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kath 2:30 Dies DominiDer Glaube an einen dreifaltigen Gott stellt eine Herausforderung dar. Nicht nur der modern aufgeklärte und naturwissenschaftlich konditionierte Mensch stößt sich an der Gleichung „1=3“. Auch der interreligiöse Dialog mit den anderen monotheistischen Religionen steht angesichts des trinitarischen Dogmas immer wieder vor Kommunikationsschwierigkeiten.

Es liegt im ureigensten Ansatz und Auftrag der Katholischen Citykirche Wuppertal, neue Wege zu den Menschen zu suchen. Dazu gehen wir an die Orte, an denen die Menschen leben – eben auch auf die Straßen und Plätze der Stadt. Nicht selten kommt es dabei auch zu Begegnungen und Gesprächen mit Muslimen. Hin und wieder werden wir dabei auch nach diesem aus muslimischer Sicht eigenartigen Glauben an einen Gott in drei Personen gefragt. Mit einem jungen Muslim entspann sich so eine interessante Diskussion. Die Erklärung, dass Christen an einen Gott glauben, der sich in einer dreifachen Weise zeigt – als schöpferischer Vater, als menschgewordener Sohn und als im Menschen Wohnsitz nehmender Heiliger Geist, wurde mit der Frage gekontert, wie das den sein könnte, dass Gott an drei Stellen gleichzeitig sei.

Die Schwierigkeit liegt dabei im Personbegriff, mit dem die Kirchenväter versucht haben, die Dreifaltigkeit verständlich zu. Das Problem ist die Bedeutungsverschiebung, die der Personbegriff erfahren hat. Heute versteht man unter „Person“ das einzigartige Individuum, das sich von anderen Individuen abgrenzt. Jede Person hat in dieser Perspektive ein eigenes Wesen. Dieses Verständnis bedeutet für die Dreifaltigkeit Gottes tatsächlich eine Schwierigkeit, da so die Wesensgleichheit der drei göttlichen Personen nicht verständlich gemacht werden kann.

Tatsächlich hatten die Kirchenväter aber nicht einen solchen individualistischen Personbegriff vor Augen. „Persona“ – das war zu ihrer Zeit auch nicht der einzelne Mensch, sondern eine Maske, die Schauspieler im Theater benutzen, um ihre Rolle zu kennzeichnen. Sie sprachen durch die Maske hindurch (lat.: personare = hindurchsprechen). Diese „Person“ ist also nicht Trägerin des Wesens, sondern markiert eine Erscheinungsweise. Das eigentliche Wesen drückt sich erst durch die Persona-Maske aus.

Diese Bedeutung von „Person“ ermöglicht tatsächlich ein anschauliches Verständnis der Dreifaltigkeit. Christen glauben an einen Gott, der sich gewissermaßen in drei „Masken“, also Erscheinungsweisen gezeigt hat. Hinter der Erscheinungsweise steckt immer ein und derselbe Gott. Christen glauben an einen Gott, der als Vater die Welt nicht nur erschaffen hat. Er erhält die Welt. Er steht treu zu seinen Verheißungen. Als Vater und Erhalten setzt er die Welt und seine Geschöpfe trotzdem in Freiheit, ohne seine Fürsorge zu vernachlässigen.

Letzteres hat er insbesondere in der Erscheinungsweise des menschgewordenen Sohnes gezeigt. Er entäußert sich seiner Gottheit, indem er ganz Mensch wird und das Menschenschicksal bis in die tiefsten Tiefen teilt. Im Kreuzestod und in der Auferstehung setzt er für die Menschen ein Zeichen, dass selbst für den Schuldigen eine bedingungslose Gottesnähe möglich ist.

Diese Gottesnähe wird schließlich unüberbietbar deutlich, indem Gott selbst Wohnsitz im Menschen nimmt. Der Heilige Geist ist das Lebensprinzip Gottes in der Schöpfung. Alles, was atmet, atmet den heiligen Hauch Gottes. Nicht umsonst spricht die Schrift deshalb davon, dass die Gläubigen „Tempel des Heiligen Geistes“ sind – so etwa in 1 Korinther 6,19. Der Mensch wird zum Ort der Gottesbegegnung. Es bedarf dazu nicht spezieller Orte oder Gebetsrichtungen. Gott manifestiert sich eben nicht mehr nur an einem Ort – sei es der Tempelberg in Jerusalem oder die Kaba in Mekka. Wer Gott begegnen will, braucht nur in das Antlitz eines anderen Menschen zu schauen. Wohlgemerkt – Nicht der Mensch ist Gott; aber er ist Wohnsitz Gottes:

Wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid? (1 Korinther 6,19)

Nicht umsonst heißt es deshalb im Evangelium zum Dreifaltigkeitssonntag im Lesejahr C:

Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden. (Johannes 16,14f)

Die Kirche ist schließlich die Gemeinschaft derer, die sich dazu bekennen, Träger des Heiligen Geistes zu sein. Durch den Heiligen Geist ist sie erst in der Lage, die Botschaft Gottes zu verkünden. Denn der Heilige Geist nimmt von dem, was Jesu, des Sohnes Gottes ist; und er nimmt von dem, was des Vaters ist.

