Dies domini – Zweiter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Es sind verwirrte Zeiten, in denen wir leben. Die Gesellschaft irrt sich durch die Corona-Pandemie voran, während einige Schreihälse meinen, die Weisheit spazierengehend gepachtet zu haben. Das pandemische Schlamassel wird man so sicher nicht ordnen können. Das schein den verirrten Flaneuren aber herzlich egal zu sein. Sie wollen einfach Recht haben. Weil Argumente diese Selbstillusion zu stören im Stande sind, muss man halt lautstark rufen, Kindern gleich, die im dunklen Wald das Raunen des Unterholzes und die mit ihm aufkommenden Angst mit albernem Gekicher und Gebrüll übertönen müssen. Wer sich auf diese Weise selbst zum Maßstab des Rechtes hat, weiß nicht natürlich befugt, alle anderen, die nicht seinem Weg folgen, des Unrechtes zu zeihen. So sich selbst zum Richter erhebend lässt es sich fein urteilen gemäß dem Grundgesetz der Ignoranten, das aus exakt zwei Paragraphen besteht:
§1 Ich habe immer Recht.
§2 Sollte das einmal erwiesenermaßen nicht der Fall sein, tritt automatisch § 1 in Kraft.
Die Infallibilität ist bequem und macht unangreifbar. Sie immunisiert gegen jede Kritik. Wo aber Kritik gemieden wird, fehlt jener Diskurs, der ein Fortschreiten – und sei es ein Voranirren – zur und in der Wahrheit unmöglich macht. Unfehlbarkeit ist und bleibt eine gefährliche Eigenschaft, der man sich nur mit höchstem Bedacht bedienen sollte. Was, wenn man auch im Irrtum unfehlbar ist?
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Dies domini – 2. Sonntag nach Weihnachten, Lesejahr C
„Im Anfang war das Wort
Und das Wort war bei Gott
und das Wort war Gott.
Dieses war im Anfang bei Gott.“ (Joh 1,1f.)
Damit beginnt das Johannes-Evangelium und der zentrale Text unseres Sonntags. Worte, die wir schon oft gehört haben, die wir als dicht, markant und bedeutungsschwer, aber vielleicht doch auch als weit entfernt von unserer Lebenswirklichkeit empfunden haben. Hohe Literatur und hohe Theologie.
„Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Joh 1,3ff.)
So setzt der Evangelist fort und wenn wir uns einmal der Möglichkeit aussetzen, dass wir nicht alles im Licht der vernünftigen Aufklärung verstehen müssen, weil wir es dazu nicht stets auf den rechten Begriff zu bringen vermögen, dann könnte man doch annehmen, dass hier eine Wirklichkeit ausgedrückt werden soll, die uns zwar übersteigt, aber auch voraus liegt. Alles was geworden ist, also doch auch wir als geschaffene Wesen, wurden auch durch das Wort. Also wird man ohne Vereinnahmung der Absichten des Evangelisten doch sagen dürfen, wir selbst seien dieses Wort, das Gott an uns richtet. Wir sind die Flaschenpost, wie es P. Salmann einmal in einem wunderlichen, aber auch wunderbaren Bild beschrieben hat, die an unseren Strand gespült wurde und jetzt sitzen wir da und entkorken und entziffern sie. Was mag mit uns gemeint sein?
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Wie ein Windhauch ist auch dieses Jahr vergangen. Höhen und Tiefen, Siege und Niederlagen – alles ist nur noch Erinnerung. Das Jahr hat seine Zeit gehabt und in diesem Jahr haben viele, allzu viele ihre Zeit verloren. Zwar ist die Festlegung eines Jahreswechsels eine einigermaßen willkürliche Angelegenheit. Die ganz alten Römer begingen ihn am 1. März im Frühjahr, orthodoxe Christen feiern Neujahr am 1. September, dem Tag der Schöpfung der Welt. Christen der lateinischen Tradition feierten Neujahr im Lauf der Geschichte wahlweise am 25.12., dem Weihnachtsfest, dem 25.3., dem Hochfest Verkündigung des Herrn oder auch am 1. Advent, mit dem heute noch das Kirchenjahr beginnt. Dass man Neujahr am 1. Januar begeht, geht wieder auf die Römer zurück. Das Datum war der traditionelle Amtsantritt der römischen Konsuln und wurde von Julius Cäsar mit der Einführung des julianischen Kalenders im Jahr 45 v.d.Z. zum Datum des Jahresanfangs proklamiert. Nun feiern wir also als am 31.12. Silvester und am 1. Januar Neujahr. Wechselzeiten sind Bilanzzeiten. Es wird Inventur gemacht, die Bestände werden prüft, Gewinne und Verluste dokumentiert – das gilt wohl im geschäftlichen wie im privaten Leben. Vor allem aber gilt es eben im Leben, denn nur Lebende haben Zeit. Tote haben keine Zeit mehr. Was glauben Sie denn?
