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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Zwölfter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung sind zwei verschiedene Perspektiven. Sie können kongruent sein, müssen es aber nicht. Es ist wahrscheinlich sogar eher wahrscheinlicher, dass das eigene Selbstbild von dem, dass anderen von einem haben, abweicht. Das sogenannte „Johari-Fenster“, das 1955 von den amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelt wurde, spricht sogar eher dafür, dass es grundsätzliche Divergenzen gibt. Danach hat jede Persönlichkeit Facetten, die ihr ebenso wie anderen bekannt sind. Andere Eigenschaften kennt nur die Person selbst, sie sind ihr Geheimnis. Andere hingegen stellen eine Art blinder Fleck dar, die nur von anderen wahrgenommen wird, nicht aber von der Person selbst. Und dann gibt es das Unbekannte, das zur Persönlichkeit gehört, das aber weder von ihr selbst noch von anderen wahrgenommen wird. So gesehen ist es also normal, wenn es Unterschiede in der Selbst- und der Fremdwahrnehmung gibt. Diese können freilich zu Konflikten führen, wenn die Tatsache übersehen oder gar geleugnet wird, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung grundsätzlich unterschiedliche Perspektiven, die nicht deckungsgleich sind, darstellen. Das gilt sowohl für die beobachtete Person selbst wie für diejenigen, die eine andere Person beobachten. Wenn hier nicht differenziert wird, dann kommt es schnell zu Urteilen: Du bist so, aber so bin ich doch gar nicht … Die Unfähigkeit, die Perspektive des anderen, ist ein großes Hemmnis zwischenmenschlicher Kommunikation, gehen doch mit ihr nicht selbst mangelnde Empathie, aber auch eine grundlegende Verweigerung der Selbstreflexion einher. Die Gegenwart ist voll von Beispielen, die nicht selten Menschen betreffen, die über Macht verfügen. Wer sich selbst permanent als Größten, Besten und Klügsten definiert – egal, ob er russisch, amerikanisches Englisch oder Deutsch spricht – lehnt nicht nur jede Kritik an sich und seinen Entscheidungen ab. Er ist auch grundständig beratungsresistent und seinen eigenen Launen ausgeliefert. Eine erratische Politik ist die Folge, die jede Verlässlichkeit und jedes Vertrauen zerstört.

Abhilfe könnte schaffen, ab und an einmal einen Schritt zurückzutreten. Aber Zurücktreten ist für jene Menschen, über jeden Selbstzweifel erhaben sind, keine Option. Wenn jede Kritik als Majestätsbeleidigung verstanden wird, sind Berater nicht erwünscht. Hofnarren, Speichellecker und Huldredner hingegen schon!


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kath 2:30 Dies DominiDer Mensch sollte aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit ausziehen – das war in den Augen Immanuel Kants das hehre Ziel der Aufklärung. Die Vernunft übernahm als Wagenlenker die Führung, Information ging vor Emotion, einfach etwas zu glauben, was vor dem Gerichtshof der Vernunft keinen Bestand hatte, war verpönt. Sicher: In der Romantik eroberte die Emotion wichtiges Terrain zurück. Der Mensch ist halt zutiefst ein Gefühlswesen, das ohne Zweifel vernunftbegabt ist. Man stelle sich vor, ein Liebender würde seiner Geliebte als aufgeklärter Mensch erklären, dass die Photonen ihrer physischen Existenz auf seiner Netzhaut eine Elektrostimulation in Gang bringen, die seine Synapsen veranlassten, einen Hormoncocktail aus Dopamin, Oxytocin, Noradrenalin und anderen Substanzen in sein Gefäßsystem auszuschütten, die ihn in einen irrationalen, ja fast rauschhaften Zustand versetzten. Wie anders klingt dagegen klingt jene poetische Liebeserklärung aus dem Hohenlied:

„Wie ein purpurrotes Band sind deine Lippen und dein Mund ist reizend. Dem Riss eines Granatapfels gleicht deine Wange hinter deinem Schleier.“ (Hld 4,3)

Es ist die Macht der Bilder, die alle Vernunft übersteigend, Wirkung zeigt. Die Evolution hat dem Sehsinn eine besondere Bedeutung zugewiesen. Das Auge scannt die Umgebung. Bewegung absorbiert Aufmerksamkeit. Wenn sich vor der Behausung unserer Urahnen etwas regte, war das überlebenswichtig. Entweder wartete im Gebüsch Nahrung, die es zu erlegen galt – oder eine Gefahr, der man sich erwehren musste. Bis heute zieht Bewegung unsere Aufmerksamkeit auf sich – ob wir wollen oder nicht. Deshalb sind die Errungenschaften der Technik oft Segen, oft aber eben auch Fluch. Das Aufploppen von Meldungen auf den Screens der digitalen Diener zieht unweigerlich unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das wissen die Kommunikationsstrategen hinter den Messengern und sozialen Medien. Sie wollen nichts weniger als unsere permanente Aufmerksamkeit. Das wird in Zeiten der künstlichen Intelligenz nicht besser. Was glauben Sie denn?


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Pfingsten, Lesejahr C

Heute begehen wir das Pfingstfest, das Fest der Aussendung oder Ausgießung des Heiligen Geistes, dass am fünfzigsten Tag der Osterzeit gefeiert wird. Die Jünger waren noch in Jerusalem versammelt, so wie es Jesus Ihnen kurz vor seiner Himmelfahrt aufgetragen hatte. Während sie – höchstwahrscheinlich verängstigt – weiterhin in einem Raum verharren, begeht ihr jüdisches Umfeld das Wochenfest Schawuot, das an die Verleihung der Tora am Sinai erinnert und ebenfalls an einem fünfzigsten Tage, dem nach Pessach, gefeiert wird. Und in diese Stille eines Hauses fährt ein Sturm, Feuerzungen erscheinen über den Häuptern der Jünger und für sie verändert sich alles.

Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. Apg 2,4

Die Jünger treten aus dem Haus und sprechen in allen Sprachen. Menschen aus aller Welt verstehen sie mit einem Mal. Die Anhänger Jesu sind nicht mehr verschüchtert und sprachlos. Jeder der Anwesenden kann die Worte in seiner Sprache vernehmen. In meinen Augen sind das nicht nur verschiedene Sprachen wie Deutsch und Englisch, Arabisch und Hebräisch oder Russisch und Ukrainisch, sondern die Botschaft wird so gesprochen, dass jede und jeder verstehen kann, was gesagt wird, ungeachtet der Worte, die verwendet werden.


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