Wenn die Maske fällt, zeigt sich das wahre Gesicht. Allerdings ist nicht ganz klar, ob das der Wahlspruch für die gestrige Weiberfastnacht oder den nächsten Aschermittwoch ist. Eingefleischte Karnevalisten behaupten ja, dass sie an den tollen fünf Tagen endlich so sein können, wie sie eigentlich sind. Dann würden die Masken tatsächlich an Weiberfastnacht fallen und das wahre Gesicht käme zum Vorschein. Andere hingegen, wie der Autor dieser kleinen Kolumne, halten es hingegen für ein wenig neurotisch, wenn man sich 360 Tage im Jahr verstellen muss, um das wahre Ich dann bloß an fünf Tagen in der Scharade maskierter Existenz offenbaren zu können. Nichts gegen den Karneval – aber wäre es nicht besser, wenn man immer so lebte, wie man eigentlich ist? Wann fallen die Masken wirklich? Was glauben Sie denn?
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Wenn morgens die Sonne ihre ersten Strahlen über den Bilstein in Wuppertal-Beyenburg schickt, liegen die Ausläufer des Tals am Westring für Momente noch im Dunkeln. Wuppertal, die Stadt dazwischen, ist eine großartig unartige Stadt, die immer wieder Unmögliches hervorbringt und Gegensätze vereint. Fromme Beter vieler Konfessionen und Religionen treffen hier Menschen, die ohne Gott glücklich sind. Die Stadt brachte den kommunistischen Revolutionär Friedrich Engels und den katholischen Gesellenvater Adolph Kolping hervor. Am Haspel küsst das nüchtern-westfälische Barmen das als Zonenrandgebiet noch nicht ganz so närrisch-rheinische Elberfeld. Zwischen Aufgang und Untergang der Sonne prahlt im Tal der Wupper das pralle Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, die Tälern an sich zu eigen sind – und mittendrin die Wupper, über die man in Wuppertal täglich geht. Gerade in diesen Zeiten kann man den Eindruck gewinnen, es sei fünf vor Zwölf: Der Zoo steht in den Schlagzeilen, weil die Eisbären hier nicht auf echtem Polareis gehalten werden und das Affenhaus kein echter Urwald ist, das Wahrzeichen der Stadt schwebt nur zu Wartungszwecken durch die Stadt und die Grüne Jugend fordert ein Fahrverbot für Elberfeld. Ist die Stadt noch zu retten? Was glauben Sie denn?
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Mit Bekennermut leugne ich nicht: Ich bin ein Rot-Weisser. Das ist in Wuppertal mit dem hiesigen WSV als sportlichem Rivalen des RWE natürlich nicht ohne Gefahr für einen möglichen Sympathieverlust. Als gebürtiger Essener, der als Kind im Elternhaus den Torjubel von der Hafenstraße hören konnte, ist man da einfach frühkindlich geprägt. Willi „Ente“ Lippens, Horst Hrubesch und Günter „Meister“ Pröpper sind die Helden meiner Kindheit. Günter „Meister“ Pröpper war ja ein Rot-Weisser, bevor er zum WSV wechselte. Zur Legende wurde er hier in Wuppertal nicht zuletzt wegen der vier Tore, die er damals, kurz nachdem er zum WSV wechselte, am 31.10.1971 beim 5:0-Sieg gegen Rot-Weiss Essen beisteuerte. Im Elternhaus war kein Torjubel zu hören. Zuerst von den Essenern wegen des Wechsels zum Rivalen ausgepfiffen applaudierte ihm dann aber bei seiner Auswechslung selbst die eingefleischten Fans in der legendären Westkurve des Georg-Melches-Stadions stehend. Respekt, wem Respekt gebührt! Was glauben Sie denn?
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Wieder mal wie alle Jahre hat das Christkind in diesem Jahr auch in Wuppertal wieder ganze Arbeit geleistet. Die ganzen Wunschzettel abzuarbeiten, die von Jahr zu Jahr länger und länger werden, fällt nicht immer leicht – so jedenfalls ist es einem Antwortschreiben des Christkindes auf die im Rathaus gefundene Wunschliste zu entnehmen, das sich in der Nähe der Graffiti-Krippe fand. Das Dokument liegt der Katholischen Citykirche Wuppertal im Original vor, war aber offenkundig an die Redaktion der WZ gerichtet. Ehrensache, dass wir das sofort weiterleiten. Was glauben Sie denn?
