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kath 2:30 Dies DominiEigentlich wäre an dieser Stelle heute die evangelische Kolumne zu erwarten gewesen. Weil aber Karneval ist, darf man getrost einmal die Rollen tauschen. Mit seinem westfälisch geprägten Wesen tut sich der Autor dieser Zeilen eigentlich schwer mit Verkleidungen aller Art, betrachtet er den Karneval ohnehin in der Regel mit einer Mischung aus völkerkundlichem Interesse und ungläubigem Staunen über das jecke Bedürfnis, an fünf Tagen im Jahr endlich so sein zu wollen, wie man eigentlich sein könnte. Er fragt sich, warum man denn nicht immer so ist, wie man sein möchte.

Der Autor ist überzeugt und zufrieden römisch-katholisch. Sicher, auch er hat an vielem in und an seiner Kirche zu meckern. Aber im Großen und Ganzen ist er gerne katholisch – und das ist gut so. Weil nun aber Narrenzeit ist, schlüpft er einmal in die andere Rolle, um als evangelisch gewandeter katholische Narr die ungeschminkte Wahrheit sagen.

Bei aller Zufriedenheit weiß der Katholik im evangelischen Narrengewand durchaus, dass die katholische Kirche zwar glaubt, auf festem Felsen zu stehen. Aber auch ein Felsen ist nur Sand im Frühzustand. Wenn man nicht aufpasst, wird er verwittern und seine Festigkeit verlieren.

Schaut man auf die vielen Diskussionen dieser Tage, dann muss die Kirche reformiert werden. Es sind die immer gleichen Themen, die diskutiert werden: Mehr Demokratie in der Kirche, weniger Männerlastigkeit, Abschaffung des Zölibat – dann wäre die Kirche gerettet. Ansonsten möchte man mit den Veränderungen der Welt wenig belastet werden. Der evangelisch verkleidete Katholik schaut in den Spiegel: So bin ich doch gerade! Aber die vielen echten Fragen und Probleme habe ich damit auch noch nicht beantwortet.

Als erfahrener Narr westfälischer Prägung weiß er freilich, dass der Wert einer Antwort von der Qualität der Frage abhängt. Die Kunst des Narren ist es ja, die richtigen Fragen zu stellen. Ist aber die Suche nach einer Reform, bei der sich zwar alles in der Kirche ändern soll, bloß die eigene Gemeinde vor Ort möglichst nicht, eine guter Ansatzpunkt? Geht es überhaupt darum, die Kirche zu retten, als sei sie das eigentliche Ziel des Auftrages?

Heerscharen von Unternehmensberatern waren und sind in katholischen Diözesen unterwegs, um die Kirche zukunftsfähig zu machen. Der Katholik im evangelischen Narrengewand hofft, dass die evangelische Kirche nicht denselben Fehler macht, fürchtet aber, dass es für diesen närrischen Ratsch lag zu spät ist … Wo nämlich die Kirche wie ein Unternehmen betrachtet wird, werden Bilanzen gezogen und Marketingstrategien entwickelt, um das Wachstum des Unternehmens – in diesem Fall also der Kirche – zu gewährleisten. Was für eine Narretei!

Eine Kirche – sei sie evangelisch, sei sie römisch-katholisch, sei sie einer anderen christlichen Denomination – verfehlt ihr Ziel, wenn sie sich selbst zum Mittelpunkt ihres Handelns macht. Als Narr spricht Paulus in seiner Narrenrede im 2. Korintherbrief:

„Das, woran man den Apostel erkennt, wurde mit großer Ausdauer unter euch vollbracht: Zeichen, Wunder und Machttaten.“ (2 Kor 12,12)

– wo aber findet man Zeichen, Wunder und Machttaten heute in Kirchen und Gemeinden, die nur um ihren eigenen Erhalt besorgt sind?

Das Zweite Vatikanische Konzil hingegen sieht in der Kirche

„Zeichen und Werkzeug (Jesu Christi) für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen gentium 1).

Eine solche Kirche wäre wirklich eine heilige Kirche, wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Es ist wohl wieder Zeit für eine Besinnung auf den festen Grundauftrag der Kirchen. Der lautet nicht: Gründet Gemeinden! – sondern:

„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ (Mk 16,15)

Man muss schon ein Narr sein, um das ernst zu nehmen. Was glauben Sie denn?

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht in der Westdeutschen Zeitung vom 10. Februar 2024.

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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