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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Ostersonntag, Lesejahr A

„Das Grab ist leer, der Held erwacht“ – so erschallt es seit der Osternacht mit meist triumphalem Gesang wieder in den Kirchen. Der Gekreuzigte ist nicht mehr im Grab. Braucht es da noch eines Beweises für die Auferstehung? Das leere Grab ist doch Beweis genug.

Was heutigen Christen so selbstverständlich mit Inbrunst und euphorischer Osterfreude über die Lippen geht, ist beileibe nicht so selbstverständlich, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Ein leeres Grab ist an sich noch lange keine Beweis für die Auferstehung von den Toten. Das Neue Testament selbst spiegelt die zahlreichen Gerüchte um das leere Grab wieder. Im Matthäusevangelium etwa heißt es:

Am nächsten Tage [nach der Bestattung Jesu, WK] gingen die Hohenpriester und die Pharisäer gemeinsam zu Pilatus; es war der Tag nach dem Rüsttag. Sie sagten: Herr, es fiel uns ein, dass dieser Betrüger, als er noch lebte, behauptet hat: Ich werde nach drei Tagen auferstehen. Gib also den Befehl, dass das Grab bis zum dritten Tag sicher bewacht wird. Sonst könnten seine Jünger kommen, ihn stehlen und dem Volk sagen: Er ist von den Toten auferstanden. Und dieser letzte Betrug wäre noch schlimmer als alles zuvor. Pilatus antwortete ihnen: Ihr sollt eine Wache haben. Geht und sichert das Grab, so gut ihr könnt. Darauf gingen sie, um das Grab zu sichern. Sie versiegelten den Eingang und ließen die Wache dort. (Matthäus 27,62-66)

Das leere Grab an sich beweist also noch nichts. Schon damals gab es also offenkundig das Gerücht, man habe den Leichnam Jesu entfernt um die Behauptung, er sei von den Toten auferstanden, zu untermauern. Auch wenn man aufgrund dieses offenkundig geschichtlich vorhandenen Gerüchtes davon ausgehen kann, dass das Grab faktisch leer war – bewiesen ist damit rein gar nichts.

Auch die Apostel Jesu selbst vermögen anfänglich mit der Entdeckung des leeren Grabes durch Maria von Magdala und – je nach Evangelium – anderer Frauen nichts anzufangen. Lukas weiß zu berichten:

Doch die Apostel hielten das alles für Geschwätz und glauben ihnen nicht. (Lukas 24,11).

Doch allzu sicher war man sich offenkundig nicht. Denn Lukas fährt fort:

Petrus aber stand auf und lief zum Grab. Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden. Dann ging er nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war. (Lukas 24,12)

Petrus ist verwundert ob des leeren Grabes – noch lange nicht gläubig. Ähnlich ergeht es auch der Entdeckerin des leeren Grabes selbst. Maria von Magdala gerät im Johannesevangelium aufgrund des Fehlens des Leichnams im Grab in Aufruhr. In dem Evangelium, das am Tag des Ostersonntags im Lesejahr A verkündet wird, heißt es:

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat. (Johannes 20,1f)

Wie im Lukasevangelium macht sich Petrus auch hier auf dem Weg – allerdings nicht alleine. In einer Art Wettlauf rennt auch Johannes zur Grablege und erreicht diese vor dem wesentlich älteren Petrus. Respektvoll lässt er ihm allerdings den Vortritt. Petrus erblick die Grablege, die nicht ganz leer ist: Die Leinenbinden liegen ordentlich zusammengefaltet ebenso auf ihr wie das Schweißtuch. Von seiner Reaktion wird nichts erwähnt. Von Johannes, der hinter Petrus ins Grab gestiegen ist, heißt es:

Er sah und glaubte. (Johannes 20,8)

Allerdings ergänzt der Evangelist diesen Hinweis durch einen bemerkenswerten Zusatz:

Denn sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste. (Johannes 20,9)

Ein leeres Grab ist Interpretationssache. Man kann daran glauben, oder auch nicht. Das leere Grab und seine Botschaft zu verstehen ist allerdings die Voraussetzung für die Verkündigung. Aufgrund eines leeren Grabes die Auferstehung von den Toten zu verkünden, ist schlichtweg unverständlich. Es widerspricht dem gesunden Menschverstand. Es braucht mehr als die bloße Behauptung, das Grab sei leer.

