Dies Domini – Sonntag in der Weihnachtsoktav/Fest der Heiligen Familie, Lesejahr A
Unruhig sind die Zeiten, unruhig waren sie wohl immer. Kann sich jemand daran erinnern, wann die Zeiten einmal ruhig waren? Das Weihnachtsfest vor wenigen Tagen bedeutete für die eine oder den anderen vielleicht eine kleine Zäsur. Die Läufte der großen Konflikte in der Welt hat das Fest auch in diesem Jahr nicht angehalten: Russland zeigt auch an Weihnachten keinen Anstand und bombardiert zivile Infrastruktur und Wohngebäude, in Nigeria bangen Christen weiter um ihr Leben, im Sudan wird weiter gestorben und auch im Nahen Osten ist die Lage weiter prekär. Besonders hier wird Weihnachten von nicht wenigen auch im Westen instrumentalisiert. Da wird Jesus mal schnell zum Palästinenser erklärt – wohl weil der Geburtsort Bethlehem heute im Bereich der von der palästinensischen Autonomiebehörde verwalteten Gebieten, der sogenannten Zone A, liegt. Auch gibt es Weihnachtskarten, auf denen der neugeborene Jesus in Trümmern liegend in eine Kufija gewickelt liegt. Was auch immer die Absender damit sagen wollen – sie berauben Jesus jener Identität, die von nicht wenigen Palästinensern radikal in Frage gestellt wird. Nicht nur, dass es zu Zeiten Jesu keine Palästinenser gab, sondern bestenfalls eine von den Römern benutzte geografische Bezeichnung; dieser Jesus wurde eben auch als Jude geboren, als Jude erzogen und folgte, nach allem, was bekannt ist, auch die Thora, die Weisung JHWHs. Sicher konnte er mit anderen – im Neuen Testament werden Pharisäer und Sadduzäer sowie Schriftgelehrte erwähnt – über die Interpretation der Thora. Das alles war aber typisch jüdisch. Das Neue Testament erwähnt auch die in der Nachbarschaft ansässigen Völker: die Philister an der Küste, die Amalekiter im Süden, den Libanon und Syrien im Norden, sowie die Kanaaniter. Araber, auf die sich die heutigen Palästinenser zurückführen, finden sich bestenfalls in dem Bereich, den man damals die „Araba“ nannte, das Land östlich des Jordan im Bereich des heutigen Jordanien. Das Evangelium vom Sonntag in der Weihnachtsoktav, dem Fest der Heiligen Familie im Lesejahr A, erwähnt außerdem noch Ägypten als Fluchtort der jungen Familie. Interessanter aber ist in diesen Zeiten, dass Matthäus, der sein Evangelium wahrscheinlich in Syrien verfasst, die Zielangabe für die Rückkehr der Familie nach dem Ende der Gefährdung, die von Herodes ausging, präzise angibt:
„Als Herodes gestorben war, siehe, da erschien dem Josef in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel; denn die Leute, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben, sind tot. Da stand er auf und zog mit dem Kind und dessen Mutter in das Land Israel. Als er aber hörte, dass in Judäa Archeláus anstelle seines Vaters Herodes regierte, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Und weil er im Traum einen Befehl erhalten hatte, zog er in das Gebiet von Galiläa und ließ sich in einer Stadt namens Nazareth nieder.“ (Mt 2,19-23)
Israel und Galiläa – das sind die Bezeichnungen, die im 1. Jahrhundert n.d.Z. für das Land, in dem Jesus wirkte, wohl üblich waren.
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Es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Dann feiert die Christenheit die Geburt eines jüdischen Kindes. Das Kind wird heranwachsen, erwachsen werden, das Wort Gottes in Wort und Tat verkünden, sich mit den Mächtigen seiner Zeit anlegen – und am Kreuz sterben. Was an Weihnachten beginnt, scheint an Karfreitag zu scheitern. Wenige Tage nach seinem Fluchtod werden Menschen aus seinem Jüngerkreis erfahren und bezeugen, dass er von den Toten auferstanden ist. In der gottgewirkten Auferstehung des gottverlassen am Kreuz Gestorbenen erkennen Christen, dass sich Gott in Jesus selbst offenbart hat. Von hier aus feiern Christen Weihnachten als Fest der Menschwerdung Gottes. Hier geschieht Großes: Gott begibt sich in das menschliche Scheitern, um aus dem Scheitern Hoffnung wachsen zu lassen. Das darf trotz des lieblichen Lichterglanzes und der festlichen Friedensseligkeit nicht übersehen werden: Wir feiern auch in diesem Jahr Weihnachten in unheilen Zeiten.
