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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 1. Sonntag nach Weihnachten/Fest der Heiligen Familie, Lesejahr C

Es gibt Texte in der Heiligen Schrift, die so bekannt sind, dass man nach den ersten Worten schon nicht mehr genau hinhört. Man meint, schon zu wissen, worum es geht. So ergeht es vielen sicher auch bei dem Evangelium, das am Fest der Heiligen Familie im Lesejahr C verkündet wird. Es erzählt vom 12jährigen Jesus im Tempel. Das

Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? (Lukas 1,49)

sagt doch alles: Bereits der 12jährige Jesus ist weiser als die Schriftgelehrten, bereits hier wird deutlich, dass er der wahre Sohn Gottes ist. 

In der Tat: Die nur im Lukasevangelium zu findende Erzählung läuft auf diese Aussage zu. Sie findet ihre Entsprechung im lukanischen Bericht über den Kreuzestod Jesu, wenn diese besondere Beziehung zwischen Vater und Sohn ihre Erfüllung im letzten Wort Jesu findet:

Und Jesus rief mit lauter Stimme: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. (Lukas 23,46)

Was bereits in der Verkündigung seiner Geburt angelegt ist, erkennt der 12jährige im Jerusalemer Tempel und erreicht seine Vollendung am Kreuz. Das ist der große Bogen, den Lukas in seinem Evangelium spannt.

Bei all den großen Worten, bei denen man immer schon zu wissen meint, was eigentlich gemeint ist, übersieht man aber die kleinen Spuren, die uns die Evangelisten legen. Hier sind es Maria und Josef, die mit Jesus zum Paschafest nach Jerusalem ziehen. Offenkundig zog auch Jesus immer schon mit seinen Eltern zum Fest nach Jerusalem. Er ist mit dieser Pilgerfahrt groß geworden. Er kannte die Örtlichkeiten und die Umstände. Von daher ist es überhaupt keine große Sache, dass die Eltern sich nicht weiter um ihn zu kümmern scheinen und meinen, er sei irgendwo in der Pilgergruppe unterwegs – vielleicht mit lieben Anverwandten oder Gleichaltrigen. Es wird ihm schon gut gehen. Er weiß ja, was zu tun ist. Sie vertrauen ihm. Erst nach einer Tagesreise, wohl am Abend, wenn man die Seinen um sich sammelt, wenn es auch für Kinder Zeit ist, zurück zu den Eltern zu gehen, bleibt da ein Platz leer.  Die Aufregung wird groß gewesen sein. Natürlich suchen ihn die Eltern. Natürlich suchen sie auch in Jerusalem. Drei Tage suchen sie ihn, bis sie ihn endlich dort finden, wo sie ihn nicht vermuteten – nicht bei Gleichaltrigen, nicht bei leiben Anverwandten, sondern bei den Gelehrten.

Der Ausgangspunkt aber war ein Missverständnis. Maria und Josef „meinten“ er sei in gewohnter Umgebung bei der Pilgergruppe. Genau hingeschaut hatt sie da noch nicht. So ist das oft im Leben: Gutes Meinen reicht nicht immer. Im Gegenteil: Es lohnt sich, genau hinzuschauen, gerade dann, wenn man meint, Gewohntes schon zu kennen. Das gilt für den normalen Alltag wie für die Heilige Schrift. Da gibt es soviel Ungewohntes zu entdecken – auch heute noch!

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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