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kath 2:30 Dies Domini17. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr C – Lk 11,1-13

Das Evangelium des heutigen Sonntags beinhaltet im ersten Teil das Vater Unser, durch das Jesus die Jünger lehrt zu beten. Da es wohl auch heute kaum Worte des christlichen Glaubens gibt, die so viele Menschen auswendig können, wie die des Vater Unsers, lohnt es sich, diese wenigen aber bedeutsamen Zeilen einmal näher zu betrachten. Dadurch, dass Jesus den Jüngern als Modell für Beten überhaupt diese wenigen Worte gibt, wird deutlich, dass es nicht auf die Menge der Worte ankommt, sondern darauf, dass sie ernst gemeint sind. So heißt es auch in Mt 6,7f.: „Plappert nicht, sondern findet euch ein vor Gott mit allem, was euch bewegt.“

VATER UNSER IM HIMMEL…

Wie kann man sich denn vor Gott einfinden? Indem man ihn anspricht. Gott ist kein weit von uns entferntes Wesen zu dem wir keinen Kontakt aufnehmen können, das irgendwo in für uns unerreichbaren Sphären schwebt und von dort alles beobachtet, sondern er ist der, der sich durch seinen menschgewordenen Sohn von uns als Vater ansprechen lässt.
Und durch den Zusatz „..im Himmel“ wird die ganze Spannung des Vater Unsers aufgebaut. Gott ist der im Himmel, der größer ist, als alles Menschenmaß je sein kann, der auch, wie es im Ersten Timotheusbrief (1 Tim 6,16) heißt „in unzugänglichem Licht wohnt“ aber er ist eben doch auch unser Vater. In seinem Vater-Sein für uns fallen Liebe und Autorität in eins; doch seine väterliche Autorität ist echte schöpferische Kraft, die den anderen nicht gering machen muss, ihn nicht klein braucht, sondern die den anderen groß will.
Dabei ist er nicht Vater in einem einseitig männlichen Sinne, sondern er ist voll mütterlichem Erbarmen und gegenwärtig im Heiligen Geist.
Und ein letzter wichtiger Aspekt dieses Gebetsbeginns ist, dass Gott als unser Vater angesprochen wird. Gott ist der Gott aller Menschen, er ist nicht exklusiv zu haben, sondern wir können nur wagen ihn mit allen Menschen anzusprechen.

…GEHEILIGT WERDE DEIN NAME…

In dieser Bitte geht es darum, dass Gott seinen Namen in dieser Welt heiligen soll. Dies kann nur so geschehen wenn seine Herrlichkeit in dieser Welt aufstrahlt und – so sagt es der Kirchenlehrer Irenäus – „Die Herrlichkeit Gottes – das ist der lebendige Mensch.“
Dieser Name Gottes ist also mehr als ein Name, wie wir ihn alle tragen. Gottes Name ist „Ich bin da“. Wir können Gott mit diesem Namen nicht be- oder eingrenzen, es ist ein Name, „der größer ist als alle Namen“ (Phil 2,9).
Und weil es heißt, dass Gott uns alle beim Namen kennt kann diese Bitte auch so verstanden werden, dass auch der Name des Menschen geheiligt werden soll, weil sich in jedem Gesicht eines Menschen das Gesicht dieses Gottes widerspiegelt, wie es auch im Buch Exodus berichtet wird: „weil mein Name der Name der Menschen ist.“ Dadurch wird jeder Mensch aus der anonymen Masse von Individuen hinübergeführt in die Gemeinschaft von Personen mit Identität und Gesicht.

…DEIN REICH KOMME…

Gottes Reich ist im Gegensatz zu unserem Reich kein Ort, keine Begrenzung, sondern ein Zustand. Es ist der Zustand, in dem wir Gott Gott sein lassen in unserem Leben. Dieser Zustand soll sich ausbreiten, so bitten wir in dieser Zeile des Vater Unsers. Er soll wachsen, mal wächst er im Verborgenen, wie das kleine Senfkorn, mal durchwirkt dieser Zustand unser ganzes Leben wie Hefe, die den Teig zum „Aufgehen“ bringt. Gott geht uns auf, in unseren alltäglichen Erfahrungen.
Dort wo Gott Gott ist, muss ich nicht alles tun, denn das Entscheidende kommt von ihm. Dann ist Fallen kein Fallen ins Bodenlose und das Aufrichten entwickelt sich nicht zur Überheblichkeit.
Im Moment der größten Ohnmacht Gottes – am Kreuz Jesu – wird genau dieser Zustand, den der Erste Johannesbrief zusammenfasst mit dem Kernsatz christlichen Glaubens und Lebens: „Gott ist größer als unser Herz“, am tiefsten erreicht. Mit den weit ausgespannten Armen Jesu umfasst Gott alles Menschliche und zieht es in sein Reich, in sein Leben, in seinen Abgrund und in seine Höhe; da fängt dann neues Leben, da fängt Auferstehung schon an.