In der römisch-katholischen Kirche wird in der Christmette der Heiligen Nacht aus dem Propheten Jesaja gelesen. Der Beginn der Lesung ist programmatisch:
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Dies Domini – Dritter Adventssontag, Lesejahr A
Wir begegnen heute zwei großen Gestalten der Bibel: Johannes dem Täufer, dem unbeirrbaren Rufer in der Wüste – und Jesus, dem verheißenen Messias, der die Erwartung Israels erfüllt.
„Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ (Mt 11,3),
fragt Johannes jedoch voller Zweifel. Ja, auf wen warten wir alljährlich im Advent eigentlich? Es geht dabei ganz zentral um die Frage, wer dieser Jesus eigentlich ist.
Frei nach dem irischen Schriftsteller C.S. Lewis könnte man zugespitzt sagen:
Entweder war Jesus verrückt – oder er war wirklich Gott.“ Ist Jesus nur ein Lehrer der Menschlichkeit, ein ethisches Vorbild – oder begegnet uns in seiner Person Gott selbst? Ist letzteres der Fall, sagt Jesus im heutigen Evangelium zu Recht:
„Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.“ (Mt 11,6)
Diese Frage ist jedenfalls bis heute aktuell. Im spätantiken Christentum war sie sogar eine vieldiskutierte Alltagsfrage. Das Konzil von Nizäa hat die Frage nach der Göttlichkeit Jesu vor 1.700 Jahren, im Jahr 325 n. Chr., positiv beantwortet. Jesus der Sohn ist „wahrer Gott vom wahren Gott“; er ist „gezeugt, nicht geschaffen“ und „eines Wesens mit dem Vater“, so hält es das damals entstandene und bis heute gebetete Glaubensbekenntnis fest.
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Dies Domini – Erster Adventssonntag, Lesejahr A
Es ist wieder Advent. Alle Jahre wieder rufen nicht wenige zur Besinnung auf; der Advent sei eben eine stille Zeit. Andere hingegen erfreuen sich am Trubel der Weihnachtsmärkte und eilen durch die Innenstädte (oder die digitalen Highways), um am Heiligen Abend im Kreis der Liebsten nicht mit leeren Händen da zu stehen. Weil beides so nicht zusammenpasst, bemühen sich viele Verfechter einer selbsterdachten adventlichen Spiritualität, Tipps zur Ruhe in der Hektik zu geben – Tipps, die viele gar nicht benötigen, weil sie einfach die schöne trubelige Vorweihnachtszeit genießen wollen. Wo steht eigentlich geschrieben, dass der Advent eine Zeit der Ruhe sein muss?
Tatsächlich scheint der Advent eher eine Zeit der Ambivalenz zu sein. Von seiner Prägung her ist er in der Tat eine Zeit der Vorbereitung auf das Fest der doppelten Ankunft Jesu Christi: Zum einen der Vergegenwärtigung seiner Geburt, zum anderen aber auch seiner erhofften Gegenwart. Dementsprechend sind die biblischen Texte in der Adventszeit auch von Aufrufen zur Wachsamkeit geprägt, zum Aufbruch, zur Eile. Ist das nicht bemerkenswert? Während immer wieder bis zur Besinnungslosigkeit zur Ruhe gemahnt wird, singen die adventlichen Lieder und Texte von Aufbruch und Tatkraft – und das nicht selten in scheinbarer Widersprüchlichkeit.
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Weihnachten war schon einmal friedlicher. Für nicht wenige dürfte der Glühwein in diesem Jahr einen bitteren Beigeschmack haben. Der Herbst der unerfüllten Reformen weicht einem Winter der Herausforderungen. Die Diskussion um die Renten, das soziale Pflichtjahr (für alle), die angedachten Kürzungen der Inklusionspauschale, den Konflikten im Nahen Osten, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, dem Genozid im Sudan, der Christenverfolgung in Nigeria – all das kann einem die weihnachtliche Stimmung reichlich verhageln. Wie soll man in diesem Jahr bei all den Krisen und Konflikten Weihnachten feiern? Was glauben Sie denn?
Vielleicht gehört es zu den größten Illusionen der Menschheit, der Advent sei eine stade Zeit der Gemütlichkeit. Wer am 1. Advent einen römisch-katholischen Gottesdienst besucht, wird möglicherweise reichlich verstört sein ob der herausfordernden Worte, die dort aus dem Munde Jesu zu vernehmen sind:
„Wie es in den Tagen des Noach war, so wird die Ankunft des Menschensohnes sein. Wie die Menschen in jenen Tagen vor der Flut aßen und tranken, heirateten und sich heiraten ließen, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein. Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die an derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen.“ (Mt 24,37-41)
Die Sintflut gehört zu den großen Urkatastrophen. Sie ist der Mythos in der Bibel, der die Frage beantwortet, warum Gott nicht eingreift, um das Leid in der Welt zu verhindern und das Böse zu vernichten. Mit der Sintflut hat er das getan – und nichts blieb übrig. Das ist ja die Frage, wer und was so wenig böse ist, dass die Vernichtung überstanden würde. Wer kann für sich in Anspruch nehmen, dann übrig zu bleiben?
