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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 5. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Worte können die Welt verändern. Und manches Wort ist schärfer als ein Schwert. Wer mit Worten umzugehen weiß, ist mächtig. Und dass Worte gefährlich sein können, erfahren gerade in der letzten Zeit viele Wortgewandte ganz gewaltig. Es ist nicht nur die unschickliche Bemerkung eines scheidenden Erzbischofs über die Bedeutung der Religionszugehörigkeit für den Wert von Familien, die vor kurzem für rechten Unbill und heilige Entrüstung sorgte. Auch andere, für die das Wortführen geradezu existentielle Bedeutung hat, haben erfahren müssen, dass gewandte Worte sich gegen den wenden können, der sie verwendet: Publizistinnen und Politiker, Politikerinnen und Publizisten setzen eben manchmal nicht nur schneidige verbale Attacken, sondern drehen mit Worten auch an der Wirklichkeit. Zuletzt waren es die Feministin und Publizistin Alice Schwarzer und der ehemalige NRW-Landesfinanzminister und CDU-Schatzmeister Helmut Linssen, die durch ihr Finanzgebaren die eigene Glaubwürdigkeit verschacherten.

Glaubwürdigkeit ist das eigentliche Kapital all derer, die mit Worten und vom Wort leben. Das Wort allein ist ein Nichts. Das Wort ist lediglich eine semantische Hülle für etwas, das es bezeichnet. Worte können solche Wirklichkeiten schaffen. Worte können wirken. Damit das gelingt bedarf es der Übereinstimmung von dem, was als Wort gesagt wird, und dem, was gemeint ist. Erst diese Kongruenz macht das Wort scharf und wirkmächtig. Fehlt diese Kongruenz, erweist sich ein gesprochenes Wort als hohl und gebrochen.

Die Macht des Wortes erweist sich erst in der Tat. Selbst die Schöpfungsmacht des göttlichen Wortes erweist sich erst darin, in dem die Schöpfung wirklich wird. Wahre Worte stehen in einer unauflösbaren Korrelation mit einer Tat, die dem Wort entspricht. Erst indem das Wort Fleisch wird, erweist es seine Wirkmächtigkeit. So erweist sich in der unüberbietbaren Fleischwerdung des göttlichen Wortes in Jesus Christus, dass Gottes Verheißungen mehr als hohle Wort sind: Gott ist treu!

Diese Verflechtung von Wort und Tat ist in Jesus Christus selbst immer wieder sichtbar: Hier ist einer, der nicht nur Worte redet. Er handelt auch. Es sind gerade diese Taten, die seinen Worten Kraft verleihen. Und es sind beileibe nicht nur schöne Worte, die er sagt. Nicht umsonst endet sein Weg am Kreuz, dieser letzten Konsequenz, vor der er nicht weggelaufen ist. Wie leicht wäre es gewesen, sich in Bethanien zu verstecken, oder heimlich nach Nazareth zu fliehen, wo ihn niemand suchen würde. Seine Jünger haben so gehandelt, bevor sie lernten, dass man Worten auch Taten folgen lassen muss, wenn man sich nicht lächerlich machen will.

Die Differenz von Schein und Sein ist das Wesen des Witzes. Manch einer macht sich selbst in diesen Tagen zum Witz. Und die Welt lacht und entzaubert die Worte der Moralapostel. Die Reaktion derer, die das Gelächter selbst provoziert haben, ist nicht selten erstaunlich humorlos. Man stilisiert sich selbst als Verfolgte oder Verfolgter. Mal sind es die vermeintlich kathophobischen Angriffe einer insinuierten kirchenfeindlichen medialen Öffentlichkeit, mal die angebliche Bedrohungssituation, die Anlass gibt, ein goldenes Nest in der Nähe weißer Berge einzurichten, in das man sich fliehen kann. Liebe Leute! – möchte man da rufen – Schaut in den Spiegel! Ihr seid entlarvt! Der Kaiser ist nackt – und mag er von noch so schönen Kleidern reden.

Die Erkenntnis, auch nur ein normaler Mensch zu sein, tut gerade denen weh, die sich über andere erhoben haben – sei es, weil sie sich auf besondere Weise berufen wähnen, sei es, dass sie nach einer selbst definierten Gerechtigkeit streben. Es ist wie im Paradies: In dem Moment, in dem Eva und Adam zwischen Gut und Böse zu unterscheiden lernen, erkennen sie, dass sie nackt sind. Wie unmündige Kinder haben sie sich bisher daran nicht gestört. Jetzt, wo ihr Reifungsprozess begonnen hat, empfinden sie Scham ob ihrer Schutzlosigkeit. Im Erwachsenwerden lernen sie nicht nur, diese Nacktheit und Schutzlosigkeit als zu ihnen gehörend anzunehmen; sie lernen auch, mit ihr umzugehen. Letztlich ist es Gott selbst, der ihnen Kleider macht, damit sie ihre Unbeschütztheit kompensieren können.

Natürlich sind Fehler menschlich. Zum Erwachsensein gehört es daher, den eigenen Fehler anzunehmen – nicht nur mit Worten tränenreicher Entschuldigungen, sondern eben auch mit Taten. Wer diese Taten schuldig bleibt, entblößt sich auf kindische Weise selbst.

Die Lesungen vom 5. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres B stellen diese Notwendigkeit der Übereinstimmung von Wort und Tat auf eigene Weise vor Augen. So mahnt Paulus in der zweiten Lesung:

Meine Botschaft und Verkündigung war nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte, sondern war mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden, damit sich euer Glaube nicht auf Menschenweisheit stützte, sondern auf die Kraft Gottes. (1 Korintherbrief 2,4f)

Schöne Meditationen und fromme Gedanken sind noch keine Verkündigung. Wer wirklich Menschen für Gott gewinnen will, muss nicht nur über ihn reden um zu überreden, er muss mit Herz und Verstand überzeugen, vor allem aber mit der Tat, wie es bei Jesaja in der ersten Lesung heißt:

Teile an die Hungrigen dein Brot aus, nimm die obdachlosen Armen ins Haus auf, wenn du einen Nackten siehst, bekleide ihn und entziehe dich nicht deinen Verwandten. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.  (Jesaja 58,7f)

Erst wer den Menschen Brot und Schutz gibt, darf auch von der Liebe Gottes reden. Sonst bleiben seine schönen Worte hohl. Auch hohle Worte haben Macht, denn ihre Hohlheit umfängt den, der sie spricht.

Wer nicht in die Falle verbaler Hohlräume stürzen möchte, der muss seinen Worten auch Taten folgen lassen. Ein solcher Mann und eine solche Frau wird zum Salz der Erde. Aber auch das Salz der Erde kann seinen Geschmack verlieren, so dass Jesus im Evangelium des 5. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahres A mahnt:

Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten. (Matthäus 5,13)

Es ist also nicht damit getan, ein bisschen zu tun. Wer es ernst meint, muss die Konsequenzen in Kauf nehmen. Wer dazu nicht bereit ist, sollte besser schweigen. Allzu viele von denen, die nur allzu gerne leuchten würden, haben in der letzten Zeit eine Gelegenheit zum Schweigen verpasst.

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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