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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 25. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Weit über 3500 bekannt gewordene Opfer (die Dunkelziffer wird vermutlich noch deutlich höher liegen) sexuellen Kindesmissbrauchs durch Priester der Katholischen Kirche, die offizielle Vorstellung der Zahlen und Inhalte der Studie ist für übermorgen anberaumt.

Wie – im wahrsten Sinne des Wortes – um Gottes Willen, kann das sein. Wie können, durch ihre Aufgabe als Priester und Seelsorger, herausgehobene Vertreter dieser Kirche, die Botschaft Jesu nur so unfassbar pervertieren? Und warum haben die Verantwortlichen in den Bistümern nicht in jedem einzelnen Fall umgehend und sofort reagiert, um solche Verbrechen bekannt zu machen und zu unterbinden, stattdessen an vielen Stellen, wobei jede einzelne schon zu viel wäre, den Mantel des Schweigens darübergelegt und eine Versetzung irgendwohin, wo keiner etwas wusste, veranlasst, anstatt sofort zu suspendieren. Das damit angerichtete Leid ist unvorstellbar. So benennt es auch der Theologe und Psychiater Dr. Manfred Lütz in seinem Interview mit der Rheinischen Post am vergangenen Donnerstag

„Dass ausgerechnet Priester, die immer wieder von der Liebe Gottes geredet haben, junge Menschen missbraucht haben, ist ein himmelschreiender Skandal. Da ist nichts kleinzureden.“

Hier ist eigentlich kein Platz für persönliche Bemerkungen, aber in diesem Fall muss es sein: Ich bin sprachlos darüber, dass mancherorts offensichtlich oftmals Täterschutz über Opferschutz stand und steht! Und ich hoffe, dass aus der Studie jetzt Konsequenzen gezogen werden. Erschütterungsbekundungen von führenden Kirchenvertretern in den verschiedenen Bistümern sind gut und wenn sie authentisch sind, auch sehr wichtig, noch wichtiger wäre aber, die Zusicherung, dass für jeden Täter, der ermittelt worden ist durch die Studie, und dessen Schuld feststeht, auch Konsequenzen folgen, die ihm ein solches Verbrechen an den Schutzbedürftigsten unserer Gesellschaft, nicht mehr ermöglichen. Die Zerstörung dieser Kinderseelen verjährt nie. In einer Parallelstelle zum heutigen Text aus dem Markusevangeliums, heißt es im weiteren Verlauf bei Matthäus:

„Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg!“ (Mt 18,8)

 – vielleicht zu übersetzen in: wenn die Möglichkeiten und der Kontakt mit Kindern, den die Aufgaben eines Seelsorgers mit sich bringen, dich zum Bösen verführen, dann begib dich nicht mehr in diese Gefahr und schütze somit dich und andere vor dir, (und wenn derjenige selbst diesen Schritt nicht gehen kann, z.B. wegen mangelnder Einsicht, dann müssen andere eben die entsprechenden Dinge veranlassen) – und weiter

„Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten“ (Mt 18,10).

Die Empfehlung im Verlauf der zitierten Bibelstelle, dass ein solcher Mensch besser mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde, ist wohl nicht wörtlich zu verstehen, gibt aber einen Hinweis darauf, wie Jesus dieses Übel bewertet. 

„Wir“ als Kirche müssen lernen, die Tatsachen klar zu benennen, ohne `verschwurbelte` Sprache, den Opfern alle mögliche Hilfe anzubieten und ihnen zumindest insofern zu ihrem Recht verhelfen, dass dafür gesorgt wird, dass die Täter nie wieder erneut zu Tätern werden können, jedenfalls soweit dies in der Macht der Verantwortlichen in der Kirche steht. 

