Für Menschen, die mit der D-Mark groß geworden sind, ist es kein Wunder, dass Limburg mehr ist als eine kleine Provinzstadt an der Lahn. Der Limburger Dom zierte schließlich einmal den 1.000-D-Mark-Schein bis er durch die Einführung des Euro durch Brücken, die die Menschen Europas miteinander verbinden sollten, abgelöst wurde. Den Limburger Dom mit sich herum zu tragen, war also etwas Besonderes. Und wer den Limburger Dom erblickte, wenn er den Elzer Berg auf der A3 in Fahrtrichtung Süden bußgeldlos hinter sich gebracht hatte, erfreute sich nicht nur deshalb am Anblick dieser frühgotischen Schönheit, die sich auf dem Felsen erhebt. Limburg, diese kleine Stadt ist immer schon – ohne es zu wollen – irgendwie mit Verheißung und Erfüllung verbunden gewesen.
Wer hätte gedacht, dass diese kleine hessische Stadt als Hort der Unbeugsamkeit wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten würde. Wer durch die Gassen der schönen wie verschlafenen Altstadt Limburgs flaniert, ahnt zuerst einmal nicht, dass hier der Funke an die Lunte einer Diskussion gelegt wurde, die die Öffentlichkeit schon seit Wochen in Atem hält. Die Symbolkraft des ICE-Bahnhofs Limburg-Süd, der fast auf der Mitte der Schnellfahrtstrecke Köln-Rhein/Main liegt, die das Heilige Köln mit der Finanzmetropole Frankfurt verbindet, ist da ungleich höher, wenn auch nüchterner und schmuckloser. Die erhabene Größe und Unantastbarkeit des dem Drachenkämpfer St. Georg geweihten Domes kontrastiert mit der auf mobile Funktionalität angelegten, optisch unbedeutenden Architektur der Schnellzughaltestelle. Limburg, das könnte die Botschaft dieses Kontrastes sein, steht für den Aufbruch einer Kirche, die die Bürde einer großen Vergangenheit trägt, in die Welt von heute. Die Wucht, mit der der Limburger Funke gezündet hat, lässt darauf schließen, dass die so ausgelöste Diskussion längst überfällig war und ist.
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Die öffentliche Diskussion dieser Tage ist geprägt durch die Ereignisse in einer hessischen Kleinstadt mit einem auf einem Kalkfelsen stehenden Dom. Der Dom stammt aus der Spätromanik, zeigt aber frühgotische Einflüsse. Die Architektur dieses einzigartigen Bauwerkes stammt aus einer Epochenwende. Eine Epochenwende deutet sich auch angesichts der gegenwärtigen Diskussion an. Die spätrömische Zentrierung der Kirche scheint in eine Zeit hinüberzugehen, deren prägendes Merkmal Transparenz und lichte Lebensbuntheit sein sollen. Die Lichtflut in den Kathedralen gotischer Baukunst kann nur durch das Aufbrechen des Mauerwerkes in große, offene Fenster gelingen, durch die das Licht in das Innere eines sonst dunkel bleibenden Kirchenraumes dringen kann.
Licht – das Licht – in die Welt zu bringen, ist eigentlich der Auftrag der Kirche. Das fällt es um so mehr auf, wenn der Eindruck der Vernebelung oder Verschleierung entsteht. Das ist der schale Beigeschmack bei den Ereignissen in der hessischen Kleinstadt an der Lahn. Immer mehr Details gelangen – Gott sei Dank – an das Licht der Öffentlichkeit. Und je mehr offenbar wird, desto komplexer erscheinen die Zusammenhänge, so dass es schwer fällt, ein einfaches Urteil zu fällen. Was auch immer es mit dem fraglichen Bau im Hinterhof der alten Vikarie gegenüber des spätromanischen Domes auf sich hat, das eigentliche Problem ist nicht architektonischer Natur. Es liegt wohl an einer spätrömischen Haltung, die in einem verkürzten Zitat des Ignatius von Antiochien im Bischofsamt die Kirche selbst repräsentiert sieht. Dabei hat Ignatius von Antiochien nicht gesagt „Wo der Bischof ist, da ist die Kirche“, sondern
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Es gibt Tage, da ist mir alles zu viel. Da ist mein Leben einfach zu voll, da ist zu viel Arbeit, zu viel Streit, zu viel Stau, sind zu viele Erwartungen, ist zu viel Dreck, zu viel Lärm, zu viel Wäsche. Dann habe ich das Gefühl, dass nichts mehr geht. Ich fühle mich wie eine Aussätzige und hadere mit Gott, will geheilt werden. Andere bekommen das doch auch hin! Das muss doch mal aufhören! Da muss doch mal jemand Erbarmen mit mir haben! War denn da nicht jemand, der mir das gelobte Land versprochen hatte, der mich herausführen wollte aus der Wüste?
