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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Elfter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Die Versuchung ist immer groß, sich Gott nach eigenem Bilde zu erschaffen. Das ist die wohl größte Versuchung des Glaubens – und Zeugnisse für diese Versuchung gibt es gerade in der jüngeren Vergangenheit einige. Gerne wird Gott nach eigenem Gusto mit Attributen belegt: Gott ist dann lieb, arm oder queer. Weit entfernt davon, sich wenigstens an den Schriften, die Glaubende als Wort Gottes bezeichnen, zu orientieren, wird Gott so verfügbar gemacht und zu einem rhetorische Stilmittel degradiert, dem man scheinbar kaum widersprechen kann – zumindest dann nicht, wenn man übersieht, dass Gott als Ursache allen Seins immanent dialektisch ist. Die so bedingte coincidentia oppositorum, der Zusammenfall der Gegensätze in Gott, bringt mit sich, dass ein allmächtiger Gott immer auch ohnmächtig ist, ein lieber Gott die Auseinandersetzung mit dem vermeintlich bösen herausfordert, die göttliche Armut wahrer Reichtum ist und auch queer, trans und cis in Gott vereint sind. Wer die Komplexität der Gott innewohnenden Paradoxie übersieht, macht sich seinen Gott. Vorsicht ist also ebenso geboten, wenn ein Satz mit „Gott ist …“ beginnt, oder Verkünderinnen und Verkünder im Brustton der Überzeugung glauben zu wissen, was Gott will. Freilich scheint das Problem schon zu Zeiten der Propheten virulent gewesen zu sein, so dass Gott, der Herr, selbst durch deren Mund mahnt:

Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte. (Hosea 11,9)

und

Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des HERRN. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken. (Jesaja 55,8f)

Diese Dialektik übersehen freilich nur allzu schnell auch jene, die sofort mit Kritik bei der Hand sind und die göttliche Verfügbarkeitsrhetorik mit dem Verweis einhegen wollen, Glaube und Religion seien gerade nicht politisch. Da sind die Schriften sowohl des Neuen wie des altehrwürdigen Bundes freilich anderer Ansicht. Die Dialektik des göttlichen Paradoxons gebietet geradezu, dass Gott Partei ergreift für die unter seinen Geschöpfen, die von anderen seiner Geschöpfe unterdrückt werden. Das Beispiel des von ihm erwählten Volkes, von dem die erste Lesung des elften Sonntags im Jahreskreis des Lesejahres A erzählt, bezeugt dies:


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Dies domini – 2. Sonntag nach Weihnachten, Lesejahr Ckath 2:30 Dies Domini

„Im Anfang war das Wort
Und das Wort war bei Gott
und das Wort war Gott.
Dieses war im Anfang bei Gott.“ (Joh 1,1f.)

Damit beginnt das Johannes-Evangelium und der zentrale Text unseres Sonntags. Worte, die wir schon oft gehört haben, die wir als dicht, markant und bedeutungsschwer, aber vielleicht doch auch als weit entfernt von unserer Lebenswirklichkeit empfunden haben. Hohe Literatur und hohe Theologie.

„Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Joh 1,3ff.)

So setzt der Evangelist fort und wenn wir uns einmal der Möglichkeit aussetzen, dass wir nicht alles im Licht der vernünftigen Aufklärung verstehen müssen, weil wir es dazu nicht stets auf den rechten Begriff zu bringen vermögen, dann könnte man doch annehmen, dass hier eine Wirklichkeit ausgedrückt werden soll, die uns zwar übersteigt, aber auch voraus liegt. Alles was geworden ist, also doch auch wir als geschaffene Wesen, wurden auch durch das Wort. Also wird man ohne Vereinnahmung der Absichten des Evangelisten doch sagen dürfen, wir selbst seien dieses Wort, das Gott an uns richtet. Wir sind die Flaschenpost, wie es P. Salmann einmal in einem wunderlichen, aber auch wunderbaren Bild beschrieben hat, die an unseren Strand gespült wurde und jetzt sitzen wir da und entkorken und entziffern sie. Was mag mit uns gemeint sein?


