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kath 2:30 Theologie konkret

Überlegungen zur Stellung des Menschen in der Welt von heute

Egal wohin man heutzutage schaut – der Wahrnehmung immer neuer Unheilsbotschaften kann man sich nicht mehr erwehren. Dabei sind es nicht unbedingt die großen Katastrophen, die uns aus den Sesseln reißt. Die Naturgewalten und Kriege, die Millionen von Menschen heimatlos werden lassen oder ihnen das Leben nehmen, werden sogar eher beiläufig wahrge-nommen. Vielmehr sind es die mehr oder weniger kleinen Schicksalsschläge, die uns unmittelbar betreffen. In letzter Zeit war es vor allem die Schweingrippe, die zu geradezu hysterischen Reaktionen, führte die den nüchternen Zeitgenossen mitunter am gesunden Menschenverstand zweifeln lassen.

Vom Geschöpf zum Schöpfer

Fragt man nach den Ursachen dieser Entwicklungen, erhält man einhellig die Antwort, dass die Industrialisierung ihren Tribut einfordert. Das gilt für die Landwirtschaft ebenso wie für die anderen Bereiche unseres Lebens. Meist wird auch von einer Fehlentwicklung gesprochen, die in einer artfremden Haltung von Tieren oder der widernatürlichen Nutzung der schöpfungseigenen Ressourcen besteht. Dabei scheint der Begriff „Schöpfung“ allerdings schon fehl am Platze zu sein. Der Mensch von heute sieht sich nicht als Geschöpf, sondern eher als Schöpfer. Er glaubt, die Natur beherrschbar gemacht zu haben. Und tatsächlich scheinen die neuesten wissenschaftlichen Forschungen gerade auf dem Gebiet der Gen-Technologie den Menschen in die Lage zu setzen, die Welt nach seinem Bild zu schaffen.

Die Krise der Krone der Schöpfung

Dass dieser Weg in die Krise zu führen scheint, ist angesichts der aktuellen Rückschläge nur allzu deutlich. Als Antwort darauf sucht der Mensch allerdings nach Möglichkeiten, seine Schöpfung zu verbessern. Diese Methode scheint allerdings nur den Irrtum fortzuführen, der Mensch könne seine eigene Erlösung betreiben. Zumindest lehrt die Erfahrung, dass bei aller Erleichterung des Lebens durch den technischen Fortschritt immer auch neue Gefahrenpotentiale aktiviert wurde. Die gerufenen Geister machen sich mitunter selbständig. Die Welt ist zu komplex, als dass sie wirklich beherrschbar wäre. Vielleicht ist die Schöpfung einfach eine Nummer zu groß für den Menschen. Eine wirkliche Verbesserung der aktuellen Situation ist deshalb von einer vermeintlich präziseren Forschung und Methodenentwicklung erfahrungsgemäß nicht zu erwarten. Ist ein Ausweg dann überhaupt möglich?

Erkenne dich selbst

Die einzige Möglichkeit, den Weg aus einer Sackgasse heraus zu finden, ist die Umkehr. Umkehren bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Mensch den ihm angemessenen Platz in der Schöpfung einnimmt. Er ist eben nicht Schöpfer, sondern Geschöpf. Selbst Schöpfer sein zu wollen, ist deshalb nicht nur einen blasphemische Anmaßung, sondern überfordert den Menschen auch, wie gerade die aktuelle Entwicklung zeigt. Erkennt der Mensch aber an, was er ist, nämlich Geschöpf, dann steht er nicht mehr über der Schöpfung, sondern in ihr. Als Teil der Schöpfung wirkt sich jeder Eingriff in sie unmittelbar auf ihn selbst aus. Durch die Beherrschung der Schöpfung verliert der Mensch selbst seine gottgeschenkte Freiheit. Nur wenn der Mensch sich als Teil der Schöpfung begreift, kann dieser Irrweg verhindert werden.

Abbild Gottes

Freilich ist der Mensch ein besonderes Geschöpf. Er ist ein „Abbild Gottes“ (vgl. Genesis 1,27). Als Abbild ist er aber nicht Gott selbst. Trotzdem trägt er als Abbild eine hohe Verantwortung. Diese Verantwortung steht mit dem Auftrag, die Erde zu beherrschen (vgl. Genesis 1,28), in enger Beziehung. Die Erde ist dem Menschen eben nicht zur willkürlichen Verfügung überlassen worden. So wie ein Staatslenker das Wohl seines Volkes im Blick halten muss, trägt der Mensch die Verantwortung für die Schöpfung. Und so wie sich ein Volk gegen einen un-gerechten und willkürlichen Regenten auflehnen und ihn davonjagen wird, so wird sich auch die Schöpfung ihrem Herrscher gegenüber verhalten. Der Mensch ist also gut beraten, seinen Umgang mit der Schöpfung am Schöpfer selbst zu messen. Ihm gegenüber wird der Mensch eines Tages Rechenschaft ablegen müssen.

Eine neue Schöpfung

Gott weiß offenkundig um die Schwäche der Menschen. Obwohl sich der Mensch unzählige Male von ihm abgewendet hat, hat Gott ihn nicht fallen lassen. Trotzdem hat er den Menschen immer wieder auf seinen Platz verwiesen. Dies ist nirgendwo deutlicher geschehen als in dem „Ecce homo“ des Karfreitags, mit dem uns der geschundene und dem Tod überlieferte Jesus als Prototyp des Menschen vor Augen gestellt wird. Der Mensch ist als solcher dem Tod ausgeliefert. Diese unausweichliche Realität nicht wahr haben zu wollen verführt den Menschen dazu, sich die Schöpfung neu zu schaffen, eine schönere, bessere Welt zu erfinden, in der der Tod nicht mehr wahrgenommen wird. Die Macht des Todes wird hierdurch aber nicht gebrochen. Vielmehr gibt sich der Mensch einer selbstgebastelten Illusion hin. Erkennt der Mensch aber seine Todverfallenheit an, wird das „Ecce homo“ nicht nur zu einer resignierten Bestäti-gung eines unausweichlichen Schicksals. Das „Ecce homo“ ist vielmehr auch eine Verheißung. Denn gerade in Tod und Auferstehung Jesu Christi schafft Gott die Welt neu, so dass Paulus sagen kann: „Wer in Christus ist, ist eine neue Schöpfung“ (2 Korinther 5,17).

So ist der Mensch

Jesus Christus ist das menschliche Abbild Gottes. Wer auf ihn schaut, wird die Augen vor dem Tod nicht verschließen können, aber auch nicht wollen. Der Karfreitag ist zwar in seiner ganzen Härte unausweichlich. Und doch hat der Tod nicht das letzte Wort. Es ist Gott, der diesen Tod überwindet. Er allein kann die Welt neu schaffen. Dies sollte der Mensch in seinem Umgang mit der Schöpfung bedenken. Denn ob die Schöpfung uns braucht, ist fraglich. Wir aber brauchen die Schöpfung.

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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