Dass da jemand sein könnte, der Heilung bringt, darauf hoffen auch die zehn Aussätzigen im Evangelium des 28. Sonntags des Lesejahres C, und als Jesus vorbeizieht, bleiben sie in gebührender Entfernung stehen und bitten ihn: Hab‘ doch Erbarmen mit uns!
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Es ist die Woche der großen Interviews des Papstes gewesen. Allein schon die Tatsache, dass ein Papst freimütig Rede und Antwort steht, ist ein Zeichen, dass hier nicht bloß ein Windhauch säuselt. Es deutet sich eher ein grundlegender Klimawandel an, der Schritt für Schritt die Kirche erfassen wird. Es scheint so, als sei die Zeit gekommen, von der es in der ersten Lesung des 27. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahres C heißt:
Denn erst zu der bestimmten Zeit trifft ein, was du siehst; aber es drängt zum Ende und ist keine Täuschung; wenn es sich verzögert, so warte darauf; denn es kommt, es kommt und bleibt nicht aus. (Habakuk 2,3)
Die Zeit des Wartens war lang. Viele haben oft und viele Male auf die Notwendigkeit der Änderung hingewiesen. Oft wurde mit dem Hinweis auf die Tradition und die Hierarchie betont, dass alles so sein müsse, wie es ist. Und nun kommt dieser Papst aus Argentinien und stellt allein durch sein Handeln das bisher Geltende auf den Kopf.
Das ist neu und stiftet bei vielen Hoffnung. Doch nicht alle können sich freuen. Die Traditionalisten, die die Tradition, die doch der Vorgang der Weitergabe ist und damit nach vorne drängt, schon dadurch verraten, dass sie das Vergangene festhalten wollen, löst das Verhalten des Papstes Befremden aus. So wertet etwa Matthias Gaudron von der traditionalistischen Piusbruderschaft in Deutschland die Absage des Papstes an eine übertriebene Suche nach Sicherheit im Glauben als „sehr problematisch“ (Quelle: katholische.de)
Aber auch bei vielen Progressiven, die lange Jahre auf eine Veränderung in der Kirche gehofft haben, herrscht bisweilen Skepsis. Es scheint, als trauten sie den neuen Zeichen nicht. Oft werden dann Desiderate aufgezählt, die der Papst schuldig geblieben ist. Er hat dann dies nicht gesagt und das nicht getan. Das was bisher in den nur gut sechs Monaten des franziskanischen Pontifikats getan hat, wird dann bestenfalls als Wetterleuchten gedeutet, vielleicht noch als Wetterumschwung, auf den dann doch wieder das alte Nebelwetter folgen wird. Es hat manchmal den Anschein, als herrsche auch hier Angst vor zu viel Veränderung. Was passiert, wenn die eigenen Träume erfüllt werden? Ist man dann noch als Kritiker gefragt?
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„Es war einmal“ – so fangen gewöhnlich Märchen an. Jedem, der sie hört oder liest, ist klar: Das, was jetzt kommt, ist so nicht geschehen; aber das was erzählt wird, besitzt trotzdem Wahrheit. Es ist eine Wahrheit, die tiefer liegt als das bloß Sicht- und Messbare. Es ist die Moral von der Geschichte. Es ist eine ethische Wahrheit. Märchen sind wahr und wirklich. Sie wirken, weil Geschichten mehr erinnert werden können als Lehren.
