Herzlich Willkommen bei kath 2:30, dem Blog der Katholischen Citykirche Wuppertal.
Hier geht es zum Videopodcast von kath 2:30.
Besuchen Sie auch die Mystagogische Kirchenführung.
Oder die Seite des Heiligen Laurentius, unter Stadtpatron Wuppertal.

kath 2:30 Dies DominiZu allem fähig, aber für nichts verantwortlich zu sein – was waren das für Zeiten! Die Pubertät bleibt keinem erspart. Nicht nur für Eltern ist das eine schwierige Phase. Gott sei Dank geht diese Phase vorbei. Wie so oft heilt auch hier die Zeit manche Wunden: Eltern und älter gewordene Jugendliche vergessen die Schwierigkeiten dieser an Merkwürdigkeiten reichen Lebensphase nicht nur; manchmal wird sie sogar als eine Lebensphase glorifiziert, die man für immer festhalten wollte: noch einmal jung sein! Forever young! Was glauben Sie denn?

In der Tat ist die Lebensenergie wohl in keiner Lebensphase größer als in dieser Jugend. Sie ist manchmal so überschießend groß, dass jugendlicher Leichtsinn zu manchem Blödsinn führt. Nicht umsonst richtet der erwachsene Psalmist auf seine Jugend zurückblickend eine weise Bitte an Gott:

„Gedenke nicht meiner Jugendsünden und meiner Frevel! Nach deiner Huld gedenke meiner, HERR, denn du bist gütig!“ (Ps 25,17)

Immerhin weiß er, dass er in seiner Jugend nicht immer so zurechnungsfähig war, stellt sich aber als erwachsen Gewordener den damaligen Worten und Taten. Nur so kann er reifen und lernen. Wer hingegen auch als Erwachsener für die Sünden seiner Jugend nach Ausreden sucht, bleibt unreif. Die so als erwachsen getarnten Jugendlichen sind weiter für nichts verantwortlich, aber immer noch zu allem fähig – mit dem Unterschied, dass ihr scheinbares Erwachsensein ihnen, wenn sie eigentlich Verantwortungsträger sein sollten, Macht und Mittel an die Hand gibt, die äußerst destruktiv sein können. Unerbetene präsidiale Küsse nehmen dann frisch gebackenen Weltmeisterinnen die Freude über den Erfolg, Verantwortungsverschiebungen für menschenverachtende Flugblätter lassen an der Befähigung zu politischer Verantwortung zweifeln, selbst suggerierte Erwählungsphantasien bilden die Grundlage zu einer sakralen Sepsis, die jede Kritik als Werk des Teufels deutet. Es ist schon merkwürdig, wie viele unreif Gebliebene in Amt und Würden gekommen sind, ohne die Bürde der Verantwortung wirklich tragen zu wollen. Wäre man sich der Verantwortung bewusst, würde man sich ihr ehrenvoll stellen, statt sie weiter von sich zu schieben.

Bemerkenswert ist, dass die Verantwortungslosen eine geschickte Verschleierungsstrategie verfolgen. Sie ahnen, dass ihre eigene Hohlheit leicht zu entlarven ist. Deshalb reden sie oft davon, dass man die Menschen nicht verwirren will. In der römisch-katholischen Tradition wird diese Strategie aktuell wieder betrieben, wenn man die Segnung von Paaren, die nicht der kirchlichen Norm entsprechen, untersagt, weil es die Gläubigen angeblich verwirren könnte, die man offenkundig für so unterbelichtet hält, dass sie das Sakrament der Ehe nicht von einer Segnung unterscheiden können. In der Politik hingegen meint man ebenfalls, dem Volk manche Hintergründe vorenthalten zu müssen, weil echte Antworten die Bevölkerung verunsichern könnten oder man meint, Erwachsene mit merkwürdigen Warnhinweisen wie Kinder vor vermeintlich verstörenden Inhalten warnen zu müssen. Meine Güte! – möchte man da als erwachsener Bürger des Volkes ausrufen: Wollt ihr uns wirklich entmündigen? Man darf doch nicht von sich selbst auf andere schließen. Echte Erwachsenen stehen ihre Frau und ihren Mann mit beiden Beinen im Leben. Man weiß, dass das Leben eine Zumutung ist und kein pilcheresker Ponyhof. Aus infantiler Unmündigkeit Erwachsene haben die Reife, sich auch den ungemütlichen Wahrheiten zu stellen – oder, wie es im Brief an die Hebräer heißt:

„Jeder, der noch mit Milch genährt wird, ist unerfahren im richtigen Reden; er ist ja ein unmündiges Kind; feste Speise aber ist für Erwachsene, deren Sinne durch Gebrauch geübt sind, Gut und Böse zu unterscheiden.“ (Hebr 5,13f)

Wenn das Volk souverän und mündig ist, sollten die Verantwortungsträger sich nicht benehmen, wie Kinder in der Quengelzone!

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht in der Westdeutschen Zeitung vom 1. September 2023.

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

Du kannst einen Kommentar schreiben.

Hinterlasse einen Kommentar