Kindesmissbrauch ist eine schwere Straftat und kein Kavaliersdelikt, kein „ach, das hat der Herr Pfarrer bestimmt nicht so gemeint“, sondern zusätzlich dazu noch ein nicht wiedergutzumachender Vertrauensmissbrauch, der oftmals auch das Vertrauen in Gott, dessen Kirche wir alle sind, aber eben auch die Täter, zerstört, denn durch unsere hohen moralischen Ansprüche, werden wir auch an diesen gemessen. Wir haben jetzt die Chance Vertrauen zurück zu gewinnen, aber nur mit lückenloser Aufklärung und Rausschmiss aller, die dieses Vertrauen missbraucht haben. Das größte Problem der Kirche von heute sind nicht wiederverheiratet geschiedene oder evangelische Christen, die die Kommunion empfangen möchten, sondern Priester, die trotz schwerer persönlicher Verfehlung der Eucharistie vorstehen, Verantwortung für Gemeinden tragen und denen potentielle Opfer schutzlos ausgeliefert sind. Diesem Vertrauensverlust muss unbedingt entgegengewirkt werden.

Nur wenn diese Wunden zunächst einmal erkannt und dann – wenn auch sicherlich nicht narbenfrei – geheilt wurden, kann Gottes Botschaft wieder durchdringen, die alles Leid und alles Böse dieser Welt überstrahlen kann, die Weisheit Gottes, von der es im Jakobusbrief heißt:

„Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht.“ (Jak 3,17)

Ich wünsche Ihnen und uns allen den Mut, Missstände zu benennen, Konsequenzen zu ziehen, Hilfe zu leisten und so dann auch Gottes Botschaft wieder strahlen lassen zu können. Das entstandene Leid ist nicht wieder gut zu machen, aber wir – die Kirche – können daran mitwirken, dass es nicht noch größer wird.

Ihre Katharina Nowak

Author: Katharina Nowak

Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.

2 Kommentare

  1. Michael schrieb am 23. September 2018 um 08:59 :

    Danke für die klaren Worte!
    Vor wenigen Tagen hat der Papst betont, dass sich seine Bischöfe bewußt seien sollten, dass sie von Christus erwählt worden seien, auch wenn sie Fehler machten. Das, so glaubt der Papst, mache demütig. (www.katholisch.de,11.09.2018)
    Liegt der Papst da richtig? Lehren nicht grade die im Artikel aufgezeigten Probleme das Gegenteil?
    Auch wenn die sexualisierte Gewalt gegen Kinder sicherlich komplexere Ursachen hat, so ist der Glaube an die eigene Erwähltheit durch Christus persönlich wohl so manches Mal ein Beitrag zum Gefühl der eigenen geistlichen, psychischen und juristischen Immunität. Zur Lösung der angesprochenen Probleme ist das meiner Ansicht nach wenig hilfreich.
    Längst ist klar geworden, dass der Missbrauch ein systemisches Problem der Weltkirche ist. Das gilt bis in die obersten Ämter hinein.
    Wenn die Kirche langsam begreift, dass in ihren eigenen Strukturen etwas zu ändern ist, dann wäre auch hier ein sinnvoller Ansatz.
    Hat nicht Jesus selbst betont, dass sich niemand des Himmelreiches ganz sicher sein kann? „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten und haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und haben wir nicht in deinem Namen viele Machttaten gewirkt?
    Dann werde ich ihnen antworten: Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Gesetzlosen!“ (Matth. 7, 21-23)
    Unter den letzten Päpsten wurden einige Irrtümer der Kirche korrigiert und einige Entschuldigungen für durch die Kirche erlittenes Unrecht abgegeben.- Das sollte vorsichtig und demütig machen – nicht der Glaube an die eigene Erwähltheit.

  2. Maria Reger schrieb am 28. September 2018 um 13:46 :

    Wenn der Missbrauchsskandal eines zeigt, dann doch wohl das, dass die Kirche nicht in der Lage ist zu entscheiden, ob jemand berufen ist oder nicht. Die Frauenordination muss her, um dieser männerbündischen Haufen zu sprengen. Bei dieser Gelegenheit sollte das Weiheamt mal wieder auf ein gesundes Maß zurückgestutzt werden!

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