„Es war einmal“ – mit diesen Worten beginnt auch das Evangelium des 26. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahrs C nach der Einheitsübersetzung. Wörtlich übersetzt müsste der Anfang heißen: „Es war ein gewisser Mensch.“ Die Einheitsübersetzung liegt trotzdem auf der richtigen Linie. Denn die Geschichte, die Jesus erzählt, ist eingebettet in einen Dialog, den er mit den Pharisäern im Anschluss an seine Mahnung führt, man könne nicht zwei Herren dienen, Gott oder dem Mammon. Von denen, mit denen Jesus spricht, wird gesagt, sie hingen am Geld und lachten über Jesus (vgl. Lukas 16,14). Jesus hält ihnen ihr bigottes Verhalten entgegen:
Ihr redet den Leuten ein, dass ihr gerecht seid; aber Gott kennt euer Herz. Denn was die Menschen für großartig halten, das ist in den Augen Gottes ein Gräuel. (Lukas 16,15)
Daran schließt sich ein kurzer Exkurs über die Gültigkeit des Gesetzes an, dessen Zeit mit Johannes – gemeint ist Johannes, der Täufer – zu Ende ging; jetzt ist die Zeit des Reiches Gottes. Das Gesetz aber vergeht nicht. Die, die sich auf das Gesetz berufen und glauben, ihr Wohlstand zeige an, wie sehr Gott sie für das Befolgen des Gesetzes belohne, werden die Folgen des Gesetzes zu tragen haben.
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Was helfen Worte, wenn niemand sie tut? Diese Frage steht nicht nur an diesem Sonntag, an dem in Deutschland der 18. Bundestag gewählt wird, im Raum. Was sind die Wahlversprechen morgen noch wert, die gestern vollmundig gegeben wurden. Hat der Souverän die Schuldigkeit des Kreuzchens getan, kann wieder die politische Realität einkehren. Das Volk ist nicht so dumm, wie mancher Parteistratege mit Blick auf den politischen Machterhalt oder -erwerb denken mag. Der Sinn für die gesellschaftlichen Realitäten ist in der Bevölkerung wohl selten so ausgeprägt gewesen wie in der Gegenwart. Es ist offenkundig, dass die ehemaligen politischen Blöcke so nicht mehr existieren. Es geht nicht mehr um die horizontale Teilung der Gesellschaft in linke und rechte Milieublöcke. In Zukunft wird eher die Frage nach der vertikalen Teilung der Gesellschaft in Arme und Reiche den sozialen Diskurs bestimmen. Und das ist bei weitem keine innerdeutsche Fragestellung. Das Zusammenleben der Kulturen und Völker in Europa, aber auch über Europa hinaus wird bereits jetzt schon von dieser Teilung bestimmt.
Diesen Zustand kann man nicht einfach wegbeten, zumindest dann nicht, wenn das Gebet das Ziel hat, Gott möge das Problem bitte lösen – und den Beter ansonsten damit in Ruhe lassen. Wahres Beten führt zu innerer Erkenntnis. Ein solches Gebet wird zum Spiegel, der das Anliegen auf den Beter zurückwirft: Es ist dein Auftrag, an und in der Welt mitzuarbeiten. Bete daher nicht darum, dass das Problem verschwindet. Bete um Erkenntnis, was du zur Lösung des Problems tun kannst. Du wirst erkennen. Es sind vielleicht nur kleine Schritte, die du gehen kannst. Aber auch die musst du – und nur du – gehen.
Das „Herr, die Armut der Welt kotzt mich an“-Gebet wird einem, der so betet, im Halse stecken bleiben. Die Worte werden sich ihm im Mund herumdrehen. Er wird zum Propheten werden, der der Welt den Spiegel vorhält.
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Die Verkünderinnen und Verkünder stehen in der heutigen Zeit vor großen Herausforderungen. Durch alle Jahrhunderte hindurch mussten immer wieder neue Formen gefunden werden, die alte Botschaft in die jeweilige Zeit und Kultur hinein zur Sprache zu bringen. Es ist die Botschaft von Gott, der eine Geschichte mit den Menschen hat. Dieser Gott ist nicht in theologischen Traktaten oder komplizierten dogmatischen Gedankengebäuden zu fassen. Der geschichtliche Gott ist am besten in Geschichten zu greifen.
Es ist kein Zufall, dass Gleichnisse in der Verkündigung Jesu eine zentrale Rolle spielen. Gleichnisse sind Bildworte, in denen der, den Worte eigentlich nicht beschreiben können, zur Sprache gebracht werden kann. Deshalb sind Gleichnisse nicht definitorisch. Sie eröffnen eine Bildwelt, in denen zum Ausdruck kommt, wie Gott ist.
Dabei benötigen Gleichnisse die Mitarbeit der Hörer und Leser. Es ist eine Eigentümlichkeit, dass viele Gleichnisse Jesu in typisch jüdischer Art und Weise erzählerische Lücken aufweisen, die auf den ersten Blick gar nicht auffallen. Dieses sogenannte Stilmittel der Lakonie zwingt den Leser bzw. Hörer zur Mitarbeit. Er füllt diese Lücke automatisch und wird so in das Gleichnis hineingezogen; er wird Teil der Geschichte Gottes.
