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kath 2:30 Dies DominiAuch nach der Sesshaftwerdung ist der Mensch ein Jäger und Sammler geblieben. Bis heute ist er auf der Jagd nach den günstigsten Angeboten. Er sammelt Schnäppchen, denn er ist ja nicht blöd. Am liebsten will er bleiben, wie er ist. Deshalb darf sich nichts ändern. Zweifellos ändern sich die Dinge und Verhältnisse aber laufend. In früheren Zeiten, als der Mensch noch in kleinen Clangruppen von maximal 200-300 Personen lebte, zog man einfach fort und suchte neue Jagdgründe. Das hat sich mit der Sesshaftwerdung geändert. Man hatte jetzt Besitz, den es zu bewahren galt. Man baute Zäune und steckte Claims ab, die es zu verteidigen galt. Er hatte jetzt etwas zu verlieren. Das ist die Angst, die auch den modernen Menschen mit all seinen technischen Errungenschaften umtreibt. Er hat zu viel zu verlieren. Was glauben Sie denn?

Im vergangenen Jahr 2022 sind die westlichen Illusionen wie Seifenblasen zerplatzt. Ganz zu schweigen von den globalen Folgen des Klimawandels hatte man sich über billiges Gas aus Russland gefreut und nicht nach den Hintergründen gefragt. Man hatte sich selbst für unglaublich schlau halten auf „Just in time“-Lieferketten gesetzt und teure Lagervorhaltungen vermieden. Außerdem ließ man gerne dort produzieren, wo Arbeitskräfte billig und Arbeitnehmerrechte nicht ganz so tiefgreifend waren, wie hierzulande. Geiz war eben geil. Jetzt aber steht uns die selbstverschuldete Blödheit unausweichlich vor Augen. Es ist eben schlimm, wenn nichts bleiben kann, wie es ist.

Dabei weiß der Mensch als Jäger und Sammler um die Herausforderung des Lebens. Jeder Tag hat seine eigene Sorge. Man weiß heute nicht, wohin der Clan morgen ziehen muss. Der sesshaft gewordene Mensch der Gegenwart ahnt das – und trauert im Vorhinein den Gelegenheiten nach, die er verpasst hat, wissend, dass er weitere verpassen wird. Er hat einfach zu viel zu verlieren. In einer enger gewordenen Welt gibt es keine neuen Jagdgründe mehr, die noch frei wären. Die Welt ist in Besitztümer aufgeteilt. Es wäre an der Zeit, dass die Menschengemeinschaft sich zusammenfände und gemeinsame Lösungen für die anstehenden Herausforderungen suchte. Wer aber immer noch in Clangröße denkt, dem ist die Welt zu groß.

Dabei sitzt die gesamte Menschheit auf einem kleinen, unbedeutenden Felsenplaneten in einem Universum, dessen Enden der Mensch nicht fassen kann. Er hat keine andere Heimat. Die Zeit der Clans ist längst vorbei. Es gälte, in großem Maßstab zu denken. Die Veränderung wird kommen – die Frage ist nur, wie. Die Soziologie unterscheidet zwischen Disruption, Desaster oder sozialem Wandel. Letzterer wäre mit Einsicht und Vernunft zu verwirklichen.  Das entspräche dem biblische Begriff der Metanoia, der oft mit „Umkehr“ übersetzt wird, wörtlich aber „Umdenken“ bedeutet. Da aber schon jede politisch gesetzte Disruption (Störung) auf Widerstand jener stößt, die grundsätzlich keine Änderung wollen, steht zu befürchten, dass das Desaster unausweichlich ist. Schließlich tun sich selbst die frömmsten Gläubigen mit der göttlich-disruptiven Verheißung schwer, der spricht

„Siehe, ich mache alles neu.“ (Offb 21,5)

Wahrscheinlich wird der Prophet Amos – wie so oft – Recht behalten, der im 8. Jahrhundert v.d.Z. angesichts der sichtbaren Bedrohung des Nordreiches mahnt:

„Das Fest der Faulenzer ist vorbei!“ (Amos 6,7),

so dass Gott durch ihn mahnt:

„Sieh her, mit dem Senkblei prüfe ich mein Volk Israel. Ich verschone es nicht noch einmal. Isaaks Kulthöhen werden verwüstet und Israels Heiligtümer zerstört; mit dem Schwert in der Hand erhebe ich mich gegen das Haus Jerobeam.“ (Amos 7,9)

Wir haben es selbst in der Hand, die Herausforderungen zu bewältigen. Wir wären blöd, wenn wir es diesmal nicht anders machen würden. Nur müssten wir uns selbst ändern. Alle!

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht in einer gekürzten Version der Westdeutschen Zeitung vom 13. Januar 2023.

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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