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Dies domini – Vierter Adventssonntag, Lesejahr C
Stille ist die Sache des göttlichen Geistes nicht – wenigstens nicht, wenn man seinem Wehen in den Worten der Heiligen Schrift folgt. Wenn Gott spricht, sich mitteilt, im Flügelschlagen der Engel oder im Wehen seines Geistes dann wird es laut. Wie Donnerhall ist seine Stimme, wie das Rauschen mächtiger Wassermaßen, wie Sturm und Feuerzungen. Gut – wenigstens der Prophet Elija macht die Erfahrung, dass Gott auch im leisen Säuseln ist (vgl. 1 Könige 19,13). Warum sollte Gott auch nicht in darin sein? Er ist doch in allem, was atmet, in allem, was ist gegenwärtig, verdankt sich doch alles Sein seinem schöpferischen Wort. Aber selbst in der Erzählung vom Propheten Elija fällt auf, dass es nicht heißt, Gott sei im Säuseln. Vielmehr muss der Prophet, der gegenüber den Baalspriestern mächtige Zeichen im Auftrag des Höchsten sprechen ließ (vgl. 1 Könige 18), dass das alleine eben nicht reicht. Gott ist mehr als Naturgewalt. Er ist mehr als Donnerhall, Wasserrauschen und Feuersgluten. Er ist nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. Wer hier das eine gegen das andere ausspielt – und war egal von welcher Richtung – der versucht sich an einer Zähmung des Höchsten. Und so spricht Gott in der Elijah-Erzählung erst, als das Säuseln verklungen ist und Elijah seine Lektion gelernt hat:
Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle. Da vernahm er eine Stimme, die ihm zurief: Was willst du hier, Elija? 1 Könige 19,12-14
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Gaudete! – so nennt die Tradition der Kirche den dritten Adventssonntag.
„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4,4)
– so lautet der namensgebende Eröffnungsvers der römisch-katholischen Liturgie. In der Tat dürfte bei vielen selbst in diesen pandemischen Zeiten die Vorfreude auf das Weihnachtsfest steigen. Weihnachten ist ein eigentümliches, heimeliges Fest, dem sich niemand so ganz entziehen kann. Oder hat man je gehört, dass handfeste Nichtglaubende an Weihnachten nichts schenken würden? Was glauben Sie denn?
Wie auch immer man zum Glauben an die Menschwerdung Gottes stehen mag, die in zwei Wochen gefeiert wird, – so richtig kalt lässt sie niemanden. Dabei haben die historischen Umstände damals wohl wenig mit den romantischen Bildern gemein, die heute das Fest der Heiligen Nacht prägen. Nach dem Lukasevangelium soll ein kaiserlicher Erlass die Ursache dafür gewesen sein, dass sich der Handwerker Josef mit seiner schwangeren Frau Mirjam von Nazareth auf den Weg nach Bethelehm machen muss. Der Eintrag in Steuerlisten steht an. Dass es solche Zählungen tatsächlich gegeben hat, ist mittlerweile durch einen Papyrus aus dem Archiv der Jüdin Babatha archäologisch belegt. Auch sie muss sich römischen Steuerschätzung beteiligen, für die sie im Jahr 127 n.d.Z. mit ihrem Mann Judanes von Maoza in der Provinz Arabia nach Rabbath reist. Aus gleichem Grund haben sich auch Josef und Maria auf den Weg nach Bethlehem gemacht. Fünf bis sechs Tagesmärsche brauchte man wohl für die etwa 150 Kilometer lange Strecke von Nazareth nach Bethlehem. Dort war dann kein Platz in der Herberge. Dort kam das Paar unter – der Rest ist Geschichte.