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Das Jesusbild, das viele Gläubige in sich tragen, ist nicht selten von Wunschvorstellungen geprägt. Er ist der Heiland, der gute Hirte, sanftmütig und reich an Güte. Man kann sich nicht vorstellen, dass er laut geworden wäre. Gut – bei der sogenannten Tempelreinigung – da war er richtig wütend. Aber das war ja nur, weil es das Haus seines Vaters war, das durch Handel und Geldwechsel missbraucht wurde. Das kann man verstehen, ist ein Gotteshaus doch ein Ort der Andacht. Aber sonst ist der Jesus ein lieber Mann.
Wer einem solchen Jesusbild anhängt, wird durch Texte, wie etwa dem Evangelium vom 23. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres C (Lukas 14,25-33) irritiert, wenn nicht gar schockiert. Das kann doch nicht wahr sein, dass Jesus dazu aufruft,
„Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering“ (Lukas 14,26)
zu achten. Die Familie ist doch das Wichtigste. Selbst zölibatär Lebende, die doch um des Himmelreiches willen keusch leben und daher auf die Gründung einer eigenen Familie verzichten, lassen in der Regel vor allem auf die eigene Mutter nichts kommen. Die Familie ist doch die Keimzelle von Kirche und Gesellschaft. Es kann doch nicht sein, dass Jesus so etwas ernst meint!
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Selten passen die biblischen Texte, die die Leseordnung der katholischen Kirche vorsieht, so gut zueinander, wie am 22. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres C. Noch seltener ist es allerdings, dass die Texte einen Bezug zur aktuellen Gegenwart aufweisen.
Es sind in der Tat aufregende Zeiten, in denen sich der Christ gegenwärtig zu bewähren hat. Es ist nicht nur der neue Papst, der durch sein Ineinander von Wort und Tat herausfordernde, wenn nicht gar provozierende Zeichen setzt. Das pfauenhafte Gehabe weicht dem Gesang der Amsel, die trotz ihrer äußerlichen Unscheinbarkeit immer neue Melodien erfindet, die dem Menschen vor allem den Frühling ankünden.
Manch einem weht der neue Wind kräftig ins Gesicht. Viele verwechseln das Katholische immer noch mit festiver Äußerlichkeit, die sich in der Restauration von Brokatgewändern, goldenen Schalen und silbernen Löffelchen niederschlägt, die auch Elstern gefallen würden, diesem alten germanischen Symboltier der Todesgöttin Hel. Man wird wohl keinen Hehl daraus machen brauchen, dass die Bilder einer solchen Kirche eine Botschaft in die Köpfe der Menschen transportieren, die durch keine Kommunikation, so intensiv sie auch sein mag, auszulöschen sind.
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Gottes Gegenwart ist alltäglich. Wer die Augen öffnet, kann sie überall entdecken. Zweifelsohne braucht man dafür schon einen besonderen Sensus, denn sie erschließt sich nicht notwendigerweise. Es ist durchaus verständlich, wenn viele auch ohne die Vergegenwärtigung Gottes in der Welt zurecht kommen. Es liegt in der Natur der Schöpfung, dass man in ihr leben kann, ohne permanent Gott darin zu entdecken. Die Schöpfung selbst verdankt sich ja aus christlich-jüdischer, aber auch muslimischer Perspektive einem Schöpfungsakt des Allmächtigen. In seiner Allmacht hat er sich aber nicht einfach ein nettes Spielzeug gemacht. Gott spielt nicht mit der Schöpfung. Er liebt sie. Weil Liebe nie für sich bleiben kann, fließt die Liebe Gottes in die Schöpfung über. Wo Liebe ist, da muss Freiheit sein. Der Mensch ist frei, Gott in der Schöpfung zu erblicken – oder eben nicht. Wenn Gott dem Menschen Freiheit gibt, dann kann er es dem Menschen nicht übel nehmen, wenn dieser von der Freiheit Gebrauch macht.
Gottes Gegenwart ist alltäglich. Der Alltag besteht aus Gewohnheiten. Gottes Gegenwart ist zur Gewohnheit geworden. Woran man gewöhnt ist, das verliert den Charakter des Besonderen. Gottes Gegenwart ist eben nicht außergewöhnlich. Außergewöhnlich ist es, wenn diese Gegenwart plötzlich offenbar wird. Außergewöhnlich ist das vor allem dann, wenn sich dieses Offenbarwerden im Alltäglichen ereignet.
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