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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 28. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Worte werden erst im Hören wirksam. Das Wort allein ist nur Laut. Erst wenn es gehört und interpretiert wird, sich in der Hörerin und dem Hörer inkarniert, Fleisch wird, also neu Gestalt annimmt, kommt das Wort zu sich selbst und wird, was es ist: Wort!

Es liegt im Wesen des Wortes, dass es wirkt. Wort sind performativ. Sie ändern und verändern. Sie erzeugen neue Haltungen oder bestätigen alte. Sie stellen in Frage und festigen. Das ist die schöpferische Kraft der Worte. Der Mensch bedeutet die Laute. Erst die Bedeutung erhebt das Wort aus dem Geräusch und macht aus weißrauschendem Gebrabbel wirksame Botschaft. Sprechen, Hören, Deuten sind die Dimensionen der Worte. In diesen drei Dimensionen wirkt sich das Wort zur gestaltenden Botschaft aus. Ohne Sprecher keine Worte; ohne Hörer keine Wirkung; ohne Deutung keine Verinnerlichung.

Das Wort ist komplex; noch komplexer ist die Wirkung der Worte. Auf dem Weg vom Mund zum Ohr kann viel passieren und noch mehr schiefgehen. Konflikte haben hier ihre Ursache. Ein uneindeutiges Wort ist offen für viele Interpretationen. Auch bei klaren Botschaften ist noch lange nicht gesagt, ob der Hörer das Gesagte auch im Sinn der Sprecherin versteht. Und selbst wenn Gemeintes und Verstandenes in großer Nähe zueinander sind, ist noch lange nicht gesagt, ob die Hörerin im Sinne des Sprechers handelt. Die Macht der Worte ist schwer zu beherrschen. Es ist eine göttliche Macht, die dem Menschen gegeben ist. Vielleicht tut der Mensch sich gerade deshalb schwer mit der Macht der Worte, weil sie eigentlich zu groß für ihn ist. Der Mensch erschafft mit seinen Worten nur allzu oft Wirklichkeiten, derer er nicht mehr Herr wird. Er sollte vorsichtiger mit der Macht der Worte umgehen, kann aber nur selten der Versuchung widerstehen.


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kath 2:30 Dies DominiDies domini – Fest Taufe des Herrn, Lesejahr C

der Mensch ist seiner Natur nach ein Lückenfüller. Er kann nicht anders. Er kann mit Sinnlosigkeit nicht leben. Ob gekonnt oder aus Unvermögen, ob aus solidem Wissen oder unbewusst – der Mensch muss die Dinge in einen Zusammenhang bringen und sie ordnen. Dieser Vorgang ist nicht objektiv. Er kann es nicht sein. Es ist ja die subjektive Perspektive des Einzelnen, seine eigene Weltsicht, aus der heraus die Dinge gedeutet werden und so Bedeutung bekommen. Nur allzu gerne sieht sich der Einzelne als Absolutum, der die Dinge in Relation zu sich setzt.

Die Welt ist voller Lücken. Der Mensch kann schließlich nur die Oberfläche der Dinge betrachten. Von ihrer äußeren Erscheinung her muss er auf die inneren Zusammenhänge schließen. Die Objekte, die ihm mehr oder weniger unverbunden gegenüber stehen, setzt er so nolens volens – wollend nichtwollend – in Beziehung zueinander. Texte funktionieren so. Indem Sie, liebe Leserin und lieber Leser, diesen Text lesen, machen Sie sich ein konkretes Bild von dem Menschen, von dem bisher die Rede war. Der bisherige Text hatte noch nicht ausgeführt, ob es ein weiblicher oder ein männlicher Mensch war. Und doch hat dieser Mensch in Ihrer Phantasie bereits Gestalt angenommen – als Mann oder als Frau. Sie haben die Leerstelle, die der Text Ihnen bisher gelassen hat, bereits gefüllt. Sie haben diesem Menschen ein Gesicht gegeben. Es war möglicherweise ein westeuropäisches Gesicht, vielleicht aber auch ein Gesicht mit anderem Teint und anderer Physiognomie. Texte funktionieren genau so. Sie lassen Lücken, die wir als Leserinnen und Leser automatisch füllen. Wir können gar nicht anders. Selbst wenn dieser Text den Menschen, von dem bisher allgemein die Rede war, noch genauer gefasst und etwa seine Augen- und Haarfarbe, seine körperliche Statur usw. beschrieben hätte – es würden noch genügend Leerstellen übrig bleiben. Kein Text kann so exakt sein, dass er keine Lücken beinhalten würde. Selbst wenn der Text den intendierten Menschen in seiner Gänze zu beschreiben in der Lage gewesen wäre, es würde doch der Kontext fehlen, die Landschaft, der Raum, in den die Phantasie des Lesers und der Leserin den Menschen abbilden würde. Die Welt bleibt voller Lücken, die der Mensch zu füllen hat.


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