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kath 2:30 Dies DominiMan muss schon den Kopf benutzen, um eine Mauer zu überwinden. Mit dem Kopf durch die Mauer zu wollen, wird hingegen bestenfalls Kopfschmerzen verursachen.

Eine von den scheinbar unüberwindlichen Mauern der römisch-katholischen Kirche der Gegenwart scheint der Segen für gleichgeschlechtliche Paare zu sein. Spätestens seit einer Segensfeier für Liebende in Mettmann wird darüber diskutiert, wer wen segnen und was auf keinen Fall gesegnet werden darf. Offiziell verlautbaren oberste kirchliche Amtsträger, dass die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durch kirchliche Amtsträger nicht möglich sei – auch mit der Begründung, dass das die Gläubigen verwirren könnte. Einmal abgesehen davon, dass die allermeisten Gläubigen als Erwachsene mit der Fähigkeit der Unterscheidung vertraut sind und wohl keiner amtskirchlichen Entmündigung bedürfen, wird reflexartig der Einwand erhoben, dass wohl alles gesegnet werden könne – eben auch Motorräder und Tiere – nur gleichgeschlechtlich Liebende nicht. Und schon ist von beiden Seiten jene Mauer errichtet, gegen die man voll Leidenschaft anrennt, ohne dass es nennenswerte Fortschritte gibt. Oft hilft es in solchen Situationen ja, einfach einmal einen Schritt zurückzutreten und sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Die Diskussion ist alt. Hier in Wuppertal wurde sie bereits 2007 geführt, als die Katholische Citykirche Wuppertal anlässlich des Valentinstages zu einer Segensfeier für Liebende einlud. Schon damals gab es die Sorge, gleichgeschlechtliche Paare könnten um den Segen bitten. Für uns war aber klar, dass niemand ausgeladen wird. Wenn alle eingeladen sind, können auch alle den Segen empfangen. Was aber ist ein Segen und wer segnet überhaupt?

Der Segen ist kein Privileg von Klerikern. Alle Getauften sind Träger des Segens, stehen sie doch aus christlicher Sicht wie die Kinder Israels in der Nachkommenschaft Abrahams, dem Gott selbst zusagt:

„Ein Segen sollst du sein. Ich werde segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den werde ich verfluchen.“ (Gen 12,3f)

Darauf beruft sich Paulus im Brief an die Galater:

„Die aus dem Glauben leben, sind Söhne Abrahams. Und da die Schrift vorhersah, dass Gott die Völker aufgrund des Glaubens gerecht macht, hat sie dem Abraham im Voraus verkündet: In dir sollen alle Völker gesegnet werden. Also werden sie, die glauben, gesegnet mit dem glaubenden Abraham.“ (Gal 3,7-9)

Christinnen und Christen sind als Glaubende Trägerinnen und Träger des Segens Abrahams und sollen, wie er, selbst Segen sein! Das ist der springende Punkt: Segnen heißt, selbst Segen sein!

Genau hier haben wir 2007 angesetzt: In einer Partnerschaft sollen die Partner gegenseitig zum Segen werden. Sie segnen sich gegenseitig. Wer hier glaubt, von außen segnen zu müssen, möglichst noch mit einer Handauflegung oder ähnlichem, drängt sich ja zwischen die Partner. Selbst bei einer katholischen Eheschließung, die unter anderem – und das ist nach geltender römisch-katholischer Lehre das Spezifikum des Ehesakramentes – prinzipiell den Konsens  der Partner für die Zeugung von Nachkommen umfasst, passiert das nicht. Dort spendet die Frau dem Mann und der Mann der Frau das Sakrament der Ehe. Bischöfe, Priester oder Diakone assistieren hier nur und beglaubigen durch ein Gebet die Zusage der Brautleute. Nicht mehr und nicht weniger.

Aus diesem Grund haben wir 2007 in der Segensfeier nicht als Liturgen die Paare gesegnet, sondern sie angeleitet, sich gegenseitig den Segen zu spenden. Das ist eine wahrhaft pastorale Ermächtigung, die nicht klein, sondern Paare groß macht. Wer will dann darüber urteilen, wenn ein Ulf seinen Ingo, eine Sabine ihre Luisa, oder eine Nicole ihren Manuel und jeweils umgekehrt segnet, oder noch besser: jeweils zum Segen wird… Das Kirchenrecht jedenfalls steht dem nicht entgegen. Es könnte so einfach sein, mit ein wenig Nachdenken Mauern zu überwinden, ohne sich den Kopf zu zerbrechen. Was glauben Sie denn?

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht in der Westdeutschen Zeitung vom 22. September 2023.

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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