Nun kann man den Heiligen Geist, gerade weil er Gott ist, nicht messen oder teilen. Es gibt nicht viel oder wenig Heiliger Geist. Im Heiligen Geist ist Gott immer ganz da. Gleichwohl muss nicht jeder alles können. Die Kirche ist ein Organismus, deren Glieder eine je eigene Aufgabe haben, die nach christlichem Verständnis als Gabe des Heiligen Geistes verstanden wird. Gerade weil der Heilige Geist aber unteilbar ist, kann es keine Rangordnung der Glieder der Kirche geben. Genauso wenig wie der Heilige Geist dem Sohn oder dem Vater untergeordnet ist, darf die kirchliche Hierarchie als ein Verhältnis der Über- oder Unterordnung verstanden werden, sondern als heilige Ordnung eines lebendigen Organismus.

Was soll man da von einer Anmerkung eines deutschen Bischofs halten, der darauf hinweist, dass die „Kirche von unten“ alleine deshalb schon im Irrtum sei, weil die Kirche immer eine „Kirche von oben“ sei. Egal, wie man zur „Kirche von unten“ stehen mag – weil Gott selbst nicht seine Gottheit wie einen Raub festhält, sondern sich im Heiligen Geist in die Menschen hinein entäußert, ist die Rede von „oben“ und „unten“ schwierig. Gott ist nicht einfach oben. Er ist unter den Menschen, in den Menschen, sein Wohnsitz ist mitten in den Menschen, so wie es bei Ezechiel heißt:

Sie werden mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein. (Ezechiel 11,20)

Wo die Glieder der Kirche das realisieren, wird ein Teil von dem Wirklichkeit, was in der Offenbarung des Johannes über das himmlische Jerusalem verheißen wird:

Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm. (Offenbarung 21,22)

Gott ist längst da. Er wohnt in uns. Wir sind Tempel des Heiligen Geistes. Er ist nicht einfach nur oben oder unten. Er ist da. Er ist der „Ich bin da“. Wie können da manche in der Kirche immer noch eine Hierarchie im Sinne eines „Oben“ und „Unten“ als Abbild der göttlichen Ökonomie denken und danach handeln, wenn Gott doch schon längst bei den Menschen angekommen ist. Wer da immer noch nach oben schaut, wird Gott in dieser Welt verpassen. Nicht umsonst werden die Jünger nach der Himmelfahrt Christi von zwei weiß gewandeten Männern zurecht gewiesen:

Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen. (Apostelgeschichte 1,11)

Tatsächlich – im Heiligen Geist ist er schon da. Also hebt die Augen nicht zum Himmel, sondern schaut zum Nächsten – denn auch der Nächste ist ein Tempel Gottes.

Das ist ureigentlich christlich und unterscheidet die Christen von den anderen monotheistischen Religionen. Denn diese Erkenntnis prägt das Ethos. Als Träger des Heiligen Geistes ist der Mensch der Verfügbarkeit des Menschen enthoben.

Diese Herausforderung blieb für den jungen Muslim: Wie kann das sein, dass Gott an drei Orten ist? Das kann nicht sein! Meine Antwort darauf: Für uns Menschen ist das unmöglich, für Gott nicht. Wenn der Gott des Islam das nicht kann, ist er zu klein. Allahu akhbar – Gott, ist groß!

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

2 Kommentare

  1. Br. Martin Koch schrieb am 29. Mai 2013 um 11:50 :

    Sehr erhellend und eine schöne Ergänzung zu meinen dogmatischen Studien 🙂
    Wie hat der junge Muslim auf Ihre Antwort reagiert?

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 29. Mai 2013 um 20:00 :

      Er ist zumindest nachdenklich weitergegangen. Ihm ist wohl klargeworden, dass die Einheit Gottes alleine andere Paradoxien schafft. Der Ruf “Gott ist groß” hat eben Konsequenzen – auch für die Frage, wo Gott sein kann und ist. Das, so gab er zu, habe er bisher nicht bedacht. Leider habe ich danach von ihm nichts mehr gehört, so dass ich nicht weiß, wohin sein Nachdenken ihn geführt hat.

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