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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 7. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Wir befinden uns mitten im Monat Mai – und damit in der Primetime für Hochzeiten. Genau in diesem Moment stellt die Leseordnung uns die Lesung aus dem ersten Johannesbrief dessen Kernthema die Liebe ist, flankiert vom Evangelium nach Johannes, das von der Fürbitte Jesu für seine Jünger, die er so sehr liebt, handelt, vor.

Was können uns diese Texte also sagen? Brauchen wir sie um die Liebe zu „verstehen“? Erst einmal würden wir dies wahrscheinlich verneinen, da sicher die meisten – hoffentlich alle – von uns schon ihre eigenen Erfahrungen mit Liebe jeglicher Art, zu seinen Eltern, Kindern, Freunden und Partnern gemacht hat. Wir wissen, wie es sich anfühlt angenommen zu sein, mit allen Eigenarten, die jeder Mensch – Gott sei Dank – hat. Wir kennen das Gefühl zu lieben, bedingungslos Zuneigung zu schenken und dadurch selbst beschenkt zu werden.

Und dennoch geben die Texte unserem rein menschlichen Verständnis von Liebe eine weitere Dimension. Schon das Evangelium macht deutlich welches hohe Maß an Fürsorge Jesus für seine Jünger empfindet, denn  er bietet für sie schon jetzt, während er noch unter ihnen weilt, für die Zeit, wenn er zum Vater gehen wird. Dass sie weiterhin bewahrt und behütet bleiben, dass Gott sie alle in seiner Hand hält und ihnen beisteht – auch wenn die Welt sie hasst.

„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern, dass du sie vor dem Bösen bewahrst.“ (Joh 17, 15)


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 6. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Klebrig-süß oder leidenschaftlich, fromm-verspielter Kitsch oder loderndes Feuer – das Wort Liebe steht für vieles. Man kann sich hinter ihm verstecken und sich in ihre selbst übersteigen. Mit den Lippen bekannt ist sie noch lange nicht wirksam, wenn sie sich nicht in der Tat erweist. Auch die Liebe ist ein Tatwort. Wenn seine Süße nur auf der Zunge liegen bleibt und nicht durch des Lebens Probe geläutert wird, verklebt sie die Poren des Seins und verschleiert die Wahrnehmung. Des Lebens Wirklichkeit wird rosarot verklärt wo der Alltag nur grau ist. Wie Karies fressen sich diese fad-süßen Liebesbekundungen in die Seelen und hinterlassen auf Dauer nur eine löchrige Fäule des Selbstbetruges. Wahre Liebe hingegen kann die Leidenschaft nicht für sich behalten. Sie schafft Leiden; sie leidet mit. Sie ist nicht süß und niedlich. Wahre Liebe ist nicht fromm und selbstbezogen. Sie ist hart und wirklich:

Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. (1 Korinther 13,7)

Wahre Liebe besteht aus Sehnsucht. Sie sehnt sich nach dem Gegenüber. Gerade deshalb sind Liebe und Leiden eng aufeinander bezogen. Die Liebe ist nie zufrieden. Ihr Ziel ist das Du, nicht das Ich. Gerade deshalb ist der Geschmack der Liebe nicht süß, sondern bitter. Solche Liebe ist selten ein Genuss, denn in der Liebe übersteigt sich das Ich und macht das Du zum Lebensinhalt. Leidet das Du, leidet auch das Ich.

Das alles hört sich aber doch wieder kitschig-romantisch an, wäre da nicht der Selbsterhaltungstrieb des Ich, der die schöne Du-Seeligkeit der Liebe stört. Ist die Emphase des Verliebtseins noch Grund genug, sich im Rausch der Endorphine selbst zu verlieren, so gewinnt früher oder später doch die Frage des eigenen Gewinns wieder die Oberhand. Ist es für die Verliebten noch eine Selbstverständlichkeit, alles für das geliebte Gegenüber zu geben, so erfahren Paare, die es geschafft haben, aus der Phase der Verliebtheit in die Wirklichkeit der Liebe zu gehen, dass eben diese Liebe vor allem Arbeit ist. Auf den Rausch des Verliebtseins, in dem man zu nahezu jedem Opfer bereit war, folgt oft das raue Erwachen, in dem sich die Nebel der Weichzeichnung lichten und sich der Partner, der gestern noch ein Engel war, als Mensch entpuppt.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 5. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Warum? – Das ist mehr Anklage als Frage, mehr Schrei als Erwartung einer Antwort. Es ist der Horror der Sinnlosigkeit, der dem Schrei vorausgeht. Wo ist der Sinn des Seins, wenn alles sinnlos erscheint?