„Lieber gebeutelter Wuppertaler – ich nenne Dich einfach einmal ‚L.‘,
Du wohnst ja in einer Stadt, die sich nicht schminkt. Schon mein himmlischer Nachbar Heinrich Böll wusste, dass das wie bei Frauen, die es sich leisten können, wohltuend und enttäuschend zugleich ist. Gerade deshalb aber wirst Du die ungeschminkte Wahrheit vertragen: Ich versuche zwar immer wieder, Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Unmögliches aber kann ich leider nicht vollbringen. Wunder kann nur mein Chef selbst vollbringen – und das auch nur, wenn es den nötigen Glauben gibt, der allein helfen kann.
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Wieder ist Advent. Advent ist Schaltzeit. Wie auf Knopfdruck ertönen aus den Radiosendern Lieder von rotnasigen Rentieren namens Rudolf, Menschen, die letztes Jahr Weihnachten ihr Herz verschenkt haben und – Wham! – erstaunt waren, dass auch bei diesem Geschenk nach den Feiertagen mit Umtausch zu rechnen ist, oder von Träumen, die postfaktisch dem Klimawandel trotzend eine weiße Weihnacht besingen. „Stille, geschenkte Zeit, Einkehr und Besinnung“ – tönt es alljährlich im Advent hingegen von den Kanzeln der Kirchen, wobei ein „inmitten der Glühweinstände der Weihnachtsmärkte“ den Kontrast noch erhöht und deutlich wird, dass der wirkliche, der echte, der wahre Advent doch eher einen Hauch von Langeweile denn verheißener Ewigkeit verströmt, wenn alle in sich versunken in das kleine flackernde Licht der Adventskranzkerzen schauen. Mit dem ersten Advent wird der Schalter umgelegt. Jetzt hat stade Zeit zu sein. Achtung: Besinnung! – lautet der Befehl. Was glauben Sie denn?
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Immer häufiger strahlt ein neuer Stern auf. Man findet ihn (noch) nicht in der Westdeutschen Zeitung, nicht selten aber in den Kommentarspalten sogenannter „sozialer Medien“, zunehmend in Parteiprogrammen und bald vielleicht auch im Duden. Jedenfalls tagte am 16. November 2018 der Rat der deutschen Rechtschreibung, um auch über die Frage des gendergerechten Schreibens zu diskutieren. Egal wie man zu der Genderthematik steht – hinter ihr verbirgt sich die Frage, ob jemand als Mann oder Frau geboren wird oder ob das Geschlecht Ergebnis einer gesellschaftlichen Zuweisung ist; mit Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 8. November 2017, das ein drittes Geschlecht für den Eintrag in das Geburtenregister bei intersexuellen Menschen fordert, die weder männlich noch weiblich sind, kann man der Frage nicht mehr aus dem Weg gehen, wie heute die zwischenmenschliche Kommunikation respektvoll gestaltet werden kann und muss. Dazu gehört zweifelsohne die Einsicht, dass der meist männlich konnotierte Gebrauch von Wörtern in den Köpfen vieler Menschen dazu führt, dass Frauen und Intersexuelle gerade nicht mitgedacht werden. Versuchen Sie einfach einmal selbst, welches innere Bild ihnen vor Augen steht, wenn sie von der „Bundesärztekammer“ hören. Gehören Sie zu denen, bei denen auch Frauen im weißen Kittel zu sehen sind oder sind da zuerst doch erst nur Männer zu sehen, und erst jetzt im Nachdenken schmuggelt sich die eine oder andere Medizinerin ins grau melierte Bild? Was glauben Sie denn?
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501 – das ist eine Zahl, die keine Kompromisse duldet. Mit einem einfachen Wurf beginnt das Spiel, einem Single-In. Die Entscheidung aber kann nur in einem Doppelfeld fallen – ein Double-Out. Wer es mit je drei Würfen am schnellsten schafft, von 501 auf 0 zu kommen, gewinnt das pfeilschnelle Spiel auf die Dartscheibe – er muss nur auf den Punkt kommt, exakt, ohne Kompromisse. Es gibt kein Zuviel oder Zuwenig. Es gibt nur die 501.