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Erster Adventssonntag, Lesejahr B

Komplexe Sehnsucht erfasst den Menschen an den Rändern seiner Existenz. In den Abgrund des Seins schauend wird jeder zum Kind. Die schiere Unfassbarkeit und Größe erahnend bleibt nur der Ruf den Halt helfender Hände, die im Schwindel unausweichlicher Ohnmacht festhält. Im Ahnen des Scheiterns soll Hilfe von oben kommen, von denen, die noch die Macht haben, die Dinge zu richten und zu retten. Die sollen es machen, wo man selbst nichts machen kann. Von Kindesbeinen an hat der Mensch gelernt, dass da Vater und Mutter sind, die das Unlösbare lösen – oder eben auch nicht.

Entwicklungspsychologisch ist es die früheste Kindheit, in der der Mensch die einmalige Chance hat, Urvertrauen zu entwickeln. Es ist eine fragile Zeit, in der Vater und Mutter gottgleich die eigene Existenz gewährleisten. Selig der Mensch, der sich auf Vater und Mutter verlassen konnte; später um Seligkeit ringend diejenigen, deren selbstverständlich hoffende Kindesliebe auf wenig Resonanz stieß. Es gibt weder da noch dort Automatismen. Das Leben kann bei einer schwierigen Kindheit genauso gelingen wie das einer geborgenen Kindheit scheitern kann. Das Urvertrauen aber, jene Haltung einer grundständigen Gelassenheit, die sich aus der existentiellen und vorbewussten Erfahrung nährt, unverdient geschützt worden zu sein, ist nicht substituierbar. Das Leben eines Menschen erfährt bereits eine Prägung, wenn er kaum schwarz von Weiß unterscheiden kann. Vater- und Mutterschaft ist ein wahrhaft göttlicher Auftrag, eine Verantwortung dem neuen Leben gegenüber, eine Zumutung, aus der ebenso Verheißung wie Fluch erwachsen können. Angst und Schrecken mögen die überfallen, die sich dessen bewusst werden, aber gleichzeitig auch Freude und Stolz, dass das Sein ihnen das zutraut.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Geht man derzeit durch unsere Städte und Dörfer, begegnen uns all überall auf Plakatständern, an Straßenlaternen und den großformatigen „Wesselmännern“ Wahlplakate aller möglichen und unmöglichen Parteien und Gruppierungen, auch solche, die uns, wie an der Kirche St. Laurentius in Wuppertal, auffordern, nur „keinen Scheiß“ mit unserm Kreuz zu machen, wozu ein „jesusartiger“ langhaariger Zeitgenosse uns freundlich lächelnd auffordert.

Und auch im Sonntagsevangelium geht es um das Kreuz, wenn Jesus seine Jünger auffordert, in seiner Nachfolge ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm nachzufolgen.

„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Mt 16,24)

Selbst die Lesung des Römerbriefs warnt vor der Gleichmacherei mit der Welt:


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Meisterlich versteht es der Mensch, die Dinge so zurecht zu denken, dass er sie in seinem jeweiligen Selbst- und Weltbild fassen kann. Wie selbstverständlich definiert er sich als Absolutum, von dem aus die Welt zu fassen ist. Das ist in gewisser Weise verständlich, denn der Mensch besitzt nur diese eine Perspektive, aus der heraus er die Welt sinnlich erfassen kann. Es ist sein Standpunkt, aus dem er die Welt wahrnimmt. Paart sich dieser egomanische Zentrismus aber mit einer Unfähigkeit zur Selbstreflexion und –relativierung, dann erhebt sich der Mensch schnell selbst zum Maß aller Dinge.

