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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Vierter Sonntag der Osterzeit, Lesejahr A

Krisen sind Entscheidungszeiten. Charaktere offenbaren sich. Am Anfang, wenn einem das eigene Leben lieber als die Freiheit ist, reüssiert das Bedürfnis nach Solidarität – manchmal sogar dergestalt, das manch einer aus purer Tatkraft, die Nächsten so zu lieben wie sich selbst, zum Denunzianten wird. Damit beginnt der Überstieg in die zweite Krisenphase. Die Solidarität weicht halbwissender Beckmesserei. Abstandgebote, Maskenpflichten und Versammlungsverbote werden lautstark bei jenen in Erinnerung gerufen, die es ihrerseits besser wissen und den eigenen Freiheitstrieb über das Gemeinwohl stellen. Irgendwann muss es halt genug sein. Das ist die Zeit eines zunehmend divergierenden Klugscheißertums ohne Ambiguitätstoleranz. Freilich erweist sich in dieser Phase nur allzu oft, dass Klugscheißer nicht immer auch Besserwisser sind. Die dritte Phase schließlich ist pure Ermüdung. Die Wachsamkeit lässt nach. Die Solidarität auch. Es soll einfach nur vorbei sein. Allein: Ein Virus ist ein Wesen, weder tot noch lebend, ohne Verstand, sondern einfach nur darauf programmiert, sich zu vermehren. Zu mehr ist es erst einmal nicht imstande. Es will sich vermehren und weiter vermehren. Und dafür braucht es Wirte, viele Wirte. Es ist da nicht wählerisch. Ihm ist auch egal, ob die Wirte Klugscheißer oder Besserwisser sind. Es ist ihm egal, ob der Wirt endlich wieder einmal Kaffee, ein Bier oder ein Glas Wein im Restaurant trinken möchte. Es ist ihm einerlei, ob jetzt im Frühling Zeit zum Angrillen mit Freunden ist. Ganz im Gegenteil. Wo man sich trifft, findet so ein Virus neue Wirte. Es weiß ja nichts von den guten Absichten, von den politischen Beschlüssen, den Lockdown zu lockern, von den Bedürfnissen der Menschen. Es hält sich einfach nicht an Mehrheitsmeinungen und ob es den einen gefällt oder nicht, macht ihm nichts aus. Es geht halt auch so viral …

In Krisen wie diesen zeigt sich nach anfänglicher Krisenbewältigungseuphorie immer eine Krisenbewältigungskrise. Aus Willkommenskultur wird der Ruf nach Grenzschließungen und aus überzeugten Stay-at-Homern, die eben noch die curve flatten wollten, werden Rufer, die die Öffnung von Grenzen fordern. Aus Leuten, die aus Überzeugung wussten „Wir schaffen das“, werden nach wenigen Wochen solche, die jetzt keine Lust mehr haben. Ecce homo – so ist der Mensch!

Bei all dem, was sich da so an der gesellschaftlichen Oberfläche zuträgt, gibt es aber auch jene, die in der Krise kühlen Kopf bewahren. Sie forschen mit ruhiger Hand, halten den Widerstreit der Erkenntnisse aus – ja, benötigen ihn sogar, weil sich nur so Schritt für Schritt Erkenntnis ermöglich und erschließt. Mancher beschrittene Weg entpuppt sich als Sackgasse. Da hilft nur Umkehren und einen neuen Pfad finden. Schritt für Schritt. Und ja, da kann es geschehen, dass morgen etwas gilt, was heute noch unmöglich erschien. So geht Wissenschaft – und zwar sowohl die der Natur als auch die des Geistes. Da ist Geduld gefragt, weil nur die geduldig Suchenden auch einen Weg finden werden. Man kennt die Menschen, die in diesen Zeiten zu solchen Leistungen fähig sind – Wissenschaftler und Politikerinnen. Sie tasten sich vorwärts, fahren auf Sicht, weil vieles noch nebulös ist. Ein Sprung könnte in den Abgrund führen. Da werden manche jubelnd sagen: Was für ein Sprung! Was aber ist gewonnen. Ist es da nicht besser, sich Schritt für Schritt vorzutasten, bis die Nebel sich lichten?