Maria von Magdala wird die erste sein, die die existentielle und unmittelbare Erfahrung des Auferstandenen macht. Nachdem Petrus und Johannes verwundert, zweifelnd, aber auch glaubend-hoffend gegangen sind, erscheint der Auferstandene der zurückgebliebenen Maria von Magdala. Sie weint. Es ist nicht klar, ob es Tränen der Verzweiflung, der Trauer oder der Bestürzung sind. Auch als sie im Grab zwei Engel sieht, glaubt sie noch nicht. Sie ist weiter der Überzeugung, man habe den Leichnam Jesu weggenommen (vgl. Johannes 20,13). Erst als sie sich umwendet, sieht sie Jesus, erkennt ihn aber nicht. Jesus spricht sie an – und sie weiß immer noch nicht, wer er ist, sondern will weiter wissen, wohin man den Leib des Gekreuzigten verbracht hat. Erst als der Auferstandene sie bei ihrem Namen ruft, wendet sie sich ihm wirklich zu und erkennt ihn.

Keine Verwunderung, kein Erschrecken wird geschildert. Fast schon selbstverständlich möchte die, die eben noch voller Verzweiflung war den festhalten, den der Tod nicht halten konnte. Sie muss sich zurechtweisen lassen:

Rühr mich nicht an! (Johannes 20,17)

Der Auferstandene ist nicht mehr von dieser Welt. Er ist bereits Teil der Ewigkeit. Die Ewigkeit bricht in die Jetztzeit hinein, kann von dieser aber nicht erfasst werden. Ähnlich wie Thomas wenige Verse später (vgl. Johannes 20,24-29) wird Maria von Magdala von der Ewigkeit erfasst, selbst festhalten kann und darf sie sie nicht.

Es ist dieses existentielle Erfasstwerden, das Maria von Magdala zur Auferstehungszeugin macht. Noch vor Petrus und Johannes hat sie verstanden, dass es nicht auf das leere Grab ankommt. Kein materialer Beweis führt zum Verstehen der Auferstehung. Verstehen kann die Auferstehung nur, wer sich existentiell auf einen menschgewordenen Gott, der die tiefsten Tiefen des Menschsein nicht scheute, einlassen kann.

Das hat Konsequenzen für den Glauben heute. Viele suchen auch heute noch nach Glaubenssicherheit. Das Turiner Grabtuch oder der Schleier von Manopello – das auf ihnen zu sehende Antlitz soll beweisen, was offenkundig schon die Entdecker des leeren Grabes nicht überzeugte. Die Leinenbinden waren zusammengefaltet, alles, was zum irdischen Jesus gehörte, war aber eben nicht mehr da. Sein irdischer Leib, Schweiß und Blut – alles verschwunden. Nicht nur das Grab war leer, die Leinenbinden und das Schweißtuch auch. Was Maria von Magdala überzeugt, ist die existentielle Nähe eines Auferstandenen, dessen Leib nicht mehr von dieser Welt ist. Er ist, nach Johannes, das fleischgewordene Wort Gottes (vgl. Johannes 1,14). Wer heute die Auferstehung nicht nur vage glauben, sondern sicher verstehen will, muss sich also auf das Wort Gottes einlassen. Nicht umsonst merkt Johannes im Zusammenhang mit der Entdeckung des leeren Grabes an:

Denn sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste. (Johannes 20,9)

Jeder materiale Beweis für die Auferstehung wird vage bleiben, denn hier berühren sich Zeit und Ewigkeit; die Ewigkeit aber entzieht sich dem Zugriff der Zeit. Raum und Zeit können die Ewigkeit nicht fassen, die Ewigkeit aber durchdringt Raum und Zeit. Erst wer um das Verstehen ringt – und gerungen muss werden! – wird das Bekenntnis der Maria von Magdala nachsprechen können:

„Rabbuni – mein Meister!“ (Johannes 20,16).

Erst, wer nicht nur blind glaubt, sondern erkennen möchte, wird mit Verstand dem Thomas bekennend zustimmen:

„Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20,28)

Wer sich die Mühe des Denkens, Forschens und Erkennens nicht macht, ist ein Agnostiker im wahrsten Sinn des Wortes (vom griechischen Agnosis – Nichterkennen). Manche meinen, Glaube sei nicht Wissen. Er ist mehr. Glaube ist Erkennen!

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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