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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Zweiter Fastensonntag, Lesejahr A

In diesen Tagen bekommen viele Hauptamtliche, die im pastoralen Dienst stehen, Post von einer interdisziplinären Forschungsgruppe. Diese Forschungsgruppe führt eine unabhängige und anonyme Fragenbogenstudie mit dem Titel „Wie es mir als Seelsorger/in heute geht …“ durch. Der Fragebogen erhebt Angaben zur Spiritualität und Gesundheit, zur Zufriedenheit und zur privaten Lebenssituation, zum „Stress“ (die Anführungszeichen befinden sich – warum auch immer – tatsächlich auf der Frontseite des Fragebogens), zum Engagement im Dienst, zur Wertschätzung der eigenen Tätigkeit und vielem anderen mehr. Ziel ist laut Auskunft der Befrager „die Bereitstellung von aktuellem Grundlagenwissen zur Förderung (…) der Gesundheit und (…) Zufriedenheit im Dienst.“ Motivierend wird hinzugefügt:

Es geht um Sie und Ihr Wohlergehen! (aus den Hinweisen zum Ausfüllen des Fragebogens)

Das ist eine interessante Motivation für Seelsorgerinnen und Seelsorger. Nicht dass der Umgang mit eigenen Ressourcen gelernt werden muss. Nicht dass es notwendig wäre, die eigenen Grenzen und Möglichkeiten zu kennen. Nicht dass es für alle, die das Wort Gottes in Wort und Tat verkünden sollen, wichtig ist, dies in der Authentizität des eigenen Lebens zu bezeugen. Nicht dass es wünschenswert wäre, wenn das auch noch Spaß macht. Die Selbstfixierung, die hinter der motivierenden Ansage steht, findet sich allerdings schon seit vielen Jahren in den Äußerungen pastoraler Dienste, seien es geweihte oder ungeweihte, die eine zunehmende Meisterschaft der Abgrenzung entwickelt haben und Könner im Nein-Sagen geworden sind. Nein, es geht hier nicht um das Lob der Selbstausbeutung. Der Auftrag, den hauptamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger haben, besteht allerdings nicht in der eigenen Seelenpflege, sondern in der Sorge um die Seelen anderer. Nicht das Ich sollte im Vordergrund stehen, sondern das Du.

Das ist tatsächlich angesichts der gegenwärtigen Umbruchsituationen von Bedeutung. Die Kirchengeschichte kennt viele solcher Umbruchsituationen. Bei näherem Hinsehen kann man sogar die Frage stellen, ob es überhaupt einmal eine ruhige Phase in der Kirchengeschichte gegeben hat. Das Axiom „ecclesia semper reformanda“ (die Kirche ist ständig zu erneuern) lässt demgegenüber eher darauf schließen, dass Veränderung und Umbruch geradezu Wesenseigenschaften der Kirche sind. Ihr Auftrag besteht in der ständigen innovativen Inkulturation der frohen Botschaft in die jeweiligen Zeiten und Kulturen hinein. Bleibt der Inhalt der ihre anvertrauten Botschaft auch gleich, die Form ist doch in ständigem Wandel. Es gilt daher nicht die Alternative Bewahrung oder Entwicklung, sondern das Ineinander von Bewahrung und Entwicklung. Tradition ist kein Zustand, sondern ein Prozess!

Die gegenwärtige Umbruchsituation ist also nichts Besonderes. Besonders ist höchstens die Herausforderung für diejenigen, die ihre hauptamtlichen Strategien verändern müssen. Das Pfarrhaus und die Pfarrkirche waren bisher der Mittelpunkt des kleinen pastoralen Dorfes, in dem sich Liturgie und Katechese, bisweilen sogar Werke der Nächstenliebe ereigneten. Die Strukturreformen der letzten Jahre haben den Traum der vertrauten Pfarrfamilie zerplatzen lassen. Großpfarreien und Seelsorgebereiche haben geographische Ausdehnungen erreicht, die bisherige pastorale Strategien eigentlich unmöglich machen. Eigentlich! – denn viele pastoral Verantwortliche arbeiten nach bekannten Mustern weiter. Kirche scheint nicht da zu sein, wo zwei oder drei im Namen Jesu versammelt sind, sondern wo der Pfarrer oder eine Hauptamtlicher wohnt. Und so sollen sich das Volk Gottes als wahrhaft pilgerndes erweisen, wenn es hinter dem Priester herfährt, um zur nächsten Heiligen Messe gehen zu können.

