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kath 2:30 Dies DominiDies domini – Palmsonntag, Lesejahr B

An diesem Sonntag fällt der Einstieg mit einem aktuellen Ereignis der letzten Tage nicht schwer; wer sich auch nur wenig den Medien gewidmet hat, der kann sich vor unerhörten Ereignissen wie kanzlerischen Fehlereingeständnissen oder erzbischöflichen Rücktritten, Maskenskandalen, steigenden Inzidenzen und fallenden Kirchenbesucherzahlen nicht retten. Mit dem Palmsonntag nähern wir uns dem Höhepunkt der Fastenzeit, der Karwoche. Ostern erwarten wir schon vor dem Tiefdunkel des Karfreitags. Da passt es gut, dass wir am Donnerstag ein weihnachtliches Fest feiern konnten:

„Fürchte Dich nicht, Maria; denn Du hast bei Gott Gnade gefunden.“

und Maria antwortet:

„Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe, wie Du es gesagt hast.“ (Lk 1,30)

Die Verkündigung des Herrn am 25. März, neun Monate vor Weihnachten, erinnert uns daran, dass zwar jeder Sonntag ein kleines Osterfest sein darf, an dem wir des Todes und der Auferstehung Jesu feiernd gedenken, dass aber unser ganzes Leben immer auch von innen erfüllt sein darf von diesem unglaublichen Ereignis, dass Gott Mensch geworden ist.

„Seht, der kann sich selbst nicht regen, durch den alles ist und war.“

Mit dieser Zeile aus einem Weihnachtslied versuchen wir seit Jahrhunderten auszudrücken, wie unfassbar dieser Eintritt des ewigen Gottes in unsere zeitliche Zufälligkeit und Verderbnis eigentlich ist und wie erlösend: er ist wirklich Fleisch geworden, inkarniert, also eigentlich eben vergänglich, verwesend, endend, so wie wir. Nicht symbolisch, nicht voller „Mitleid“ des Schöpfers mit seinem Geschöpf, sondern wirklich mitleidend, voll und ganz und bis in den Tod hinein. Die zweite Lesung dieses Sonntags fasst es in ihrem großen Christus-Hymnus zusammen:

„Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“ (Phil 2,6)

Diesem Geheimnis, dass uns nicht vor dem Dunkel bewahrt, aber unser einziges Fundament ist für unseren Glauben und unser Christsein, leuchtet in die letzte Ecke unserer Angst und Furcht, wenn wir daran festhalten:

„Jesus Christus ist der Herr – zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,11)

Vor diesem Maßstab bekommen die andern Dinge dann ihre Dimension. Eine „Zumutung“ nannte der Bonner Stadtdechant in seinem Podcast die ursprüngliche (und inzwischen relativierte) Entscheidung, die Ostertage für einen schärferen Lockdown zu nutzen, was auch die Bitte beinhaltete, von Präsenzgottesdiensten Abstand zu nehmen. Die Feiertage dafür zu nutzen, mache sie zur „Manövriermasse“, die Ostern als Fest dann ausfallen ließen. Ob Ostern als Fest dadurch tatsächlich ausfällt, bleibt fraglich. Das entscheidende an einem Fest ist doch der Festinhalt, und ich denke guten Gewissens und Glaubens sagen können: Jesu Tod und Auferstehung wird nicht von Präsenzgottesdiensten abhängen.

Ich neige an dieser Stelle eigentlich nicht zu persönlichen Bemerkungen, mache jetzt aber mal eine Ausnahme: im vorigen Jahr waren wir an Ostern in der gleichen Situation wie heute: gesellschaftliches Leben war – zumindest analog – auf 0. Um dennoch gemeinsam mit der Familie und engen Freunden Ostern feiern zu können, habe ich mit meinen Kindern Ostereier gefärbt, Osterkerzen gestaltet, Hefe-Osternester gebacken und Osterdekoration gestaltet. Diese hatten unsere Familie und Freunde zum Ostersonntag vor der Tür stehen und so war trotz räumlicher Entfernung gemeinsames Feiern möglich und indem wir – jeder bei sich – die Osterkerze im Licht der Auferstehung entzündet haben, waren wir verbunden. Miteinander und ohnehin mit Gott.

Vielleicht hilft uns als Kirche in diesen Tagen, auch mal eine „Zumutung“ auszuhalten oder sie vielleicht sogar als Chance zu begreifen. Dafür braucht es aber Mut. Jesus hat für seinen Einzug in Jerusalem kein Tier gewählt, das die Aufgabe einen Menschen zu tragen schon vielfach erprobt hat, sondern einen jungen Esel, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Er hat seinen Jüngern zugemutet, sich irritiert anschauen zu lassen, wenn sie den Esel einfach losbinden und zu ihm bringen. Und er hat sich zugemutet, sich begrüßen und feiern zu lassen, während er in die Stadt kommt, die das Ende seines irdischen Lebens bedeuten wird.

Vielleicht ist diese Situation näher an unserer Realität als wir zugeben wollen. Das Osterfest bedeutet eine Zäsur. Der Tempel wird einstürzen und in drei Tagen wieder aufgebaut.

Corona ist über uns hereingebrochen und lässt – die einen mehr und die anderen weniger – unter der Last zusammenbrechen. Vielleicht helfen wir mit,  diese Menschen wieder aufzubauen. Vielleicht schauen wir, wo Hilfe nötig ist, wenn wir Ängste nehmen oder mittragen, Nöte sehen und unter die Arme greifen. Und bei aller Missorganisation erkennen wir an, dass sich „da oben“ Menschen bemühen, unser Land möglichst unbeschadet durch diese Krise zu manövrieren und akzeptieren, dass auch wir zu dieser Manövriermasse gehören.

In diesen Tagen nicht auch das Thema des gerade veröffentlichten Gutachtens über sexuellen Missbrauch im Erzbistum und die damit zusammenhängenden persönlichen und strukturellen Fehler anzusprechen, ist kaum möglich. Diese Fakten erschüttern gehörig das Fundament unserer Kirche. Den Armen und Entrechteten eine Stimme geben ist ureigenster Auftrag, das Gegenteil ist geschehen. Die Kirche mit ihren Verantwortungsträgern hat nicht mal selbst die eigene Stimme der Betroffenen gehört, geschweige denn dieser Stimme Lautstärke gegeben und Gehör verschafft. Darüber darf und wird kein Gras wachsen, jedes Unrecht der Vergangenheit und Gegenwart muss benannt, aufgeklärt und sanktioniert und für die Zukunft verhindert werden.

All dies ist wichtig und wert, sich für den rechten Weg einzusetzen. Aber wirklich notwendend ist letztlich nur das Bekenntnis des römischen Hauptmanns:

„Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“

Ich wünsche Ihnen von Herzen die Gnade dieses Bekenntnisses. Geben wir dem Lumen Christi in dieser Osternacht – vielleicht jeder für sich, damit aber in Gemeinschaft – die Chance zu leuchten. Bringen wir Licht ins Dunkle, damit wir sagen können: Deo gratias.

Katharina Nowak

Author: Katharina Nowak

Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.

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