Ein Schrei bedarf keiner Antwort. Er bedarf noch nicht einmal eines Adressaten. Der Schrei steht für sich. Er ist auszuhalten. Jede noch so gut gemeinte Antwort geht fehl, weil keine Frage gestellt wurde. Und Antworten auf ungestellte Fragen sind wie Walzermusik zur Trauer.

Der Verzweiflungsschrei des Warum ist in das Dunkel gerichtet. Ob da ein Gott ist oder nicht – die Antwort bleibt aus. Für die, die an keinen Gott glauben können, kommt in dem Schrei des Warum die Sinnlosigkeit des Seins auf den Punkt. Die, die an einen Gott glauben können, haben einen Adressaten für ihre Anklage: Gott ist schuld. Er möge sich erklären. Er möge dem Sinnlosen Sinn geben. Aber der so Angeklagte schweigt nur allzu oft. Stattdessen reden seine Boten von Solidarität und von der Hoffnung wider alle Hoffnung. Und sie können es gut begründen, denn es sind Worte der Schrift, die sie zitieren, und niemand außer ihnen selbst weiß, ob sie selbst angesichts des Leids der Welt glauben, was sie sagen. Vom Schweigen reden sie sonst so oft. Und dann, wenn die Worte fehlen müssten angesichts der abgrundtiefen Dunkelheit des sinnlosen Leids, da reden sie. Sie reden von der Auferstehung und der Liebe Gottes, in der alles Leid geborgen ist. Aber warum ändert sich dann nichts in dieser Welt? Wo ist das Zeichen, dass das alles wahr ist?


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 4. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Starke Worte sind oft einsilbig in der deutschen Sprache. Herr, Gott, gut – Lust, Last, Leid – Kampf, Hass, Mut. Bereits wenige Buchstaben wecken den affektiven Impuls. Es sind Worte, die eine Haltung, Zustimmung oder Widerstand erfordern. Kurz und knapp lösen sie eine Kette von Assoziationen aus, eine innere Interaktion. Es sind Worte der Leidenschaft, die mit nur einem Vokal und ein paar Konsonanten fast archaisch daher kommen. Aber so unkomplex ihre Phonetik ist, so komplex ist doch ihre Wirkung. Ein Wort, ja eine Silbe genügt, um die Dinge zurecht zu rücken, die Sicht auf die Welt zu verändern und die Emotionen zu schüren. Lob, Huld, hold, schlecht, arg, krank – Welten und Stimmungen eröffnen sich mit der Macht eines einzigen kurzes Lautes.

„Macht“ ist auch so ein Wort, das der Sphäre der Einsilbigen angehört. Die Haltung zu diesem Wort ist ambivalent. Es wird allgemein als ungehörig empfunden, wenn jemand offen nach Macht strebt. Gleichwohl ist Macht notwendig, um Dinge in Bewegung zu setzen. Kaum einer brüstet sich damit, Macht zu haben. Im Gegenteil bescheiden sich selbst Entscheidungsträger in der Regel eine charakterliche Demut und weisen den Besitz von Macht von sich. So berichtet das Kölner Domradio über den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki:

„Mit Vokabeln wie ‚Beliebtheit‘ oder ‚Macht‘ habe er [der Kölner Erzbischof] so seine Schwierigkeiten. Natürlich habe er Entscheidungskompetenz und müsse die gerade auch in Kernbereichen geltend machen, räumte Woelki ein und verwies auf Gegenwind, den er bereits mit einigen Beschlüssen ausgelöst habe. Generell bekennt er sich aber zu einem ‚partizipativen Leitungsstil‘, um möglichst viele Leute mitzunehmen. ‚Ich habe bisher keine Entscheidung treffen müssen, die nicht von der Mehrheit der Beratungsgremien mitgetragen wurde.'“ (Quelle: domradio.de, 22.4.2015)

Die Bescheidenheit schmeichelt dem Publikum, das solche Äußerungen gerne hört. Und in der Tat: Entscheidungsträger, die sich in ihrer Macht selbst bescheiden, wissend, dass sie die Entscheidung doch treffen müssen, erweisen sich als  weise. Was nützte ihre Macht, wenn sie die Herzen der Menschen nicht gewinnen. Der Mächtige, der sich an seiner Macht berauscht, wird zum Diktator, dessen Tyrannei auf Hass und Angst gründet. Seine Macht wird zum Fluch. Die Macht derer, die sie in aller Demut und Bescheidenheit ertragen, kann hingegen zum Segen werden, wenn man sie annimmt wie eine Leihgabe und nicht wie einen Besitz. Genau daran muss sich Pilatus erinnern lassen, der Jesus mit seiner Macht über dessen Leben und Tod einschüchtern will, dabei aber nur seine eigene Ängstlichkeit kaschieren möchte:


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 3. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Nach der frohen Botschaft von Ostern beschäftigt sich auch das Evangelium dieses Sonntags und die Lesung aus der Apostelgeschichte noch intensiv mit dem vor- und nachösterlichen Geschehen. Die Apostelgeschichte blendet zunächst etwas zurück und führt das Versagen und Vergehen der Menschen, das zum Tod Jesu geführt hat, deutlich vor Augen:

„(…) den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt. (…) Den Urheber des Lebens habt ihr getötet.“ Apostelgeschichte 3,13-15

Es wird aber schon hier der versöhnende Blick nach vorne geworfen, der allerdings auch Handlungsanweisungen gibt:

„Nun, Brüder, ich weiß, ihr habt aus Unwissenheit gehandelt, ebenso wie eure Führer. (…) Also kehrt um und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden.“ Apostelgeschichte 3,17-19

Deutlich erkennbar wird also, dass die Menschen trotz der Schuld, die sie auf sich geladen haben, nicht verzweifeln müssen, da Gott versöhnungsbereit ist und seine Hand immer wieder neu ausstreckt zu uns  – den von ihm so unendlich geliebten Menschen.

Trotzdem gibt es eben, so stellen es die Schriftstellen vor Augen:


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 2. Sonntag der Osterzeit/Weißer Sonntag, Lesejahr B

Atheisten und fromme Christen sind sich selten einig. Da verwundert es schon, dass ausgerechnet das Wunder sie zu Brüdern im Geiste ein, denn beide brauchen das Wunder: Diese, um einen greifbaren Beweis für das zu haben, was sie glauben, einen Beweis, der den Zweifel zum Schweigen bringt; jene, damit sie einen Beweis für ihre Zweifel haben, denn das Übernatürliche widerspricht doch offenkundig der Vernunft und den Naturgesetzen. Die Seelen beider ringen nach Bestätigung. Wie die Königskinder können sie aber nicht zueinander finden. Die Macht des Zweifels trennt sie, da die einen den Zweifel nicht ertragen können, während die anderen den Zweifel als Argument und nicht als Triebfeder der Erkenntnis benutzen. Ihr Bekenntnis lautet: Was angezweifelt werden kann, kann nicht wahr sein. Und so hallt die faustische Klage auch in der Gegenwart durch die Welt:

Was sucht ihr, mächtig und gelind,
Ihr Himmelstöne, mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,
woher die holde Nachricht tönt;
und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,
ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben. (Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, VV. 762-770)

Anlass des faustische Seufzers ist der Klang einer Glocke, die in der Osternacht die Auferstehung Christi verkündet. Faust aber sitzt in seinem Studierzimmer und sucht nach der Wahrheit hinter den Dingen, nach meta-physischer Erkenntnis. Von ferne hört er dort den tröstlichen Ostergesang, der den Tod nicht verleugnet und gerade deshalb die Auferstehung verkündet.

Dass Tote wieder leben, ist in der Tat mit gesundem Menschenverstand wohl kaum zu begreifen. Das ist gegen die Natur. Tot  ist tot! Daran gibt es doch keinen Zweifel.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Palmsonntag, Lesejahr B

Plärrend laut ist das Gekreisch der Ereignisdeuter in diesen Tagen. Man kann sich der Kakophonie selbsternannter Experten kaum entziehen. Man weiß auch Tage nach der Katastrophe des Absturzes einer Germanwings-Maschine in den französischen Alpen nur wenig. 150 Menschen sind ums Leben gekommen. Der Pilot hat kurz das Cockpit verlassen und konnte nicht zurückkehren, weil die Tür verschlossen blieb. Viele der Toten kommen aus Deutschland, 18 Verstorbene werden alleine in der kleinen westfälischen Stadt Haltern betrauert – eine halbe Schulklasse wurde hier aus dem Leben gerissen. Auch nach zahlreichen ARD-Brennpunkten und ZDF-Spezialsendungen, Interviews mit sogenannten Experten in Radio und Presse weiß man immer noch nicht mehr. Und doch schwillt das Stimmengewirr immer wieder an. Jede noch so kleine Mitteilung wird – ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes – zum Anlass für neue Spekulationen. Es scheint fast so, als seien manche Nachrichtenmacher von heute mehr Spekulanten als Informanten. Emotion scheint vor Information zu gehen. Betroffenheit sells! Und um die Wahrheit ist es geschehen.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Fünfter Fastensonntag, Lesejahr B

