Herzlich Willkommen bei kath 2:30, dem Blog der Katholischen Citykirche Wuppertal.
Hier geht es zum Videopodcast von kath 2:30.
Besuchen Sie auch die Mystagogische Kirchenführung.
Oder die Seite des Heiligen Laurentius, unter Stadtpatron Wuppertal.

kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 5. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Wer die Wahrheit wahrhaft sucht, kann sich nicht mit Fiktionen begnügen. Weil der Glaube selbst die Wahrheit zu verkünden trachtet, ist seine Methode die Vernunft. Glaube ohne Wissen und Erkenntnis ist Unmöglichkeit, eher eine autosuggestive Fiktion, die den Wirren des Lebens eine oberflächliche Stabilität zu verleihen mag, die aber bei ersten lauen Lüftchen des Zweifels wie Sand weggeblasen wird und die dicht unter der Oberfläche liegenden Hohlräume offenbart. Fiktion ist eben, was der lateinische Herkunftsbegriff fictio schon sagt: Erfundenes, Ausgedachtes, selbst Gestaltetes. Die Meister der Fiktion erschaffen sich eine eigene Welt, ein in sich geschlossenes System, das eine gewisse Tragfähigkeit beweist, solange man nicht an den dürren Fundamenten rüttelt. Um dieses System zu schützen, werden allerlei Maßnahme ergriffen. Die simpelste ist es, die eigene Sicht als unumstößliche Wahrheit zu definieren, alles andere hingegen als Lüge. Allein schon die Frage, warum denn etwas so ist, wie es ist, wird dann als aggressiver Akt gedeutet, als satanische Versuchung, als Glaubensschwäche – oder einfach als Lüge. Wer nicht das sagt, was man selbst denkt, lügt.

Das Phänomen ist nicht neu, gegenwärtig aber brandaktuell. Es betrifft Gesellschaft und Kirche gleichermaßen. Dem ultimativen katechetischen Apodiktum „Das muss man glauben“, das jede Frage nach rationaler Rechenschaft über das zu Glaubende autoritär unmöglich macht, korrespondiert das Armutszeugnis einer sich mündig wähnenden Bürgerschaft, die sich lieber der desinformativen Flut von Online-Foren und sogenannter sozialer Medien hingibt, als sich kritisch mit Zahlen, Daten und vor allem Fakten auseinandersetzen. Wer braucht schon Fakten, wenn es doch das Hören-Sagen gibt. Der besorgte Bürger nährt seine Sorge gerne aus dem, was er immer schon wusste und nun wieder hört. Es reicht, dass jemand jemanden kennt, der etwas im Internet gesehen hat. Gerade weil das, was er dort hört, das eigene Bild bestätigt, genügt das schon. Nachfragen und Nachprüfungen braucht da niemand. Die fiktive Verifikation der Autosuggestion reicht doch schon. Man hat es doch immer schon gewusst. Und die, die tatsächlich recherchieren und prüfen und noch einmal nachfragen und Fakten suchen und die Fakten sortieren und bewerten und interpretieren – ja: ohne Interpretation geht es nicht – und dafür den rationalen Verstand vor die irrationale Macht der Sorge setzen, die lügen, wenn sie nicht das sagen, was man selbst immer schon wusste.


0 Kommentare