Dass bei einer solchen Verfahrensweise die zwischenmenschlichen Beziehungen auf der Strecke bleiben, ist nur allzu selbstverständlich. Ecclesia – das war in Griechenland einmal die Volksversammlung in der polis, also der Stadt in der man wohnte. Das Volk stand im Mittelpunkt der Versammlung. Das Neue Testament übernimmt diesen Begriff für die Bezeichnung der Zusammenkünfte der an Christus Glaubenden. Die Versammlung selbst wurde zum lebendigen Symbol des Glaubens, zur sichtbaren Gestalt des Leibes Christi.

Erst in der späteren Entwicklung der Kirche trat die Bedeutung eines kirchlichen Amtes stärker in den Vordergrund. Diese Entwicklung war durch das Aufkommen von Irrlehren und der Bedrohung der kirchlichen Einheit notwendig geworden. Die Ausprägung institutioneller Strukturen beginnt bereits in neutestamentlicher Zeit. Ein Zeugnis ist etwa der zweite Brief an Timotheus, aus dem auch die zweite Lesung vom zweiten Fastensonntag im Lesejahr A stammt. Der Autor des Briefes gibt darin dem adressierten Timotheus, der nach einem Hinweis in der Historia ecclesiastica des Eusebius als Episkopus, also als Vorsteher bzw. Bischof einer Gemeinde wirkte, den Auftrag, sich unerschrocken für die wahre Lehre einzusetzen. Bereits in dem Briefeingang deutet der Autor an, dass dieser Einsatz eine Zumutung ist:

Leide mit mir für das Evangelium. Gott gibt dazu die Kraft. (2 Timotheus 1,8b)

Wer das Wort Gottes im Mund führt, muss leidensfähig sein. Vor der persönlichen Abgrenzung steht die Zumutung. Vor dem „Nein“ die Inanspruchnahme Gottes zu Wort und Tat.

Später führt die Entwicklung des kirchlichen Amtes zu einem episkopalen Zentrismus, der seinen Ausdruck in einem viel zitierten Satz des Ignatius von Antiochien findet. Im Brief an die Smyrnäer schreibt er:

Alle sollt ihr dem Bischof gehorchen wie Jesus Christus dem Vater, und auch dem Presbyterium wie den Aposteln; die Diakonen aber ehret wie Gottes Anordnung. Keiner tue ohne den Bischof etwas, das die Kirche angeht. Nur jene Eucharistie gelte als die gesetzmäßige, die unter dem Bischof vollzogen wird oder durch den von ihm Beauftragten. Wo immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo Jesus Christus ist, auch die katholische Kirche ist. Ohne den Bischof darf man nicht taufen noch das Liebesmal feiern; aber was immer er für gut findet, das ist auch Gott wohlgefällig, auf dass alles, was geschieht, sicher sei und gesetzmäßig. (Ignatius von Antiochien, Brief an die Smyrnäer, 8)

Es ist der Satz in der Textmitte, der bis heute wirkt:

Wo immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo Jesus Christus ist, auch die katholische Kirche ist.

Das Volk hat zum Bischof zu gehen. Er ist der Fixpunkt der Gemeinde. Und so wird es heute in vielen Großpfarreien und Seelsorgeeinheiten gehalten, die – man muss kein Prophet sein – angesichts zurückgehender Priesterzahlen wohl weiter wachsen werden: Das Volk muss wandern, muss wandern zum Pfarrer, wandern, um zu Messe zu gehen. Völkerwanderungen müssten es sein. Aus dem Westen, aus dem Osten, aus dem Norden und aus dem Süden sollen sie streben. Die Massen sollen kommen, zu dem einen, der, wenn er fahren würde, eine Fahrkostenabrechnung einreichen könnte. Dort, wo die Hütte des Hauptamtlichen steht, dort ist die Kirche.

