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Biblische Einsichten zur Treue

kath 2:30 Auf ein Wort Logo„Treu ist Gott!“ (1 Kor 1,9; 2 Kor 1,18) – dieser Ausruf des Paulus bringt das Urvertrauen des Menschen auf Gott zum Ausdruck.  Unser Erleben und unsere Lebenserfahrung bestätigen das. Die Natur und die Gesetze, die Gott seiner Schöpfung gegeben hat, sind grundsätzlich verlässlich. Im Großen und Ganzen finden die Menschen eine stabile Lebensgrundlage vor. Ein willkürlicher Gott, der heute anders als morgen handeln würde, widerspricht unserer allgemeinen Erfahrung.
Gott ist treu! Diese Aussage ist die Grundlage des christlich-jüdischen Gottesbildes. Ohne dieses Urvertrauen in die Treue Gottes fällt der Mensch in eine existenzbedrohende Unsicher-heit. Weil Gott treu ist, können wir uns darauf verlassen, dass er zu seinen Verheißungen steht. Weil Gott treu ist, können wir darauf vertrauen, dass es ein Morgen gibt. Weil Gott treu ist, können wir auf seine Zuverlässigkeit bauen. Weil Gott treu ist, können wir auf ihn hoffen, auch wenn wir ihm oder unseren Mitmenschen gegenüber treulos geworden sind.

Treue und Zuverlässigkeit

Die Bibel kennt kein eigenes Wort für unseren Begriff „Treue“. Im Griechischen steht für „Treue“ das Wort „Pistis“/“pistos“, das auch für Glauben, Vertrauen und Zuverlässigkeit steht. All das schwingt mit, wenn Paulus sagt: „Treu ist Gott!“. Er ist zuverlässig. Gerade deshalb können wir auf ihn vertrauen und darauf unseren Glauben aufbauen. „Treue“ wird deshalb in der Bibel auch als „Feststehen“ beschrieben. Treu sein heißt, fest zueinander zu stehen (vgl. 2 Kor 1,21).
In der deutschen Sprache spiegelt das Wort „Ehe“ dieses Feststehen wieder. Im Ja, dass Mann und Frau zueinander sagen, wird eine eherne Verbindung geschaffen, die fest und unverbrüchlich wie Eisen (davon leitet sich „ehern“ ab) ist. Deshalb ist die Treue (und interessanterweise nicht die Liebe) eines der Wesensmerkmale der Ehe. Treusein heißt, fest zueinander zu stehen – in guten wie in schlechten Tagen. In den guten Tagen fällt das leicht. Aber die Treue bewährt sich gerade in den dunklen Zeiten, wenn der eine Partner den anderen tragen und manchmal auch ertragen muss. Und dann, wenn es schier ausweglos erscheint, bleibt noch die Hoffnung auf die Treue Gottes, der uns auch und gerade in den dunklen Zeiten zuverlässig trägt.

Das Wesen der Liebe ist die Treue

Paulus besingt in seinem Hohen Lied der Liebe (1 Kor 13) die Absichts- und Selbstlosigkeit der Liebe. Wer liebt, liebt den anderen Menschen um seiner selbst willen. Die Liebe will nichts für sich. Sie „denkt“ gewissermaßen vom anderen her. Wer liebt, übersteigt sich gewissermaßen selbst. Gerade in der Hingabe kommt die Liebe zur Vollendung – wenn dort wo „Ich“ war das „Du“ zur Geltung kommt. Aus dem selbstverliebten „Ich“, das nur um sich selbst kreist, wird so ein „Wir“, das den Blick weitet. Das ist paradox! Gerade die liebende Selbstaufgabe macht den Menschen frei. Die Liebe ist die Hochform der Freiheit. Denn nur durch die Liebe kann der Mensch über sich hinaus blicken. Das Wesen der Liebe ist die Treue, die unhinterfragte Zuverlässigkeit, auf die wir hoffen und vertrauen können.
Das sind hehre und schöne Worte. Wir sehen uns danach, so zu lieben und geliebt zu werden. Aber uns fehlt die letzte Gewissheit. Der letzte Beweis ist nicht möglich. Treue setzt gegenseiti-ges vorbehaltloses Vertrauen voraus, das sicher auch missbraucht werden kann.

Der Hang zur Treulosigkeit

Die Tatsache, dass Paulus im 1. Korintherbrief das Hohe Lied der Liebe anstimmt, zeigt auch, wie notwendig es war, die Adressaten an das Wesen der Liebe zu erinnern. Selbstver¬ständ¬liches muss eigentlich nicht erwähnt werden. Der Mensch ist zwar zur Liebe fähig. Aber jede noch so kleine Enttäuschung nährt das Misstrauen und schwächt das Vertrauen in die Treue des Partners. Dem Sehnen nach Treue stehen die vielfältigen Erfahrungen der Treulosigkeit gegenüber – und damit ist bei weitem mehr gemeint als die sexuelle Untreue. Die Treulosigkeit beginnt schon da, wo der Partner aus dem Blick gerät. Etwa dann, wenn andere Dinge oder Menschen an mehr Bedeutung gewinnen: Wenn man bereit ist, den Partner zugunsten dieser anderen Dinge oder Menschen zurückzustellen. Menschen lieben die Abwechslung. Der liebenden Selbstaufgabe steht die Selbsterhaltung entgegen. Sich zuerst selbst etwas Gutes zu tun, mag berechtigt sein – die Treue bringt es in ein Dilemma. So steht der Mensch immer in der Spannung zwischen zuverlässiger Treue zum Partner und der Treue zu sich selbst.