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Dies domini – 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
In den Schriftlesungen am Ende des Kirchenjahres wird mit dem Thema der Vergänglichkeit ein düsteres Bild gezeichnet. Der eigene Fokus kann dadurch auf Aspekte unseres Lebens gerichtet werden, die man gerne außer Acht lässt oder bei denen man gelernt hat, sie gekonnt zu ignorieren.
Bei allem, was in der vergangenen Jahren in Deutschland und in der Welt passiert ist, ist es nicht schwer, in Weltuntergangsstimmung zu verfallen. Das eigene Sicherheitsgefühl gerät immer mehr ins Wanken. Man verliert die Hoffnung, ob die aus den Kriegen im letzten Jahrhundert gezogenen Lehren noch eine Bedeutung haben. Oder am Ende allen Grübelns stellt sich einem einfach nur die Frage: Was ist morgen, nächste Woche, nächstes Jahr?
Ist all das, was um uns herum geschieht, genug, um die Segel zu streichen, den Kopf in den Sand zu stecken und nichts mehr zu tun? Sich dem Wandel der Welt hinzugeben und passiv zu ertragen, was einem gegeben wurde? Nein!
Seht, der Tag kommt, er brennt wie ein Ofen: Da werden alle Überheblichen und alle Frevler zu Spreu und der Tag, der kommt, wird sie verbrennen, spricht der HERR der Heerscharen. Weder Wurzel noch Zweig wird ihnen dann bleiben. Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung. Mal 3,19f
Der Prophet Maleachi zeichnet hier auf den ersten Blick ein wahres Schreckensbild: Am Ende aller Tage kommt ein brennender Ofen, der alle verbrennt. Doch so düster ist dieses Bild nicht, denn nur für die Überheblichen und die Frevler ist dieser Ofen eine Gefahr. Sie werden von ihm verzehrt, für die Gottesfürchtigen aber ist es ein Läuterungsfeuer, eines, das reinigt und Heilung bringt.
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Dies Domini – Allerseelen, Lesejahr C
„… und das ewige Leben. Amen.“ Fast wie eine Nebensächlichkeit, die eben auch noch genannt werden muss, wirkt manchmal der Schlussteil des christlichen Glaubensbekenntnisses. Und tatsächlich ist er in weiten Teilen des Kirchenjahres für mich als gläubigen Christen und Theologen leider „nur“ ein weiterer zu glaubender Inhalt christlicher Lehre neben den anderen, zu denen man sich allsonntäglich mal mehr mal weniger bewusst bekennt. Doch eine Petitesse wird wohl kaum das Wörtchen „ewig“ mit sich führen. Allerheiligen, Allerseelen, aller Jahre wieder im November gedenken Christinnen und Christen ihrer Verstorbenen und ihrer eigenen Vergänglichkeit in besonderer Weise. Der November bedeutet Tristesse und Todesgedenken. Dabei kann gerade Allerheiligen als festliches Intro des vielgeschmähten Spätherbstes Kickstart einer Hoffnung sein, die selbst den Tod überholt.
Wer unfehlbarer sein will als der Papst, muss bloß bekennen: „Wir werden alle sterben.“ Das ist „von allen ohne Schwierigkeit, mit sicherer Gewißheit und ohne Beimischung eines Irrtums“ erkennbar, wie es beim Ersten Vatikanischen Konzil noch mit unverdrossenem Gehorsamsglauben von der gesamten kirchenamtlichen Lehre hieß. Doch beim Sterben bleibt es nicht; Jesus sagt im heutigen Evangelium:
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Dies Domini – 29. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Eine Schlacht, (wieder) ermahnende Worte und ein ungerechter und selbstgefälliger Richter waren die Hauptaussagen aus den drei Bibelstellen des heutigen Sonntags, die bei mir nach der ersten Lektüre hängen geblieben sind. Dementsprechend groß war auch meine Begeisterung, mich näher mit den Texten zu befassen… hatte ich doch das Gefühl, dass sie mich nicht richtig ansprechen.
Nun gut, ganz so schlimm wird es wohl nicht sein. Als man die Texte schrieb und einige Zeit später dann auch auswählte, als es darum ging den christlichen Kanon zu definieren, da war der Inhalt der Texte wichtig genug, dass sie in den Kreis der Heiligen Schrift aufgenommen wurden. Also noch einmal ran an die drei Bibelpassagen und mit einem neuen Paar Augen darauf geschaut: Es gibt Gemeinsamkeiten und mehrere Botschaften, die die Geschichte der Israeliten im Kampf gegen die Amalekiter, die Worte Paulus‘ an Timotheus und das Gleichnis des gottlosen Richters mit einander verbinden – Beharrlichkeit und Ausdauer. Beide Wesensattribute sind für den tatsächlichen oder erwarteten Ausgang der biblischen Texte von großer Bedeutung.