…DEIN WILLE GESCHEHE WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN…

Viele Menschen haben gerade mit dieser Bitte des Vater Unsers große Schwierigkeiten, weil wir „Willen“  – menschlich – häufig als Willkür verstehen, als Eingriff in unsere Freiheit und weil sich die Frage stellt, warum es Gottes Wille ist, das Leid auf der Welt geschieht.
Aber Gott will nicht das Leid, sondern er will im Leid bei uns sein. Und sein Wille bricht nicht unseren Willen. Vielmehr ist Gottes Wille, wie Paulus es formuliert, unsere Heiligung. Gott will dass die Menschen heil werden; er will, dass jeder Einzelne der werde, der er eigentlich ist. Jesus deutet diese Bitte in der Bergpredigt so, dass er sagt, dass Gottes Wille dann auf Erden geschieht, wenn wir die Weisungen Jesu erfüllen, indem wir neue Gerechtigkeit leben, die Menschen, die uns zu Feinden geworden sind lieben und uns mit denen versöhnen, die uns übel wollen.
Dies sind sicherlich alles sehr hehre Ziele, die im Alltag manchmal nur schwerlich umzusetzen sind. Der Wille Gottes, wie Jesus ihn beschreibt, erscheint für uns „Normalmenschen“ kaum erreichbar. Aber, so ist es in einem Buch von Bischof Bode zum Vater Unser – beruhigend – zu lesen: „Wer die ersten drei Vaterunser-Bitten aus der Tiefe betet und wiederholt, wird den Willen Gottes nie ganz verfehlen.“

…UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE…

Diese Bitte des Vater Unsers erlaubt erstmalig, dass wir auch uns selbst und unsere Nöte direkt in den Blick nehmen. Aber auch hier geht es wieder nicht um die Bedürfnisse einzelner, sondern aller. Alle Menschen mögen das Nötige zum Leben haben. Das Brot steht dabei für alle Grundbedürfnisse des Menschen, nach Nahrung, nach Beziehung, nach Anerkennung, nach Frieden, nach Leben!
Wir bitten darum, dass Gott uns die Kraft gebe für den nächsten Schritt, nicht für die nächsten Tage, Monate und Jahre, sondern für heute. Es geht nicht darum der Vergangenheit nachzutrauern oder die Zukunft zu erträumen, sondern heute zu leben; heute das anzunehmen, das auf uns zukommt.

…UND VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN…

Diese Bitte nimmt etwas in den Blick, was wir wohl häufig lieber verdrängen: es gibt eben auch Schattenseiten im Leben. Häufig geben wir uns viel Mühe sie zu ent-schuldigen mit der Herkunft, den Lebensumständen, der Umgebung o.ä. die schuld sind, wenn mir etwas nicht gelingt. Aber mit solchen Versuchen ist die Schuld noch nicht erledigt.
Wie sonst ist es zu erklären, dass viele Menschen auch heute noch das Bedürfnis zur „Beichte“ verspüren. Diese findet zwar nicht mehr in den Kirchen statt, aber stattdessen in Friseursalons, in der Apotheke, in Arztpraxen, Beratungsstellen oder gar im Fernsehen. Hier kann alles, was die Seele belastet abgeladen werden. Doch auch wenn diese Aussprache entlastend sein kann, Vergebung kann nur der, der betroffen ist, schenken. Und das ist immer ein anderer Mensch und Gott. Nur Gott kann letztlich unser Versagen, unsere Schuld umwandeln in neue Lebensmöglichkeiten, nur er kann uns einen wirklichen Neuanfang ermöglichen.
Konsequenterweise erhält die Bitte um Vergebung im Vater Unser den Zusatz, dass auch wir anderen Vergebung zuteilwerden lassen sollen. Nur dann können wir uns wirklich auch über die Vergebung, die Gott uns schenkt, freuen, wenn auch wir sie weiterschenken können.

…FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG, SONDERN ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN…

Hier geht es nicht um die kleinen Versuchungen des Alltags vor denen Gott Bewahrung schenken soll, sondern es geht um die Versuchung selbst sein zu wollen wie Gott. Es meint den Versuch Gott instrumentalisieren zu wollen, ihn so nah zu haben, dass er noch helfen kann, aber so weit weg, dass er mich im alltäglichen Leben nicht stört.
Wir bitten aber auch darum, dass wir uns nicht vom Glauben an Gott wegführen lassen, wenn es uns beispielsweise gerade nicht so gut geht und wir nicht mehr daran glauben (können), dass es Gott wirklich gibt. Diese Erfahrung hat auch Petrus gemacht, er hat es mit der Angst zu tun bekommen, Jesus könne ihn verlassen, und genau in diesem Moment des Gefühls der Verlassenheit streckt Jesus ihm die Hand entgegen und hält ihn – genau um diese Hand geht es in dieser Bitte.
Nach dieser eindringlichen Bitte um Bewahrung vor der Versuchung wird auch das Böse, das dorthin führt, in den Blick genommen, es wird nicht versteckt und es wird nicht kleingeredet. Es wird benannt und mit ihm das Wissen darum, dass man Erlösung und Befreiung aus diesem Bösen von außen braucht; durch andere Menschen und vor allem durch Gott.
Sicherlich stellt sich vielen die Frage warum es in einer von Gott geschaffenen und geliebten Welt das Böse überhaupt gibt. Aber Gott wollte die Schöpfung nicht als Marionettentheater und weil der Mensch aber sein wollte wie Gott ist das Böse unausrottbar in der Welt und im Herzen des Menschen. Es gibt keine andere Erlösung als die, dass Gott in Jesus Christus selber kam, um dieses Böse zu durchleben, dieses Böse selbst anzunehmen und auf sich zu nehmen.

Ich wünsche uns allen für die kommende Woche, dass wir vielleicht jeden Tag eine der sieben Bitten in den Blick nehmen und erkennen, was diese Bitte, die wir immer wieder an Gott richten, für uns persönlich für eine Bedeutung hat.

Ihre Katharina Nowak

Author: Redaktion

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