Es ist offenkundig, dass das so nicht funktionieren kann. Die Völker wandern nicht mehr. Nimmt man dem Volk den Ort seiner Versammlung, wird es ortlos. Deshalb sind größer werdende Pfarrgebilde und Seelsorgeeinheiten und die damit verbundenen Pastoralpläne auch Utopien im wahrsten Sinn des Wortes (οὐ τόπος/u topos – griechisch: kein Ort). Vielleicht liegt hierin der Grund, warum Jesus im Evangelium vom zweiten Fastensonntag des Lesejahres A nach seiner Verklärung seine Begleiter, Petrus, Jakobus und Johannes auffordert:

Steht auf, habt keine Angst! (Matthäus 17,7)

Eben noch wollten sie Hütten bauen, für ihn, Mose und Elija. Erstaunlich, dass ihnen die Erscheinung von Mose und Elija nicht erstaunt. Lapidar antwortet Petrus:

Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. (Matthäus 17,4)

Mit der Hütte wird das Außergewöhnliche gezähmt, so wie die Tradition den Aufbruch zähmt. Und ehe die Kirche und die von ihr Beauftragten sich bewegen und ihre Hütte verlassen, mahnt man das Volk an, es würde sich doch auch sonst bewegen, um in das nächste Einkaufszentrum oder zur Freizeitaktivität zu fahren – als wenn die Kirche eine Freizeitveranstaltung wäre. Es ist erstaunlich, dass gerade die Abgrenzungsmeister hier etwas fordern, was sie selbst nicht zu geben bereit sind – die Erfüllung einer Zumutung, die seit den Zeiten Abrams allen gilt, die sich auf den Bund Gottes einlassen:

Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. (Genesis 12,2b.3)

Die erste Lesung vom zweiten Fastensonntag im Lesejahr A, der dieser Text entstammt, weiß zu berichten, dass Abram, der später Abraham heißen wird, nicht lange zögert:

Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte. (Genesis 12,4a)

Abram zog weg, er baute keine Hütte. Der Urvater aller Glaubenden ging auf Wanderschaft; er wartete nicht darauf, dass die Völker zu ihm kamen.  Wer in der gegenwärtigen Umbruchsituation auf die Menschen wartet, wird das wohl lange tun. Nur wer aufbricht und sich den Auftrag Gottes zumutet, wird zum Segen werden – einem Segen, der allen anvertraut ist, die als Kinder Abrahams an seiner Verheißung Anteil haben. Aufbruch, das ist kein Bekenntnis, das man mit Lippen formt, sondern mit den Füßen!

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

3 Kommentare

  1. Marcus Tannebaum schrieb am 17. März 2014 um 00:33 :

    Danke für diesen Beitrag voller Anstößigem – so oder so 😉

    Aufbruch, Bekenntnis, Lippen, Füße – ich versuche meinen Kommentar ausgehend vom letzten Satz zu sortieren …

    Anstößig wird es für manche KollegInnen schon sein, die chronischen oder „stress“bedingten Erkrankungen sozusagen aufs Korn (also ins Visier der Kritik der Selbstfixierung) zu nehmen – ich hoffe, dass sie trotzdem den blog weiterlesen und mit-neu-aufbruch-denken – denn immer wieder fühle oder ertaste ich Sackgassen in der pastoralen Perspektiv-Gestaltung. Denn das Krank-sein (am Beruf) betrifft viele. Trotzdem wird vielfach das System und die Einstellung zu den gefühlten Anforderungen usw. aufrecht erhalten.

    Hier sage ich trotzdem, denn das mach MEIN Leiden darunter aus – das Lippen-Bekenntnis des „Alles zuviel“. Mit einer Kultur des Selbst-Leidens und des Ertragens kann ich kaum eine frohe Botschaft an die Frau oder den Mann bringen. Es ist sicher theologisch nicht verzichtbar, das Kreuz auf sich zu nehmen, aber es zum Selbstzweck zu erklären, hilft mir – und auch meinem Gegenüber! – nicht weiter. Aus der Beratungstätigkeit kenne und lerne ich den Wert von klaren Grenzen und dem Blick auf das eigene Empfinden. Mitfühlen heißt nicht selbst-kasteiendes Mitleiden und (hilfreiche, heilende) Begegnung kann nicht stattfinden im Mitverschwimmen im unreflektierten Leiden, Klagen, Lammentieren – im Gegenteil, das ist unauthentisch im tiefen Sinn. Aber (eigene) Seelenpflege und (anderer) Seelensorge hängen zusammen.

    Ich möchte jedenfalls nicht mit den Neinsagern aus Prinzip am Strang ziehen – und trotzdem die richtigen Entscheidungen und Weichenstellungen fördern. Dazu wird aber auch Neinsagen zu althergebracht Gewohntem gehören.