Josua und die Israeliten ziehen in den Kampf gegen Amalek und seine Männer. Mose, Aaron und Hur begeben sich auf einen nahegelegenen Berg und beobachten das Kampfgeschehen, wobei Mose den Kampf durch sein Gebet mit ausgestreckten Händen unterstützt.
Solange Mose seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker; sooft er aber die Hand sinken ließ, war Ámalek stärker. Ex 17,11
Doch irgendwann verlassen Mose seine Kräfte und er kann die Hände nicht mehr oben halten. Hier kommen Aaron und Hur ins Spiel.
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Die Straßen waren laut. Das Geschrei war groß. Man ging für den Frieden in Palästina auf die Straße und rief Parolen, die die Existenz Israels in Frage stellten. Nichts weniger meint der Ruf „From the River to the Sea …“. Israel, dem am 7. Oktober 2023 ein genozidales Massaker der Hamas widerfuhr, dem wahllos 1.200 Menschen zum Opfer fielen und 250 Menschen als Geiseln entführt wurden, ist schuld. Israel scheint immer schuld zu sein. Die Art des Massakers war von Vernichtung und Auslöschungswillen geprägt. Wer Babys tötet, Männer und Frauen genital verstümmelt und wahllos Menschen allein deshalb tötet, weil sie Juden sind, hat die Vernichtung eines Volkes im Sinn. Wie bitte soll man als Staat auf ein solches Massaker reagieren? Viele scheinen zu wissen, was unverhältnismäßig an der Reaktion Israels war. Niemand aber sagt, wie eine verhältnismäßige Reaktion aussähe.
Die bestialische Untat der Hamas hat das eigene Volk in tiefes Leid geführt und zur Verwüstung des eigenen Landes geführt. Jetzt, endlich, sind die Geiseln frei – und die Waffen ruhen. Ist jetzt schon Friede in Gaza? Wohl kaum! Die selbst ernannten Gotteskrieger marodieren durch die Gebiete, aus denen sich Israel zurückgezogen hat. Sie töten und richten öffentlich ohne jedes Verfahren Gegner hin. Erstaunlich, wie viele Zivilisten auf den grausamen Videos zu sehen sind. Erstaunlich auch, wie viele Kinder da zuschauen. Sieht so das freie Palästina aus? Warum ist es still geworden auf den Straßen? Warum ist der Protest verstummt? Ist es ok, wenn die Hamas wahllos tötet und dabei ruft, Gott sei groß?
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Dies Domini – 27. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Es sind unruhige Zeiten. Wieder einmal. Oder gab es einmal Zeiten, die nicht unruhig und von Sorgen geprägt waren? Es sind nicht nur die großen Plagen der Welt, die uns die Nachrichten tagtäglich oder sogar stündlich in die digitalen Timelines oder durch die Fernseher in die Wohnzimmer spülen. Das ganze Unheil der Welt kommt uns so nahe. Dabei hält das eigene Leben doch schon ein gerüttelt Maß an Krisen bereit: Krankheiten, Sorgen um die Kinder, Beziehungskrisen, die Pflege älterer Angehöriger – das Leben könnte anders schön sein.
Es gibt viele Strategien, sich von den Herausforderungen, die das Leben unausweichlich bereithält, zu schützen. Das Ignorieren von Nachrichten, Flucht vor der Weltwirklichkeit in Tagträume, die Fokussierung auf das Schöne der Kultur; Glaubende suchen außerdem nicht die Entlastung durch Delegation im Gebet: Gott möge doch endlich helfend eingreifen!
Eine ähnliche Situation liegt auch dem Evangelium vom 27. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres C zugrunde. Sie findet sich im Lukasevangelium im unmittelbar vorhergehenden Absatz. Dort spricht Jesus zu seinen Jüngern:
„Es ist unvermeidlich, dass Ärgernisse kommen. Aber wehe dem, durch den sie kommen! Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er für einen von diesen Kleinen zum Ärgernis wird. Seht euch vor! Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er umkehrt, vergib ihm! Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will umkehren!, so sollst du ihm vergeben.“ (Lk 17,1-4)
Es ist unvermeidlich, dass Ärgernisse kommen – so ist das Leben. Es gibt in dieser raum-zeitlichen Existenz, die – eben, weil sie raum-zeitlich ist – von Werden und Vergehen geprägt ist, immer Ärgernisse, Herausforderungen, ja, auch das Leid, das Menschen subjektiv empfinden, scheint Teil der Schöpfung zu sein wie wir sie kennen. Heißt Jesus das Leid gut? Mitnichten, denn er verflucht den, durch den sie kommen. Wer aber ist das?
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