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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 25. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ Sicher haben Sie diesen Satz schon einmal gehört. Er stammt von Michael Gorbatschow, der ihn anlässlich seines Besuches zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 an Erich Honecker richtete. Den weiteren Gang der Geschichte kennen wir. Recht schnell hat dieser Satz Einzug in unsere Sprache gehalten und wird oft und gerne, manchmal auch sehr unbedacht, zitiert, wenn es darum geht, dass man sich beeilen soll, dass man schnell genug sein soll, um noch etwas abzubekommen vom großen Kuchen und nicht als Letzter auf der Strecke zu bleiben.

Das Evangelium des 25. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahres A erzählt uns mit dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg eine ähnliche Geschichte. Da sind auch die, die zu spät kommen, die den ganzen Tag auf dem Markt gestanden haben, anstatt zu arbeiten:

„Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?“

Die Arbeiter hätten doch längst arbeiten können wie die anderen! Warum haben sie nichts getan? Ihre Antwort, dass sie niemand angeworben habe, klingt fast wie eine faule Ausrede.

Doch als am Ende des Tages die Auszahlung des Tageslohnes beginnt, passiert etwas Unerwartetes. Die, die zuletzt angeworben worden waren, sollen nach vorne kommen und erhalten ihren Lohn als erste. Sollten etwa die Letzten hier die Ersten sein? Wie kann das denn gehen? Das ist doch nicht gerecht!

Aber die Überraschung geht noch weiter: Die, die zuletzt angefangen hatten zu arbeiten, bekommen den gleichen Lohn wie die, die am frühen Morgen mit der Arbeit begonnen hatten. Noch so eine Ungerechtigkeit!

Wenn wir uns den Text allerdings noch einmal genauer anschauen, dann zahlt der Gutsbesitzer seinen Arbeitern nur das aus, was er zu Beginn des Tages mit ihnen vereinbart hat:

„Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg.“

Der Gutsbesitzer durchbricht einfach die gängige menschliche Vorstellung von Gerechtigkeit, in der die erbrachte Leistung auch angemessen zu vergüten ist. Er scheint ein anderes Verständnis davon zu haben, was gerecht ist. Hier gilt nicht „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, sondern allein die Tatsache, dass die Arbeiter bereit waren, für ihn zu arbeiten, scheint für ihn zu zählen. Die Letzten werden nicht bestraft, sondern belohnt, ganz dem entgegen, was man eigentlich erwarten würde.

„Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer…“

erzählt uns Jesus mit diesem Gleichnis. Ein Himmelreich, in dem nicht mit menschlichem Maß gemessen wird, sondern in dem mit einem barmherzigen und gütigen Gott gerechnet werden muss. Einem Gott, der fragt: „Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin? So werden die Letzten die Ersten sein.“

Gott wertet nicht nach Leistung. Seine Liebe und Hingabe an uns sind unabhängig von unserem Stellenwert und unserem Können. Und das gilt für alle, für die Letzten wie für die Ersten.

Damit hat Gott unsere kleinkarierte menschliche Vorstellung von Gerechtigkeit ziemlich auf den Prüfstand gestellt, die Vorstellung, dass nur der zählt, der mehr leistet oder mehr hat. Was heißt da schon „gerecht“? Ist es nicht gerechter, dass sich Gott auch jenen zuwendet, die es nicht „verdient“ und die keine großen Leistungen aufzuweisen haben? Das einzige, das wir noch dazu tun müssen, ist, Gottes Angebot anzunehmen, uns von ihm „in Dienst stellen zu lassen“.

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ Im Angesicht eines gütigen Gottes gilt dieser Ausspruch nicht. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg zeigt uns, dass wir ihn getrost vergessen dürfen. Stattdessen dürfen wir hoffen: auf Gottes grenzenlose Liebe und Güte, die die Letzten zu Ersten macht.

Nicole Hoffzimmer

Author: Nicole Hoffzimmer

Nicole Hoffzimmer ist katholische Theologin und Liturgiewissenschaftlerin. Ihr Interesse gilt besonders der Verbindung zwischen Kirche und Kunst.

1 Kommentar

  1. Margareta Patzer schrieb am 21. September 2014 um 12:27 :

    Das ist ungerecht, der Gedanke kam mir jedesmal bei dem Evangelium. Die Darstellung von Nicole Hoffzimmer kann ich zwar nach vollziehen, na ja, aber so ganz einverstanden bin ich damit nicht.Das dauert wohl noch, obwohl ich auch sehr auf Gottes Güte und Liebe hoffe, auch, wenn ich nur „eine Stunde gearbeitet habe.“

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