetsverständnis den Keim zu jener Frage, die auch als Theodizee bekannt ist: Warum lässt Gott, der doch als allmächtig bekannt wird, Leid und Unglück zu? Warum beendet er die Kriege nicht einfach?

In der Tat: Wenn das Verhältnis von Gott und Welt so wäre, wie es dem Gebetsverständnis vieler zugrunde liegt, die ihr Leid in die Fürbittbücher schreiben, dann wäre die Frage nur allzu berechtigt. Warum greift er nicht ein?


1 Kommentar

kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 28. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Bischöfe träumen oft davon, dass man nur genug missionieren – Verzeihung, heute sagt man „evangelisieren“ – muss, und schon wächst die Kirche wieder. In Zeiten steigender Kirchenaustrittszahlen scheint es also nur eine Frage der Methode oder des Marketings zu sein, um der Kirche wieder Mitglieder hinzuzufügen. Da verhält es sich mit der Kirche wohl tatsächlich nicht anders als mit Vereinen, Gewerkschaft und Parteien. Als weltlich Ding schaut auch sie vor allem auf den quantitativen Zuwachs, der wohl als Zeichen des Erfolges gewertet wird. Ist es tatsächlich Zufall, dass aus der guten alten Pastoraltheologie vielerorts Marketingkonzeptionsinstitute geworden sind, deren Wirksamkeit sich in Abozahlen, Buchungsbestätigungen für institutionseigene Projekte oder Click-Zahlen digitaler Angebote messen lassen. Dieses neue pastorale ABC macht aus der Kirche ein Unternehmen, das natürlich in das Portfolio von Unternehmens- und Organisationsberatungen passt. Zweifelsohne sind unter den vermarkteten Projekte feine Angebote für Auge und Nase, für Herz und bisweilen auch fürs Hirn. Ob aber ein olfaktorisches Projekt oder ein visuelles Ereignis pastoral ist, entscheidet sich mittlerweile wohl eher vom Ort des Geschehens her: Was in einer Parfümerie dem Konsum dient, wird durch den sakral determinierten Kirchenraum spirituell verbrämt; was im Club als Lichtshow gefeiert wird, wird an heiligen Orten plötzlich als Leuchten des himmlischen Jerusalem gewürdigt. Offenkundig macht die Verpackung das Eigentliche aus, auch wenn der Inhalt nahezu identisch ist. Es ist wie bei einem Schockriegel, bei dem sich tatsächlich eigentlich nix änderte, außer dem Namen …

Tatsächlich scheinen die ekklesialen Marketingkonzepte wenig erfolgreich zu sein – jedenfalls wenn man auf die weiterhin hohen Austrittszahlen schaut. Die Mitglieder werden durch kein noch so tolles Marketing gehalten; neue Mitglieder werden kaum hinzugewonnen. Allein von diesem Standpunkt aus betrachtet, scheint das pastoraltheologisch entwickelte Marketing eher von ausbleibendem Erfolg geprägt zu sein …


0 Kommentare

kath 2:30 Dies DominiDies domini – 24. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

In diesen Tagen ging in Frankfurt die vierte Vollversammlung des Synodalen Weges zu Ende. Am Beginn stand der Schock, als die Sperrminorität der Bischöfe die Zustimmung zum Reformpapier zur Sexualmoral verweigert und so den Synodalen Weg in eine Krise führte. Was von vielen befürchtet wurde, von anderen aber mit naiver im Vertrauen in die Wirkmacht der mühsam errungenen und theologisch reflektierten Texte begründeten Hoffnungsrhetorik schöngeredet wurde, war plötzlich Realität: der schön erdachte pastorale und theologische Fortschritt drohte zu scheitern.

Der Schock saß so tief, dass die Papiere an den folgenden Tagen die jeweils erforderliche Mehrheiten fanden. Man hatte dazu gelernt: Mehrheiten müssen eben besorgt werden. Konkret heißt das, dass man die zögernden Bischöfe überzeugen muss. Vor allem wurde auf einen offenen Diskurs gedrungen, d.h. es sollte keine „anonymen“ Ablehnungsvoten geben. Synodale wurden auch in den sozialen Medien aufgefordert, „ihre“ Bischöfe nach deren Abstimmungsverhalten zu fragen. Ob das die neue angst- und gewaltfreie Kommunikation ist, die sonst immer gerade von jenen Synodalen gefordert wurde, die sonst die schier übergroße Macht der Bischöfe beklagt? Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich finde die verabschiedeten Papiere wegweisend und richtig. Die Art der Kommunikation aber besorgt mich. Es ist das gute Recht auch von Bischöfen, ihr Abstimmverhalten dem eigenen Gewissen folgend zu gestalten. Wenn dann die erforderlichen Mehrheiten nicht zustande kommen, liegt das in einem Webfehler der Satzung, die den Bischöfen überhaupt eine entsprechende Sperrminorität zuerkennt – wahrscheinlich aus dem positiven Anliegen heraus, prinzipiell auf eine Zweidrittelmehrheit der Bischöfe und damit auf eine übergroße Unterstützung abzuzielen. War man tatsächlich so naiv, dass man nicht damit rechnete, dass solchen positiven Mehrheiten eben auch entsprechende Sperrminoritäten korrespondieren? Warum hat das ZdK überhaupt einer solchen Satzung zugestimmt?