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Dies domini – Zweiter Adventssonntag, Lesejahr C
Lässt man die Lesungen des heutigen zweiten Adventssonntages unvoreingenommen auf sich wirken, so scheinen sie dem komfortablen Straßenbau verpflichtet:
„Denn Gott hat befohlen: Senken sollen sich alle hohen Berge und die ewigen Hügel und heben sollen sich die Täler zu ebenem Land, sodass Israel unter der Herrlichkeit Gottes sicher dahinziehen kann.“ (Bar 5,7f.)
So heißt es bei Baruch und das Evangelium setzt gleich noch einen drauf:
„Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.“ (Lk 3,4f.)
Man bräuchte schon Garten- und Landschaftsbauer vom Format eines Capability Brown, um diese Aufforderungen erfüllen zu können. Allerdings wäre das Ergebnis womöglich ebenso bewunderungswürdig, die Parks von Blenheim Palace und dem Landsitz der Familie Crawley, Highclere Castle alias Downton Abbey sprechen beispielhaft für sich.
Allerdings geht es in den Lesungen ja nicht um eine Augenweide für wohlhabende, englische Aristokraten, sondern um die Wegbereitung für Israel und den Herrn selbst, für den sich der Rufer in der Wüste, Johannes, so wortmächtig einsetzt. Trotzdem kann vielleicht dieser Blick auf die natürliche Umwelt, unsere Städte, Parks und Landschaften uns dabei helfen, den Sinn der Adventszeit für uns umzusetzen: Diese vielfältigen Bezüge wahrzunehmen zwischen den Bewohnern und ihrer Art und Weise, sich ihre Umwelt selbst zu gestalten und uns in demselben Bereich, unsere Mitmenschen, Nachbarn, anderen Verkehrsteilnehmer, aber auch die Natur, die Häuser, die Straßen, die unglaubliche Infrastruktur, die für unsere Lebensweise erforderlich ist, wie ein riesiger Ameisenhaufen. Myriaden von Notwendigkeiten wie in unserem Alltag. Die täglichen Verrichtungen im Haushalt, die Sorge für die Kinder, die Arbeit, die Begegnungen mit Freunden, Sport, Konsum, Fernsehen und andere Medien: überall von morgens früh bis abends spät Anforderungen, Notwendigkeiten, Aufgaben. Wir mittendrin als Erfüllungsgehilfen unserer to-do-Listen.
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Dies domini – Hochfest Christkönig, Lesejahr B
Die Wahrheit liege im Auge des Betrachters – so jedenfalls weiß es der Volksmund. Sicher ist es nicht so, dass alles, was das Volk als so von sich gibt, von sich aus schon wahr wäre. Wahrheit ergibt sich ebenso wenig aus Mehrheitsbeschlüssen, wie wissenschaftlich Erkenntnisse aus demokratischen Prozessen hervorgehen. Nicht die Mehrheit bestimmt, was wahr ist; vielmehr versammelt sich im Laufe der Zeit die Mehrheit – oder, wie manche heutzutage abfällig bemerken, der Mainstream – hinter der Wahrheit, die sich schlussendlich als evident erweist. Sicher kann kein Zweifel daran bestehen, dass bisweilen hart um die Wahrheit gerungen werden muss. Sie ist an sich von flüchtigem Wesen. Man kann sie nicht einfach besitzen und für sich exklusiv in Anspruch nehmen. Was wahr ist muss zu guter Letzt eben auch wirklich sein, eben evident. Die Wirklichkeit ist der Lakmustest jeder behaupteten Wahrheit. Eine Wahrheit, die den Wirklichkeitstest nicht besteht, ist eine Chimäre, ein Scheingebilde, das bestenfalls innerhalb abgeschlossener Systeme funktioniert, nicht aber darüber hinaus.