Im heutigen Sonntagsevangelium spricht der Herr den großen Satz:

„Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“  (Joh 12,23)

Welcher Anspruch spricht aus diesem Wort. Der so schmählich gescheiterte Christus, verspottet, verlassen und ermordet – von Gott im Stich gelassen, der will alle an sich ziehen?  Also nicht der nachösterliche, auferstandene und verherrlichte Gottessohn, sondern gerade das Gegenteil, der machtlose Leidensknecht? Hier verdeutlicht Johannes mit einem mythologischen Bild das Untere als den Ort des Herrschers der Welt, des Bösen, der aber schon gerichtet ist, weil Christus alle an sich, an sein Kreuz und weiter in sein Heil und seine Gottesherrschaft zieht. An die Stelle der versklavenden Herrschaft des Bösen ist die befreiende Herrschaft Christi getreten (Joachim Gnilka). Und hier liegt der Kern auch für unser heutiges Verständnis: nicht Macht und Sklaverei, sondern Freiheit und Liebe werden das letzte Wort behalten und gerade in seiner vollkommenen äußeren Machtlosigkeit verkörpert sich die umfassende Herrschaft des Gottesreiches: nicht durch Unterdrückung, durch Gebote und Gewalt, sondern durch Hinwendung und liebevolles „Ansichziehen“.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Vierter Fastensonntag, Lesejahr B

Der digitale Stammtisch der sozialen Netzwerke ist nicht der beste Ort, um das Innerste der eigenen Seele zu offenbaren. Die Vertrautheit der kleinen Stammtischwelt barg früher immerhin die Chance, dass sich manche nebulöse Halbwahrheit und vorschnelle Parole im bierseligen Dunst verflüchtigte und das Tageslicht erst gar nicht erblickte. Der Raum war oft so klein wie die Gedanken, die darin geäußert wurden und sie blieben dort, schadeten meistens niemandem und hatten im besten Fall einen gewissen Unterhaltungswert, wenn sich die Stammtischbrüder und -schwestern in ihren eigenen Vorurteilen bestätigt selbstgenügsam auf die Schenkel klopfen konnten. Auch eine Gemeinschaft kleiner Geister stärkt das eigene Gemüt. Und im Alltag am nächsten Morgen konnte man unbelastet und höflich ans Tagewerk gehen. Die Spielregeln waren klar, die Münder wie die Herzen offen und die Gedanken frei wie sonst nur selten im Leben. Selbst der krudeste Blödsinn und das vernunftbefreite Vorurteil konnten hier straflos geäußert werden. Die Stammtische der Vergangenheit säuberten die Seelen, sie waren eine Katharsis der Gesellschaft, die so ihren Seelendreck geschützt entsorgen konnte. Der alte Stammtisch war ein Schutzbezirk, der die, die sich um ihn versammelten bisweilen auch vor sich selbst schützte.

Die Welt hat sich weitergedreht, Wissen und Technik sind fortgeschritten – nur der Mensch ist geblieben, was er ist: Ein Wesen voller Vorbehalte und Ängste, die ihn umtreiben und antreiben, die ihm die Ruhe rauben, weil das Leben das ist, was es ist: unsicher. Die Gefahren lauern überall, und vor allem das Fremde ist gefährlich. Unstet treibt es ihn durch die Welt. Sein Innerstes drängt ihn. Allein ihm fehlt ein Ziel, denn die alte Stammtischrunde gibt es nicht mehr. Die rituelle Katharsis des großen Jammerns und Zeterns, der gegenseitigen Selbstvergewisserung und -bestätigung bleibt aus. Dem eichentischernen Schutz beraubt, irren viele nun unbehaust und angstbesetzt durch die Welt. Was raus muss, muss aber raus – sonst zerreißt es den Menschen. Und so findet so mancher Erlösung in den Discus-Foren, Kommentarspalten und Social-Media-Postings der digitalen Welt.