In der zweiten Lesung vom vierten Sonntag der Osterzeit im Lesejahr A heißt es direkt zu Beginn:

Geliebte, wenn ihr recht handelt und trotzdem Leiden erduldet, das ist eine Gnade in den Augen Gottes. (1 Petrus 2,20b)

Es ist ein Satz, der wie ein Leitwort über dieser durch den Corona-Virus verursachten Krise stehen könnte. Erdulden und recht Handeln. Das muss erst einmal eingeübt werden. Nicht jede und nicht jeder ist dazu fähig. Vor allem, wenn es um das Erdulden von Leiden geht. Und die Leiden sind sehr unterschiedlich in diesen Corona-Zeiten. Die einen ringen trotz Atemmaschinen um Luft, andere fiebern dahin, wieder andere dürfen nur auf den Balkon und müssen seit Wochen mit Partnerinnen, Partnern und Kindern zu Hause bleiben. Und das kann schwierig sein. In wie vielen Familien in diesen Zeiten Gewalt unentdeckt bleibt, weiß noch niemand. Corona ist brutal!

Die Verantwortlichen in Forschung und Politik wissen darum, dass sie handeln müssen. Sie müssen immer wieder abwägen zwischen dem Schutz von Leben und der Würde der Menschen. Sie müssen den Weg finden zwischen notwendigen Öffnungen, die für viele nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial und psychologisch im wahrsten Sinn des Wortes not-wendig sind, und Beschränkungen, die Leben retten können, weil Infektionsketten möglichst nicht zustande kommen oder unterbrochen werden sollen. Wer möchte da in der Haut der Verantwortlichen stecken? Wer ist dazu fähig?

Manches kommt vorlaut und altklug daher. Es scheint auf den ersten Blick richtig zu sein. Alles ist doch klar. Wieso erkennt das denn niemand. So scheint es auch in der ersten Lesung vom vierten Sonntag der Osterzeit im Lesejahr A zu sein, wenn Petrus im Brustton der Überzeugung es besser weiß als alle Umstehenden:

Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. (Apostelgeschichte 2,38)

Viele Gottesdienstbesucherinnen und -besucher, die diesen Satz hören, ja auch viele Verkünderinnen und Verkünder werden da im Geiste nicken. Sie wissen doch, dass man den Heiligen Geist in der Taufe empfängt. Recht hat er, der Petrus. Die Geistlosen, die nicht getauft sind oder die ihre Taufgabe ablehnen, werden schon sehen, was sie davon haben werden. In solch wohliger Abgrenzung wissen sich die Frommen als bessere Menschen …

… und entpuppen sich doch als jene ohne nähere Kenntnis des Wortes Gottes. Denn jener Petrus, der hier noch tönen die Taufe als Voraussetzung für die Gabe des Geistes behauptet, wird später eines Besseren belehrt werden. In der Erzählung der Bekehrung und Taufe des heidnischen Hauptmanns Kornelius wird Petrus eine gleich mehrfache Erkenntnis erfahren müssen. Nicht nur, dass da ein Heide ins Volk Gottes strebt – und das offenkundig nach göttlichem Willen, so dass Petrus feststellt:

Ihr wisst, dass es einem Juden nicht erlaubt ist, mit einem Nichtjuden zu verkehren oder sein Haus zu betreten; mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. (…) Ihr wisst, dass es einem Juden nicht erlaubt ist, mit einem Nichtjuden zu verkehren oder sein Haus zu betreten; mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. (Apostelgeschichte 10,28.34)

Er muss auch erkennen, dass der Heilige Geist sich nicht an die Vorschrift hält, erst durch die Taufe herabzukommen:

Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben? (Apostelgeschichte 10,47)

Kann man das allein damit begründen, dass die Wege des Herrn eben unerforschlich sind? Wohl kaum. Man kann sie erforschen und muss sie erforschen und im Erforschen selbst an der Erkenntnis wachsen. Wer glaubt, alles habe immer schon festgestanden, ist eben nur ein Klugscheißer, der es nicht besser weiß. Wer aber Gott den Weg bereiten will, wird selbst in der Erkenntnis voranschreiten müssen – Schritt für Schritt, manchmal tastend, immer aber bereit, die Binden von den Augen zu nehmen um den neuen Weg, den Gott weist, zu erkennen. Die, die bereit sind, lernen das jetzt in Corona-Zeiten wieder. Lernt die Kirche es auch, wie Petrus es gelernt hat? Die Zeit ist wieder einmal reif dafür …

Dr. Werner Kleine

Author: kathcitykirche

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