Immer wieder … – Treue als Lebensaufgabe

Treue ist kein Zustand, den man ein für allemal erlangen könnte. Treue ist eine Lebensaufgabe, die täglich neu erarbeitet werden muss. Das gilt einmal für die eigene Treue. Erst recht gilt das aber für das Vertrauen in die Treue des Partners. Der Verlust dieses Vertrauens zerstört die Liebe.
Treue ist deshalb keine Einbahnstraße. Es gehören immer zwei dazu. Treue ist das Wesen der Liebe. Und die Liebe denkt ganz vom anderen her. Wenn das so ist, dann kann die Liebe und die darin begründete Treue des einen die Treue des anderen aufwiegen. Im Begreifen dieser Einsicht liegt das Geheimnis des Gelingens der Ehe.

Lernen vom Beispiel: Gottes Treue und die treulosen Menschen

Es scheint verrückt, den anderen trotz seiner großen oder kleinen Treulosigkeit weiter zu lieben statt ihn zu bestrafen. Aber genau so handelt Gott an uns Menschen. Im alttestamentlichen Buch des Propheten Hosea wird das Verhältnis zwischen Gott uns seinem auserwählten Volk Israel bildhaft als Ehe zwischen Gott uns seiner treulosen Frau Israel beschrieben. Israel wird Gott gegenüber ein um das andere mal untreu. Es wendet sich anderen Göttern und Mächten zu. Gottes große Liebe (vgl. Hos 11) ist unzuverlässig (vgl. Hos 12). Gott hätte allen Grund, sein Volk zu bestrafen und in die Wüste zu jagen (vgl. Hos 2,4-25). Aber gerade in der Wüste wird die Wende möglich, wenn Gott Hosea sagen lässt: „Ich will sie in die Wüste hinausführen und sie umweben.“
Gottes Treue ist stärker als die Treulosigkeit seines Volkes. Er nimmt sein Volk wieder auf wie eine treulose Frau. Er rechnet ihm die Treulosigkeit nicht an. Gottes Liebe ist stärker als alle Untreue der Menschen. Die einzige Bedingung ist die Umkehr des Volkes (Hos 14,2-9). Der Mensch kann vor Gott weglaufen. Aber Gott läuft hinter ihm her. Wenn der Mensch umkehrt, sieht er Gottes offene Arme – treu und zuverlässig. Gottes Treue heilt die Treulosigkeit der Menschen – aus lauter Großmut, wie es bei Hosea heißt (Hos 14,5).

Die Liebe hält allem stand (1 Kor 13,7)

Liebe und Treue erweisen gerade in der Krise ihre Stärke. Die Liebe ist stark wie der Tod (Hld 8,6). Das Beispiel Gottes kann uns Vorbild sein. Ein Leuchtturm, an dem wir uns orientieren können. Gewiss ist: Er ist Gott und kein Mensch (Hos 11,9). An dem Anspruch, wie Gott sein zu wollen, kann der Mensch nur scheitern. Und doch hat Gott selbst uns zur Treue befähigt (vgl. 2 Kor 5,5). Daher ist es unsere Aufgabe, Treue und Zuverlässigkeit immer wieder zu trainieren und einzuüben, um gerade in den dunklen und schlechten Zeiten bereit zu sein, einander in Liebe und Treue zuverlässig zu tragen.
Dass einer des anderen Last tragen soll (vgl. Gal 6,2), ist in den Augen der gegenwärtigen Gesellschaft verrückt. Aber Liebende sind verrückt. Gerade das macht die Liebe doch interes-sant. Wer liebt, ist treu – manchmal wider alle Vernunft!

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlichung in: Neue Gespräche 1/2009 (JG 39), S. 22f unter dem Titel „Wie Gottes offene Arme“.

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

2 Kommentare

  1. Leonard Mandtler schrieb am 28. Februar 2014 um 20:51 :

    Hallo,

    vielen Dank für diesen Artikel. Wir glauben, wir haben einen Rechtschreibfehler entdeckt, der sehr bitter sein kann. Im Absatz „Lernen vom Beispiel: Gottes Treue und die treulosen Menschen“ schreibt ihr folgendes:
    Gottes große Liebe (vgl. Hos 11) ist unzuverlässig (vgl. Hos 12).

    Wir glauben, es sollte eher heißen: Gottes große Liebe ist zuverlässig.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Leonard

    • kathcitykirche schrieb am 28. Februar 2014 um 21:25 :

      Vielen Dank für den Kommentar. Nein, das ist schon richtig. Es geht nicht um die Liebe Gottes als Liebe an sich, sondern um Israel, das von Gott geliebt wird und in diesem Sinne die große Liebe Gottes ist. Und Israel erweist sich als unzuverlässig.

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