Freilich hat das Internet wenig gemein mit der Vertrautheit der Eckkneipe. Es ist kein geschützter Raum, es ist ein Marktplatz, eine Agora, auf der man seine Botschaften hinausposaunt. Wie in Marmor gemeißelt bleiben sie nun in der Welt und wird wie digitaler Fliegendreck noch in Generationen Zeugnis von einer Diskussionskultur ablegen, in der das Reden das Hören besiegte. Hatern, Trollen und anderen Agitatoren geht es dabei wohl weniger um Sinn, Verstand und Wahrheit. Es werden meist auch keine Argumente benannt. Die Emotion siegt über die Vernunft. Die innere Zerrissenheit braucht ein Ventil. In Ermangelung eines echten Gegenübers, das als Faktum in sich bereits widerständig ist, geht die Aggression ins Leere. Es fehlt die Grenze. Die Katharsis bleibt aus – und so steigert sich manche hashtag-stimulierte Hysterie zu einem Shitstorm im Second Life, die den armen Tropf im First Life, dem wahren Leben nicht nur hilflos und einsam zurücklässt. Weil er sich außerdem auf dem virtuellen Marktplatz echauffiert hat, haben auch alle mitbekommen, wie er denkt. Die Gedanken sind heutzutage nicht mehr frei, sie sind nackt – mit unabsehbaren Konsequenzen. Oh Mensch, würdest du doch wieder dichten und denken, statt in der Timeline des Second Screen eine Welt zu kommentieren, die du doch gar nicht erleben und verstehen kannst, weil du zwischen dich und sie irgendwas mit Medien geschoben hast. Zur Aufrichtigkeit warst du gerufen, der jetzt mit technikinduziertem Nackenschmerz den Kotau vor einem Artefakt des sogenannten Fortschritts macht.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Dritter Fastensonntag, Lesejahr B

Geld und Kirche – das ist für viele offenkundig ein Widerspruch in sich. In den Köpfen ist ein mächtiges Bild wirksam: Der besitzlose Gottessohn wandert heilend durch das Land und verkündet das Reich Gottes. Er segnet Kinder, erzählt schöne Gleichnisse und wendet sich den Armen zu, denen er, weil er ja selbst besitzlos ist, auch nicht wirklich helfen kann. Dieser Jesus, dessen Schattenbild die Köpfe nicht nur der Frommen besetzt, ist ein eher harmloser Zeitgenosse, so dass rasch die Frage entsteht, warum denn ein so guter Mensch am Kreuz endet. „Wegen der bösen Menschen, die sich über das Gute des guten Menschen ärgern“ – so lautet dann die einfache und ein wenig infantil-naive Antwort, die man immer wieder hört, angefangen vom Religionsunterricht bis zu den Katechesen in Familiengottesdiensten.

Dass das irgendwie unlogisch ist, scheint wenig zu stören. Wer angesichts soviel böswilliger Abwehr des Guten selbst gut sein möchte, muss da schon ziemlich dumm sein. Vielleicht liegt hier der Grund, warum sich das christliche Abendland zu einer veritablen Ellenbogengesellschaft gewandelt hat. Die Verharmlosung Jesu und sein brutales Todesschicksal am Kreuz sind ein guter Nährboden für die Entwicklung von Selbsterhaltungsstrategien: Wenn das harmlos Gute zum Tod führt, dann bedarf das Leben offenkundig anderer Wege …

Selbstgemalte Bilder liegen dem Urheber erfahrungsgemäß fest am Herzen. Sie sind dem eigenen Können entsprungen. Jeder kennt die Schmach, wenn das eigene Werk der kritischen Betrachtung nicht standhält. Der liebe Jesus, der den vielen in vielen Andachtsbildern vor Augen gehalten und von dort in Hirn und Herz getreten ist, ist allerdings nicht der Jesus der Bibel. Aber wer möchte sich das eigene Bild vom fleischgewordenen Wort Gottes durch das Wort Gottes schon korrigieren lassen. Es könnte sich ja möglicherweise herausstellen, dass dieser Jesus gar nicht so naiv-lieb war, wie man ihn gerne hätte. Und wenn er nicht so naiv-lieb war, dann könnte das auch Folgen für die haben, die sich in seiner Nachfolge wähnen …

Man weiß nicht viel über diesen Jesus von Nazareth. Und das Wenige, was man weiß, steht im Neuen Testament. Und manche Frage, die man heute – nicht selten auch polemisch – an die Nachfolger Jesu stellt, beantwortet sich schnell, wenn man weniger vagen Gerüchten, der Oberflächlichkeit des Hören-Sagens oder den eigenen Phantasiewünschen folgte, sondern einfach einen konkreten Blick in die verschriftlichte Überlieferung des Wortes Gottes schauen würde. Und da kommt Erstaunliches zutage.


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