Eine Frucht dieses anthropologischen Autismus, der nicht wenige Zeitgenossen befällt, ist ein Mangel an emotionaler und kommunikativer Kompetenz. Weil er sich selbst und seinen kleine Weltausschnitt zum Maß aller Dinge macht, wird das Fremde und Unbekannte zur Bedrohung.  Dem archaischen Urtrieb folgend reagiert er mit Angst. Er hat sich zwar selbst zum Maß aller Dinge gemacht; ihm fehlt allerdings ein Bewusstsein seiner selbst. Denn Selbstbewusstsein erwächst erst aus der Fähigkeit, von sich selbst zu abstrahieren, sich aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten, gewissermaßen mit den Augen eines Gegenübers. Selbstbewusst kann nur der sein, der seine Identität aus der Begegnung mit dem Anderen und vielleicht auch Fremden herausbildet.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Fest Taufe des Herrn/Sonntag nach dem 6. Januar, Lesejahr B

Die Weisheit einer Weltanschauung erweist sich nicht in klugen Theorien und Hypothesen, sondern in ihrer Lebenstauglichkeit. Die Weise zu leben ist der eigentliche Gehalt der Religion, nicht primär eine Ansammlung von Glaubenssätzen. Die zentrale Frage, worin die re-ligio, die Rückbindung eines Menschen besteht, prägt seine Haltung dem Leben gegenüber. So gesehen hat Religion an sich nichts mit dem Glauben an Gott zu tun. Auch der Agnostiker, um ein Beispiel zu nennen, ist in diesem Sinne religiös, denn er bindet seine Lebensweise an die Auffassung zurück, man können Gott nicht mit innerweltlichen Mitteln erkennen; mehr noch: Gott sei prinzipiell nicht erkennbar (womit nichts über die Frage der Existenz Gottes gesagt ist, sondern eben nur über die Unmöglichkeit, ihn zu erkennen).

Religion ist also an sich zuerst nichts anderes als eine conditio humana, eine urmenschliche Eigenschaft. Jeder Mensch muss eine Haltung zum Leben einnehmen. Jeder Mensch errichtet in seinem Leben ein Fundament, das seine Lebensweise bestimmt. Diese Lebensweise bestimmt auch, wie er anderen Menschen gegenüber tritt.

Die Lebensweise eines Menschen wird durch die Art seiner re-ligio, der Rückbindung an die Grundaxiome seines Lebens bestimmt. Ob Gott eine Rolle im Leben eines Menschen spielt, entscheidet nicht darüber, ob dieser Mensch moralisch gut lebt oder nicht. Humanisten fühlen sich so nicht einem göttlichen Wesen gegenüber verantwortlich, wohl aber den Menschrechten. Die allgemein menschlich Konvention wird dann zur Basis des eigenen Lebens, an der man sein Verhalten ausrichtet. Wer sich hingegen einem Gott als absoluter Instanz gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet weiß, wird sein Verhalten an den Forderungen ausrichten, die sich aus dem Bild Gottes ergeben, das der betreffende Mensch hat.


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oder: Gottes Liebe und des Menschen Freiheit

kath 2:30 Auf ein Wort LogoWie oft wünschen wir uns gerade in den großen und kleinen Krisen und Katastrophen des Lebens, Gott möge doch helfend eingreifen und alles – möglichst sofort und in unserem Sinne – zum Guten wenden. Und wie oft wenden wir uns dann ob des scheinbaren Ausbleibens der göttlichen Rettungstat enttäuscht ab und klagen Gott an, wie er das alles denn überhaupt zulassen könne. Letztlich wünschen wir uns, Gott würde solange an den Stellschrauben des Lebens drehen, bis alles stimmt und bis das Leid aus der Welt fortgenommen ist.

Gott als großer Mechaniker und das Leben als Uhrwerk, bei dem alles nach Plan verläuft – ein verlockender, aber auch ein gefährlicher Gedanke. Denn ein solcher Gott könnte dem Menschen keine Freiheit zubilligen. Das Leben würde einem inneren Zwang folgen, der jeden freien Willen ausschlösse. Computer funktionieren so, nicht aber der Mensch. Der Kurzfilm „Spin“ von Jamin Winans spekuliert mit der Möglichkeit, Gott würde an den Stellschrauben des Lebens drehen und so das Schicksal der Menschen beeinflussen (sehen Sie hier den Film bei Youtube).

(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von DoubleEdgeFilms)


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