Single-In und Double-Out – das ökumenische Spiel zwischen evangelischen und römisch-katholischen Christen ist auch 501 Jahre nach dem legendarischen Thesenanschlag Martin Luthers in der Schwebe. Allen Rufen nach Einheit zum Trotz warten die lutherische, reformierte, unierte und römisch-katholische Christen immer noch etwa auf das gemeinsame Abendmahl so wie Estragon und Waldimir: „Komm, wir gehen!“ – „Wir können nicht.“ – „Warum nicht?“ – „Wir warten auf Godot.“ „Ah.“ Und so geben sich auch in diesem Jahr der evangelische Reformationstag am 31.10. und das römisch-katholische Allerheiligenfest am 1.11. bei Sonnenuntergang die Klinke in die Hand, ohne dass sie zueinanderkommen können. Wie zwei Königskinder sitzen sie seit 501 Jahren da, sind einander liebender Abgrenzung verbunden und kommen doch nie zueinander. Ist das Wasser wirklich so tief? Was glauben Sie denn?
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Dies Domini – Erntedank/27. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B
Ein heißer Sommer mit wenig Niederschlag – das wäre noch vor wenigen Jahrzehnten ein Anlass für ein Erntedankfest gewesen, an das sich noch Generationen erinnern würden. Geringe Ernten mussten überlebt werden. Was Mutter Erde überhaupt gab, galt als Gottesgabe. Immerhin: Der heiße Sommer des Jahres 2018 war den Nachrichten eine Meldung wert: Aufgrund des Übermaßes an Sonnenschein freuen sich die Winzer auf einen Jahrhundertjahrgang, während die Kartoffelbauern klagen, die Erdäpfel seien ob des Wassermangels zu klein. Longfrites wird es also nicht, oder nur zu hohem Preis geben. Und was das für die Kartoffelchipindustrie bedeutet, mag man sich gar nicht ausmalen.
Das sind die Sorgen, mit denen man im Jahr 2018 Erntedank feiert. Während am Sonntag wie sicher auch anderswo auf dem Laurentiusplatz in Wuppertal-Elberfeld, immerhin einem ehemaligen Feld, ein Erntedankmarkt stattfindet, wird man vor den Altären in den Kirchen vorzugsweise Kürbisse, ein paar hübsch gebündelte Weizenähren, einige Kartöffelchen und vielleicht noch etwas Obst finden – meist in von Erdresten befreiten Mengen, in denen man gerade einmal ein Familienpicknick ausrichten könnte. Natürlich muss den Städtern, die sonntags noch in den Gottesdienst gehen – und das sind katholischerseits immerhin gut 10% – erklärt werden, dass man Gott für diese Gaben danken muss, ohne die wir nicht leben könnten. Was glauben Sie denn?
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„Jeder nur ein Kreuz!“ – Kenner des Monty Python-Films „Das Leben des Brian“ wissen dieses Filmzitat treffsicher und mit Heidenspaß kichernd zu beantworten: „Linke Reihe anstellen!“. Die Sandale, das bei einer Steinigung anwesende Weibsvolk, ein Pontius-Pilatus mit logopädisch behandlungsbedürftigem P-Sprachfehler, der selbst dem härtesten Legionär Lachkrämpfe verursacht, der Konflikt zwischen der judäischen Volksfront und der Volksfront von Judäa – die satirische Persiflage ist längst ein Klassiker der Filmgeschichte. Vordergründig teilt der naive Brian das Schicksal eines gewissen Jesus von Nazareth. Brian und Jesus könnten ziemlich beste Freunde sein. Ihr Schicksal geht dann aber doch so auseinander, dass die Provokation des Films sich weniger gegen Jesus als vielmehr gegen einen unkritischen Dogmatismus wendet. Wer hier nur mit religiösen Gefühlen reagiert, mag schnell verletzt sein. Wer aber mit Verstand die Botschaft des Kreuzes anschaut, der kann auch als Glaubender herzlich über die satirischen Weisheiten dieses Filmes mitlachen. Was glauben Sie denn?
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Zukunft – das ist ein Wort voller Hoffnung und Verheißung. Nicht nur Politiker benutzen es gerne, wenn sie eine Gegenwart flugs kompensieren möchten, die so gar nicht verheißungsvoll ist. Auch Kirchenleute reden gerne von Entwicklungen und Wegen der Zukunft obwohl doch die Gegenwart schon genug Herausforderungen bereithält. Die Zukunft ist eben nie bloß Verheißung; sie ist auch eine hervorragende Gelegenheit für Verantwortungsträger aller Art, sich der Lust der Prokrastination hinzugeben und die drängend anstehenden Aufgaben zugunsten traumwandlerischer Visionen und namhafter Lebensträume auf die lange Bank zu schieben. Was glauben Sie denn?
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