Nun vertritt gerade die Kirche den Anspruch, für die Wahrheit zu stehen. Damit geht ein Anspruch daher, im Besitz der sogar absoluten Wahrheit zu sein. Kann das aber überhaupt gehen? Kann ein Mensch überhaupt die Wahrheit erfassen? Gesetzt den Fall, Gott ist – und schon hier muss die Einschränkung erlaubt sein, dass das Axiom, die Grundannahme, Gott sei, eben ebensowenig bewiesen werden kann, wie die Grundannahme, er sei nicht –, dann wäre der eine und wahre Gott so etwas wie die absolute Wahrheit. Wäre also ein Mensch in der Lage, diesen Gott in seiner Ganzheit zu fassen? Wäre das möglich, so wäre dieser Mensch größer als Gott und Gott wäre nicht der, als der er geglaubt wird. Weil Gott Gott ist, ist er nicht nur nicht zur Gänze erfassbar. Er ist für Menschen an sich nicht zugänglich, seine Größe überwältigt den Menschen. Davon spricht nicht nur die uralte, auf Mose zurückgehende Erkenntnis, dass Gott für Lebende nicht zu schauen ist, wenn dieser dem Mose auf dessen Wunsch, doch die Herrlichkeit Gottes zu sehen, antwortet:
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Der menschliche Geist ist auf vielfältige Weise abgründig. Das mag daran liegen, dass in ihm stetig widerstreitende Kräfte am Werk sind. Soll man mutig zur Tat schreiten? Das kann bemerkenswerte Innovationen bewirken, aber auch dazu führen, dass man Kopf und Kragen riskiert. Die BUGA ist da ein bemerkenswertes Beispiel. Wenn sie kommt (Wenn!), dann wird man erst im Nachhinein erkennen, ob die vielen Versprechungen Verheißungen oder Verführungen waren.
Der menschliche Geist wird aber auch von der eigenen Befindlichkeit regiert. Natürlich macht es zufrieden, anderen zu helfen; den meisten ist jedoch das eigene Hemd näher als die Hose der anderen. Die Beantwortung Frage, ob man sich nun gegen das Corona-Virus impfen lassen soll oder nicht, hat so längst den Pfad der Rationalität verlassen. Im Unterholz der Bedürfnisse verirren sich die einen wie die anderen. Alle wollen, dass es endlich aufhört. Während die einen dafür aber eine Impfpflicht fordern, tönen die anderen, dass alle sich stets testen lassen sollen. Ohne eine Verpflichtung für alle wird es also so oder so nicht gehen. Wen interessieren schon Fakten, wenn es die Fiktion eines Mittelpunktes gibt, in dem man sich wähnt. Was für ein Irrtum! Sie glauben, Sie seien der Mittelpunkt der Welt. Wie unverschämt – das bin doch ich! Was glauben Sie denn?
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Dies Domini – 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesjahr B
Hört man den Lesungen unseres Sonntags aufmerksam zu, so singen sie das Hohelied der Unvernunft. Es fängt schon mit der ersten Lesung an: Der Prophet Elija spricht eine völlig verarmte Witwe an und erwartet ein selbstgebackenes Brot von ihr. Das lehnt sie ab, weil sie selbst nichts mehr hat und aus der Handvoll Mehl und einem wenig Öl, das noch da ist, ihrem Kind und sich selbst die letzten Bissen zubereiten will, bevor sie verhungert. Ja, ja, meint der Prophet, mach das, aber
„mache zuerst ein kleines Gebäck für mich und bring es zu mir heraus.“ (1 Kön 17,13)
Unverschämt von dem Kerl, einer armen Witwe noch den letzten Brotkrumen abzuverlangen. Trotzdem tut sie wie verlangt und der Erfolg?
„So spricht der Herr, der Gott Israels: Der Mehltopf wird nicht leerwerden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.“ (1 Kön 17,14)
Und so geschieht es. Märchenhaft, aber leider auch recht unglaubwürdig.
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Dies Domini – 30. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B
Die Texte des heutigen Sonntags können gelesen werden als Handlungsanweisung für Seelsorgerinnen und Seelsorger im Gesamten aber auch die Priester im Speziellen.
Jeder Hohepriester wird aus den Menschen genommen und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott. (Hebr 5,1)
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