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oder: Ostern bleibt alles anders

Wer die Zeichen in den Kaufhäusern zu lesen vermag, der weiß schon Wochen im voraus, dass der Frühling naht. Osterhasen, Ostereier und Osterglocken bevölkern die Regale schon zu Zeiten, da der Frost die Stadt noch fest im Griff hat. Ostern und Frühling scheinen eng zusammen zu hängen. Und ist das Osterfest erst da, dann ist der Winter passé. Keiner denkt mehr ans Schneeschippen oder Eiskratzen. Vielmehr ist Biergarten und Straßencafe angesagt. Ostern markiert die erste wichtige Zeitenwende im Jahr.

In der Tat: Ostern ist eine Zeitenwende. Der Festtermin ist vom Mondkalender abhängig. Es findet immer am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond statt. Der Ostertermin selbst beeinflusst weitere mehr oder weniger christliche Feste: 40 Tage vor Ostern (die Sonntag nicht mitgerechnet) ist Aschermittwoch. Vom Aschermittwoch hängt wiederum der Rosenmontag und mit ihm der Karneval ab. Die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern ist die Fastenzeit. Die dient der persönlichen Vorbereitung auf das Osterfest durch innere Umkehr und Hinwendung zu Gott.

Aber auch die nachösterliche Zeit ist durch das Fest bestimmt. 40 Tage nach Ostern ist Christi Himmelfahrt (oder – wer es profaner mag – Vatertag). 50 Tage nach Ostern liegt das Pfingstfest. Man sieht also: Das Osterfest ist ein zentrale Zeitenwende im kirchlichen und weltlichen Jahr. Egal ob man glaubt oder nicht: Ostern beeinflusst den Jahreslauf.

Jüdische Pessach-Haggada

Von Anfang an vermischen sich im Osterfest Welt- und Gotteserfahrung. Das christliche Osterfest geht zurück auf den Kreuzestod Jesu Christi und seine Auferstehung. Diese Ereignisse, die um das Jahr 30 n. Chr. in Jerusalem stattfanden, sollen sich am oder kurz vor dem jüdischen Pascha-Fest (sprich Pas-cha) zugetragen haben. Das jüdische Paschafest wiederum erinnert an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, wo es Sklavendienst tun musste, etwa um das Jahr 1500 v. Chr. Pascha ist ein Fest der Befreiung und Veränderung gesellschaftlicher Wirklichkeiten. Seit damals feiern die Juden jedes Jahr dieses Fest in der Erinnerung daran, dass Gott sein Volk in die Freiheit führte, führt und führen wird. Der eigentliche Auszug, der so genannte Exodus, fand am 13. Nisan (ein jüdischer Monat), eben dem Tag des Frühlingsvollmondes statt. Die historischen Wurzeln des Paschafestes gehen aber noch tiefer. Ihm zugrunde liegen die Naturerfahrung der Vorgängervölker des Volkes Israel, die als Nomaden eng mit der Natur verbunden lebten. Schon in vorgeschichtlicher Zeit ist belegt, dass diese Völker ein Frühlingsfest feierten, bei dem das Wiedererwachen der Natur festlich begangen wurde. Auf dieser Ebene findet man bereits wesentliche Element (Schlachten eines Lammes, ungesäuertes Brot, Rituelle Mähler), die später den Kult des Paschafestes beeinflussen. Auf diese Weise wird der Befreiungscharakter des Paschafestes an die Erfahrung der Befreiung der Natur aus den Fesseln des Winters gebunden. Jeder Mensch, ob gottgläubig oder nicht, kann dies nachempfinden, wenn die ersten wärmenden Sonnenstrahlen Kraft und Macht haben, die Winterkälte zu vertreiben und der Mensch von Wintermänteln und Mützen befreit auf die Sonne genießt.

Was aber feiern die Christen an Ostern? Im Tod und in der Auferstehung Jesu Christi hat Gott gezeigt, dass der Tod keine Macht mehr hat. Seit diesem Ereignis bleibt alles anders. Der Christ ist deshalb nicht unbedingt ein besserer Mensch. Aber der Christ ist ein Mensch der Hoffnung. Er weiß, dass Gott eine bessere Welt ohne Tod und Leid will. Jetzt könnte man mit dem alten Marx einwenden, das alles sei bloß Opium für das Volk. In der Tat, das wäre es, wenn es bloß um das Jenseits gingen. Geht es aber nicht, denn Gott hat sein Volk in dieser Welt und Geschichte aus Ägypten herausgeführt. Keiner kann deshalb Ostern bloß mit Blick auf das Jenseits und ein Leben nach dem Tod feiern, denn Gott wird uns fragen, was wir in dieser Welt getan haben. Ostern ist Revolution!

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlichung im Wuppertaler Szenemagazin „45 rpm“ – Ausgabe 1/2004

Bildquelle: Zentralrat der Juden in Deutschland

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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