    Füße und Fußläufigkeit – der Traum der Pfarrfamilie ist nicht wegen der pastoralen Umstrukturierungen zerplatzt, sondern wegen des Zerplatzens der überkommenen dörflichen Lebensordnung, auch wenn es noch vielerorts doch noch immer derartige(auch positive) Erfahrungen gibt – gerade die, die die frohe Botschaft wieder zu Gehör bekommen sollen, sind doch gar nicht mehr in solchen Bezügen anzutreffen. Aber wo versammelt sich heute das Volk im Zeitalter der Individualisierung? Wohin muss man zu ihnen aufbrechen? Wer wird sich denn auf den Weg machen um den Hauptamtlichen zu suchen? Richtig, die Völker wandern nicht. Das haben Sie aber nie getan. Der selbstverständliche Ort der Versammlung ist auch nicht mehr selbstverständlich.

    Viele Sätze aus dem Beitrag klingeln in meine Ohren, weil mir die Argumentationen schon begegnet sind – aber aufgelöst sind die Dilemmata auch nicht durch den Rückschlag auf die hüttenbauenden Hauptamtlichen. Viele nehmen vielfach vielerorts Zumutungen an – am liebsten gemeinsam mit Ehrenamtlichen, am besten darauf bedacht, auch diesen Ihre Selbstsorge anzumahnen. Diese SeelsorgerInnen werden zu Recht angefragt mit Ihrer Professionalität und Ihrem Blick über kleingedachte Pallisadenzäune hinaus. Tatsächlich, es gibt Anfragen nach theologischem Input – aber im Alltag gibt es noch viel mehr – und auch die echte Begegnung braucht viel Vorlauf, bevor dann die studierte (und natürlich am Leben entwickelte) Theologie kommen kann – wenn es denn sein soll.

    „Nicht das Ich sollte im Vordergrund stehen, sondern das Du“ – das trifft jeden nur selbstdarstellerischen Auftritt um seiner selbst willen zurecht, und darunter kann man manchmal auch leiden – aber ich kann mich dem Du nicht wirklich zuwenden, wenn ich mir nicht meinem ich sehr bewusst bin.

    Aufbruch – zu einer Kirche, die nicht nur nach der geschwistergerechten Verteilung der Messzeiten schaut, sondern nach der Mystagogie des Alltags, des alltäglichen Handelns und Begegnens – los geht’s, Schritt für Schritt …

    (Dies ist ein Versuch eines Kommentars und ein dringender Wunsch nach Weiterentwicklung des Themas)

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 17. März 2014 um 09:51 :