1 Kommentar

kath 2:30 Dies DominiDies domini – 20. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Leugnen macht keinen Sinn mehr. Die Fakten liegen auf dem Tisch und sprechen für sich. Es brennt allerorten. Das durch Menschenhandeln veränderte Klima lässt Böden verdorren, Flüsse austrocknen und Wälder brennen. Ein von menschlicher Hand vom Zaun gebrochener Krieg bringt Leid und Tod für die mit sich, die unmittelbar der Gewalt der Aggressoren ausgeliefert sind; Gasknappheit und Inflation betreffen auch weiter vom Kriegsgebiet entfernte Gegenden, sind aber im Vergleich zu den Leiden derer, die unmittelbar der Bestie Krieg ausgeliefert sind, sicher eine kleineres Übel – gleichwohl ein Übel, mit dem man umgehen muss. Damit es im kommenden Herbst und Winter nicht zu sozialen Flächenbränden kommt, ist kluges und weitsichtiges Handeln vonnöten – zumal die Corona-Pandemie ebenfalls noch nicht besiegt ist. Es gibt sie jetzt schon, die Propheten, die das Kommende sehen und mahnen und warnen. Sie ereilt aber wohl das Schicksal aller Propheten die wahr sagen, während die Menschen das Wahre, das die eigenen Bequemlichkeiten und Gewohnheiten in Frage stellt, nicht hören wollen und deshalb die, die wahr sagen, zum Schweigen bringen möchten. Heute toben durch die sozialen Medien Shitstorms; in jenen Zeiten, in denen die erste Lesung vom 20. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres C zu verorten ist, warf man die Propheten in den Dreck – so auch den Propheten Jeremia:

In jenen Tagen sagten die Beamten zum König: Jeremía muss getötet werden, denn er lähmt die Hände der Krieger, die in dieser Stadt übrig geblieben sind, und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Denn dieser Mann sucht nicht Heil für dieses Volk, sondern Unheil. Der König Zidkíja erwiderte: Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch. Da ergriffen sie Jeremía und warfen ihn in die Zisterne des Königssohns Malkíja, die sich im Wachhof befand; man ließ ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne war kein Wasser, sondern nur Schlamm und Jeremía sank in den Schlamm. Jeremia 38,4-6


0 Kommentare

kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Pfingstsonntag, Lesejahr C

Es sind chaotische Zeiten. In der Gesellschaft, aber auch in der Kirche scheint gegenwärtig alles aus den Fugen zu geraten. Das Gewohnte ist so gewöhnlich geworden, dass der Mensch sich weder hier noch dort in der Lage sieht, die Herausforderungen zu bewältigen. Unzweifelhaft erleben wir gerade eine Zeitenwende. Sehnte man sich etwa am Anfang der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 noch nach einer raschen Rückkehr zu jenem Zustand, den man damals als „Normalität“ bezeichnete, ist spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine genau das in weite Ferne gerückt. Die frühere „Normalität“ ist Geschichte. Nichts ist mehr normal in der Gegenwart – auch in einer Kirche, in der das Volk Gottes sich endlich ermächtigt, die Stimme zu erheben. Wo früher die Worte jener Männer, die sich als Hirten wähnten, hingenommen wurden, werden nun Fragen gestellt. Noch ist unklar, ob die vielfältigen Initiativen und Aufbrüche wirklich zu neuen Zielen führen. Noch ist die rechtliche Struktur der Kirche so, dass ohne das Placet Roms nichts geschieht. Schon seit längerem ist klar, dass die alte Regel des „Roma locuta, causa finita est“ nicht mehr gilt: Rom mag sprechen, die strittigen Angelegenheiten sind damit noch lange nicht erledigt. Das Volk ist eben keine Herde mehr, die blind-blökend folgt und zufrieden ist, solange nur die pastoralen Weidegründe sattes und wohliges Gras versprechen. Das Volk ist mündig geworden. Es blökt nicht mehr, es fordert. Das ist Pfingsten, wenn aus Schülern und Jüngerinnen mündige Zeuginnen und Zeugen werden. Sooft der Stifterwille bemüht wird, wo die Schrift keinen Stifterwillen kennt – hier gibt es ihn und die Zeit scheint erfüllt in der der Auftrag des Auferstandenen Wirklichkeit wird:

Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde. (Apg 1,8)

Die Kraft des Heiligen Geistes – sie wird immer gerne beschworen, wenn es schwierig wird. Sie muss herhalten als autoritäre Begründung lehramtlicher Entscheidungen, aus der heraus Argumente überflüssig sind. Sie muss es dulden, selbst von jenen immer wieder in Anspruch genommen zu werden, die eine besondere Weihecharisma zu haben glauben, durch das der göttliche Geist beständig durch sie wirkt. Kritik ist dann nicht nur nutzlos, sondern wird gemäß der neunten Seligpreisung sogar als Ausweis der eigenen Erwählung gedeutet, heißt es doch im Anschluss an die berühmten ersten acht Seligpreisungen:


0 Kommentare

kath 2:30 Dies DominiDies domini – Zweiter Fastensonntag, Lesejahr C

Wie fragil die Illusion des Friedens ist, zeigt sich in diesen Tagen. Es braucht nur wenig, um einen Krieg mit all seinen Grausamkeiten, Vergewaltigungen, Plünderungen, Leiden und Tod zu entfesseln. Die Sprache ist dabei verräterisch: Wenn ein Krieg entfesselt wird, bedeutet Frieden, dass der Krieg in Ketten gelegt werden muss. Ungefesselt erscheint der Krieg – so jedenfalls die der vertrauten Sprachwendung zugrundeliegende Auffassung – als existentieller Normalzustand. Der Krieg ist triebhaft. Frieden ist nicht einfach die Abwesenheit von Krieg, sondern dessen Zähmung. Zähmung aber ist ein mühsames Unterfangen, eine Haltung, die der steten Wachsamkeit bedarf. Nun aber wurde in der Ukraine wieder einmal ein Krieg entfesselt. Oder waren die Fesseln morsch geworden, weil es denen, nein, weil es auch uns an Wachsamkeit mangelte, die wir uns an den Frieden gewöhnt hatten?

Dem Krieg zu eigen ist das Unverschämte, das stets Fordernde. Hat man je Menschen gesehen, die als Aggressoren Krieg führten und nach dem Sieg zufrieden waren? Die Geschichte ist voll von Feldherren – meist waren es jedenfalls Feldherren und weniger Feldherrinnen –, deren Kriegslüsternheit nicht zu stillen war. Nach dem Sieg ist vor der nächsten Schlacht. Niemand von denen, deren Selbstverständnis vom Siegen abhängt, kann mit dem Frieden leben. Niemand von jenen, die nur im Sieg den Sinn des Seins sehen, will Brücken bauen. Siegen heißt dann Leben. Weil aber der Frieden vom Ausgleich lebt, vom Geben und Nehmen, von der demütigen Selbstbeschränkung um des Respektes dem anderen gegenüber willen, ist er gerade keine Option. Der Krieg verlang nach mehr, nach mehr Siegen, nach mehr Unterwerfung. Der Krieg ist eine Droge. Er macht abhängig. Es gibt keine Zustand der Zufriedenheit. Der Krieg schafft Hass. Wer unterliegt, sinnt auf Rache, wer gewinnt, auf Unterwerfung. So wird es immer weitergehen in Aggression und Satisfaktion bis der Tod die letzte Herrschaft übernimmt – oder jemand kommt, der in der Lage ist, den Krieg wieder in Ketten zu legen. Unschädlich gemacht ist der Krieg auch dann nicht. Er ist nur gefesselt. Um den Krieg zu fesseln, helfen Kerzen und Gebete allein ebenso wenig wie die Beschwörung von Eisen und Steinen, sie mögen von sich aus eine Brücke bauen. Wer den Frieden will, muss sich selbst ermächtigen, ihn auch zu schaffen – und den Krieg zu binden. Der Frieden ist wohl nicht zu haben ohne Schwielen an den Händen …


0 Kommentare

kath 2:30 Dies DominiDies domini – Sechster Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C/b>

Politik ist die Umsetzung einer Idee in die Tat. Damit das gelingt, braucht es überhaupt erst einmal eine Idee – und danach einen Plan, ein Konzept, das Ressourcen analysiert, Wege und Methoden erörtert und einen Plan entwickelt, der aus der ideellen Theorie in eine ebenso gelebte wie lebbare Praxis führt. Meist wird die reine Idee pragmatisch geläutert. Ohne die reine Idee aber gäbe es wahrscheinlich weder Motivation noch Orientierung, die einem Plan Gestalt geben könnten. Wer auf die Gegenwart von Politik, Gesellschaft, aber auch der Kirche in Deutschlang schaut, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es überhaupt noch eine Idee gibt, wohin man will. Es werden zwar hier wie dort viele Worte gemacht; gleichwohl erscheint die Tatkraft, den Worten auch Wirklichkeit zu verleihen, umgekehrt proportional zum Quantität der Worte. Neben dem Fehlen einer klaren Idee trägt dazu aber auch bei, dass die verfügbaren Ressourcen, seien sie personeller, finanzieller oder materialer Art, weder analysiert, noch berücksichtigt werden. So wird zwar allenthalben nach mehr Personal gerufen – in der Pflege, in den Schulen, für die öffentliche Sicherheit; allein die Frage bleibt unbeantwortet, woher denn die Menschen kommen sollen, die die zweifelsohne vorhandenen personellen Lücken füllen sollen. Selbst wenn es sie der Zahl nach gäbe, stünde die Frage nach der Qualifikation, die an sich ja Zeit und entsprechende Ausbildungsressourcen erfordert, vor einer offenen Antwort. Da kann man zwar träumen und Luftschlösser bauen, nur in der relevanten Wirklichkeit ändert sich nichts – schon gar nicht zum Besten.


0 Kommentare
Nächste Seite »