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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 30. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Wenn man die Texte der nächsten Tage, des Sonntags und des Festtags Allerheiligen betrachtet, findet man gleich zwei bekannte und für das Verständnis unseres Glaubens und damit auch unserer Lebenseinstellung existentielle Texte. Zunächst im sonntäglichen Evangelium das Doppelgebot der Liebe, der Gottes- und der Nächstenliebe.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Mt 22, 37ff.)

Und dann im Evangelium von Allerheiligen die Seligpreisungen, die immer wieder gerade solche „Nächste“ in den Blick nehmen, die zunächst einmal in ihrer momentanen Lebenssituation nicht besonders privilegiert wirken: Arme, Trauernde, Hungernde und Dürstende nach Gerechtigkeit, Verfolgte und Beschimpfte, aber auch die, die für eine wohlwollende Gesellschaft unverzichtbar sind: die, die keine Gewalt anwenden, die, die Frieden stiften, die Barmherzigen und die Menschen, die ein reines Herz haben. All diesen Personen – die wir selbst sein können, aber auch unsere Nächsten – , wird etwas versprochen und zwar direkt in der ersten Seligpreisung nichts Geringeres als „das Himmelreich“.

Und auch die Lesung von Allerheiligen aus dem Johannesbrief führt uns den Kern unserer Existenz vor Augen:

„Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es.“ (1 Joh 3,1-3)

Wie einfach, wie schön und wie friedlich könnte ein jeder leben, wenn sich nur alle, durch diesen Zuspruch gestärkt, an das Doppelgebot wagen würden. Und in dieses Harmoniegefühl hagelt es dann von allen Seiten #metoo. Und mit diesem „me too“, also „ich auch“, ist nicht gemeint: ja, auch ich bin ein geliebtes Kind Gottes. Ja auch ich werde von meinen Mitmenschen wertgeschätzt und geachtet. Nein, dieses #metoo signalisiert Grenzüberschreitungen der persönlichen Integrität, unerwünschte Eingriffe in die Privat- und Intimsphäre und immer wieder auch Missachtung der eigenen Person durch andere aufgrund des Geschlechts. Aber was zeigt uns diese Debatte um ein sehr sensibles und oftmals auch sehr persönliches Thema; es zeigt, dass „sich aufgrund des Geschlechts diskreditiert fühlen“ ein Gefühl ist, dass offensichtlich in allen Bevölkerungsschichten und allen Altersklassen bei vielen Frauen ein bekanntes Gefühl ist. Dies ist alarmierend und sollte idealerweise ein gesellschaftliches Umdenken anstoßen. Die – und so ehrlich muss man sein – Minderheit der Männer, die Frauen nicht als ihnen gleichwertig ansehen, müssen von jeder einzelnen Frau, vor allem aber von der Gesellschaft und unserem Rechtsstaat ihre Grenzen deutlich aufgezeigt bekommen. Und wenn jemand aufgrund seiner Herkunft Haftverkürzung erhält, wie es im noch nicht rechtskräftigen, aber zumindest schon getroffenen Urteil, den Vergewaltiger einer jungen Frau betreffend, vorgesehen ist – inhaltlich so zusammengefasst werden kann: das Gericht ist unter dem geforderten Strafmaß der Staatsanwaltschaft geblieben, weil der Angeklagte als Ausländer besonders „haftempfindlich“ sei. Ob dies – ohne juristische Kenntnisse – so eine vernünftige Begründung ist, sei mal dahingestellt. Hierbei geht es aber natürlich um absolute Härtefälle, die keinerlei Interpretationsspielraum lassen. Oftmals geht es bei der derzeitigen Debatte aber ja um „alltägliche Grenzüberschreitungen“, die aber, und da wird es problematisch, auch für die Männer, subjektiv beurteilt werden. Etwas ist dann übergriffig, wenn die Frau es als solches empfindet (selbstverständlich gilt das gleiche auch für Männer, was interessanterweise aber nicht thematisiert wird). Etwas, dass der oder die eine als Kompliment empfindet, würde von jemand anderem vielleicht als übergriffig oder sexistisch bewertet. Prominentes Beispiel hierfür ist sicherlich die Berliner Staatsministerin Sawsan Chebli, deren Post bei Facebook große Welle geschlagen hat, indem sie einen aus ihrer Sicht sexistischen Angriff des Vorsitzenden einer Veranstaltung, bei der sie als Gastrednerin geladen war, anprangert. Für sie eine schockierende Erfahrung, für viele andere – so ist es den Kommentaren zu entnehmen – auch, aber für ebenfalls viele, handelt es sich einfach um – vielleicht nicht zwingend notwendige und gegebenenfalls auch dem Kontext nicht angemessene, aber dennoch harmlose und keinesfalls diskriminierende oder sexistische Äußerungen, sondern eher Komplimente.

Was hat das alles nun aber mit unseren biblischen Texten zu tun? Zunächst mal ist ein Appell daraus abzuleiten: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst. Also behandle deinen Nächsten und deine Nächste so wie du behandelt werden möchtest. Dies gilt immer, aber auch im Hinblick auf die Sexismus-Debatte für beide Seiten.

Würdige niemanden herab, aufgrund seines Geschlechts (seiner Herkunft, seiner Sprache, seiner Religion, seiner Hautfarbe, seinem Bildungsstand, seiner psychischen oder physischen Gesundheit….), sondern erkenne in jedem deiner Mitmenschen, auch wenn es bisweilen schwer sein mag, das geliebte Kind Gottes.

Lass dich nicht herabwürdigen, denn jeder soll den Nächsten lieben, WIE sich selbst. Stehen wir unsere Frau und unseren Mann. Ein offenes und direktes „Nein“ hilft wahrscheinlich beiden Seiten mehr, als ein #metoo nach vielen Jahren.

Und die feste Zusage, die Jesus all denen gibt, die sich einer ungerechten Behandlung ausgesetzt fühlen:

„Selig die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.“ (Mt 5, 6)

Dies soll keine Vertröstung auf „irgendwann einmal“ sein, sondern vielmehr Ansporn sein für uns, an dem großen Projekt unserer Zeit, eine wirklich und im Kern gerechte Gesellschaft aufzubauen, mitzuarbeiten.

Seien wir uns unserer Gotteskindschaft bewusst, erfreuen wir uns an ihr, aber lassen Sie uns daraus auch die nötigen Schlüsse ziehen. Dazu wünsche ich uns allen viel Mut und Kraft für die kommende Woche, gestärkt von der Gewissheit und der Zusage Gottes, seine geliebten Töchter und Söhne zu sein.

Ihre Katharina Nowak

Author: Katharina Nowak

Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.

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