      Lieber Marcus Tannebaum,

      vielen Dank für diesen Kommentar, der das Thema gut und – Gott sei Dank – auch kontrovers weiterführt. Natürlich polemisiere ich in meinem Artikel. Dahinter stecken aber auch reale Erfahrungen. Gottesdienstplanungen etwa werden immer wieder – natürlich nicht immer und überall – damit begründet, die Leute wären doch mobil, wenn sie nur wollten. Der so argumentierende Pfarrer jedenfalls ist es dann nicht. Es darf auch nicht vergessen werden, dass Ehrenamtliche ihre Aufgaben neben ihrer alltäglichen beruflichen Tätigkeit ausüben. Sie sind sich also nicht zu schade, sich zusätzlich zu engagieren. Wer hier als Hautpamtlicher darauf hinweist, er müsse auf seinen Ressourcen achten und etwa bei Terminplanungen darauf aufmerksam macht, zu diesem oder jenem Zeitpunkt hätte er frei, stößt diejenigen, die sich in ihrer Freizeit engagieren vor den Kopf. Natürlich hat auch der Hauptamtliche das Recht auf seinen freien Tag. Die Frage ist nur, ob man das rhetorisch nicht anders sagen muss.
      Nicht ganz einverstanden bin ich mit dem Hinweis, dass man sich dem Du nur wirklich zuwenden kann, wenn man sich seines Ichs bewusst ist. Da ist sicher etwas Wahres dran. Ich kenne aber kaum Ich-vergessene Hauptamtliche. Das Argument „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ geht davon aus, dass die Selbstliebe schon vorhanden ist und nicht erst geschaffen werden muss. Hier muss man sehr vorsichtig sein, um nicht schon wieder eine Rechtfertigung für den Selbstrückzug aufzubauen.
      Sehr wertvoll hingegen ist der Hinweis auf die Mitarbeit Ehrenamtlicher. Die pastorale Zukunft wird ohne diese Kräfte „vor Ort“ nicht gelingen. Am Beispiel des sonntäglichen Gottesdientes wird das deutlich. Dort wo keine Eucharistiefeier aufgrund fehlender und reisewilliger Priester nicht möglich ist, muss in den Gemeinden trotzdem Liturgie gefeiert werdne. Das kann und muss auch durch Ehrenamtliche geschehen, die entsprechend qualifiziert sind, so dass tatsächlich Liturgie der Kirche gefeiert wird. Wir (der für Remscheid zuständig Kantor und ich) habe deshalb vor Jahren schon Ehrenamtliche in Remscheid qualifiziert. Bis heute kommen sie aber nur selten zum Einsatz – selbst in der Woche – mit dem Hinweis, es würde doch noch jeden Tag eine Eucharistiefeier stattfinden. Warum dann trotzdem keine Vesper, Laudes oder Komplet durch die Laien gefeiert werden kann – diese Frage blieb bis heute unbeantwortet. Das – in diesem Falle – klerikale Ich ist noch groß.
      Ein anderes Beispiel: In Bonn möchten Ehrenamtliche einen zusätzlichen Kindergottesdienst anbieten. Die hauptamtliche Pastoralreferentin ist dagegen, weil sie nicht immer dabei sein kann. Auf den Hinweis, dass sie das nicht müsse, reagiert sie abweisend: Kindergottesdienst sei ihre Sache. Es ist eine Kollegin, die immer wieder auf ihre Arbeitsbelastung hinweist. Auch hier ist das Ich größer als man denkt, denn die Ehrenamtlichen würden sie doch entlasten.
      Nein – ich glaube, das Ich ist schon groß. Es gibt sicher Aufgaben, für die die Hauptamtlichen genuin zuständig sind. Aber bereits jetzt könnte schon vieles verantwortlich durch Ehrenamtliche geschehen, ohne dass sie ständig kontrolliert werden müssten. Warum hier nicht pastorale Arbeit an vielen Orten neu organisiert wird, bleibt mir – ehrlich gesagt – ein Rätsel. Es sei denn, wir Hauptamtliche haben ein Problem mit selbstbewussten Ehrenamtlichen – und das wäre wieder ein Ich-Problem.

      Werner Kleine

  2. Marcus Tannebaum schrieb am 17. März 2014 um 10:55 :

    … das sind Beispiele meiner klingelnden Ohren: manchmal die Art und Weise, wie auf freie Zeiten verwiesen wird.
    Dabei gibt es häufig in den Gremien und Kreise mehr Leute, die dafür ja Verständnis haben. Und die anderen, die so was nicht hören können, weil sie noch ganz andere Anforderungen z.B. im Beruf kennen, sind ja schon lange gar nicht mehr so nah dabei.
    Diese möchte ich aber besonders in den Blick nehmen, mit ihnen ins Gespräch kommen, begegnen …

    Auch bei den Hauptamtlichen kenne und sehe und leide ich aber unter beiden Extremen: den völlig Selbstvergessenen und den sehr Selbstreferentiellen, die im gleichen Tonfall von Überlastung klagen.
    Wenn hier jemand Ansätze für Wege aus diesen Spiralen bieten könnte, wäre das ein Segen …

    Die Frage, warum (etwa charismenorientiert? omg) Qualifizierte nicht im Kerngeschäft eingesetzt werden, bleibt unverständlich unbeantwortet – warten wir also lieber, bis jemand umgefallen ist.
    Oder vor welchem Vergleich und Bedeutungsverlust fürchte ich mich?

    Für die Beispiele aus Remscheid und Bonn habe ich (in der gebotenen „polemische“ 😉 Verkürzung) auch kein Verständnis – und man könnte die Beispielliste wohl weit fortführen – noch zuletzt haben wir in einer kollegialen Besprechung unter PastoralkurskollegInnen ganz ähnliche Beobachtungen.

    Vielleicht sind wir aber kirchlich / spirituell / gesellschaftlich schon einige Schritte weiter, als dass die Wiederbelebung des Stundengebetes als Gebet des Volkes den Zukunftsweg weist. Meine kleinen Erfahrungen mit zaghaften Versuchen sind, dass die klassische und doch noch für lange Zeit beruhigend breite Zielgruppe dann oft doch lieber die richtige Messe am liebsten mit dem richtigen Priester suchen möchte.
    Die Wiederentdeckung der alltäglichen und von vielen getragenen Spiritualität steht oft noch aus.

    In geprägten Zeiten geht es vielleicht gut, aber dies sind auch kleine Herden.

    Viele Rätsel …

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